BMW hat in Berlin den Hydrogen 7 vorgestellt. Die Luxuslimousine der Münchner kann sowohl mit Wasserstoff als auch mit Benzin angetrieben werden.
Von Frank Mertens
Der Ort der Präsentation war bewusst gewählt. BMW hat die weltweit erste mit Wasserstoff angetriebene Luxuslimousine in Berlin vorgestellt: den Hydrogen 7. Weshalb man ausgerechnet in die Bundeshauptstadt gekommen war, ist klar. In Berlin sitzen die Entscheider. Die Leute also, auf die es ankommt, um der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland zum Durchbruch zu verhelfen. Denn ohne ausreichende Infrastruktur an Tankstellen bleibt das Projekt eines mit Wasserstoff und damit annähernd emissionsfrei angetriebenen Fahrzeuges nicht mehr als ein Projekt unter vielen auf dem Weg zu einer nachhaltigen Mobilität.
Endlichkeit fossiler Energien
Aufgrund der Endlichkeit fossiler Energieträger hat sich BMW entschieden, auf Wasserstoff zu setzen. «Die Experten sagen, dass Wasserstoff das größte Potenzial hat, fossile Energien abzulösen», sagte BMW-Entwicklungsvorstand Klaus Dräger bei der Vorstellung des Hydrogen 7. Bei seinen Ausgangsüberlegungen hat sich der Autobauer davon leiten lassen, dass der Kraftstoff der Zukunft in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen muss.
«Bei Erdöl, auf dem heute 90 Prozent des Kraftstoffs basiert, ist das zum Beispiel nicht mehr der Fall. In der Konsequenz erleben wir politische Abhängigkeiten und Verteilungskämpfe. Auch andere fossile Brennstoffe wie Erdgas sind letztlich begrenzt.» Auf Wasserstoff trifft dies nicht zu. Darüber hinaus biete Wasserstoff unter Aspekten der Nachhaltigkeit die größten Potenziale, so Dräger. So sei es langfristig das Ziel, Wasserstoff komplett regenerativ, also frei von CO2, zu erzeugen.
Momentan ist dies indes nichts mehr als eine idealtypische Vorstellung, da die regenerative Erzeugung und Bereitstellung noch nicht gegeben ist. Aber: «Das Potenzial hierfür existiert, und das ist der entscheidende Faktor». Doch auch derzeit lassen sich die CO2-Emissionen sehen. Während aus dem Auspuff eines Hydrogen 7 nur Wasserdampf kommt, fallen durch die Produktion mit regenerativen Energieträgern und den Transport des Wasserstoffs zur Tankstelle gerade einmal etwas weniger als 40 Gramm CO2 pro gefahrenem Kilometer an. Unter Klimagesichtspunkten ein beachtlicher Wert. Im Vergleich dazu kommt ein 760i, wenn er mit Benzin unterwegs ist, auf horrende 327 Gramm CO2/km.
Acht Kilo Wasserstoff im Tank
Auch mit Blick auf die Kostenstruktur kann zumindest bisher nicht von einer Konkurrenzfähigkeit gesprochen werden. Dräger zeigt sich jedoch davon überzeugt, dass sich Benzin- und Dieselpreis in Zukunft mit dem des Wasserstoffs messen müssen. Derzeit muss man für ein Kilo Wasserstoff rund 8 Euro bezahlen. Mit Blick auf den Hydrogen 7, der auf dem BMW 760i und dem 760Li mit ihrem Zwölfzylinder-Verbrennungsmotor mit 191 kW/260 PS basiert und mit acht Kilo (etwa 170 Liter) flüssigem Wasserstoff (LH2) betankt werden kann, bedeutet dies, dass 200 Kilometer mit einer Tankfüllung zurückgelegt werden können. Steigt das Produktionsvolumen, dann ist auch mit deutlich geringeren Preisen zu rechnen.
Darauf setzt BMW. Deshalb wird man in der ersten Jahreshälfte 2007 auch 100 Fahrzeuge an private Nutzer aushändigen, die unter Alltagsbedingungen Erkenntnisse mit dem Hydrogen 7 sammeln sollen. Derzeit ist der Hydrogen 7 noch als bivalentes Fahrzeug ausgelegt: es kann also sowohl mit Benzin (der Tank fasst 74 Liter) als auch mit Wasserstoff angetrieben werden. Damit ist eine Gesamtreichweite von 700 Kilometern möglich.
Wäre derzeit die Infrastruktur mit Wasserstofftankstellen gegeben, spreche nach den Worten von Projektleiter Michael Meurer auch nichts gegen ein monovalentes, also ausschließlich mit Wasserstoff, angetriebenes Fahrzeug. Dräger fordert in diesem Zusammenhang die Politik, Wissenschaft und Energiewirtschaft auf, sich dieses Themas anzunehmen. So brauche man einen deutlichen Impuls für die Weiterentwicklung der Infrastruktur.
Gesetzliche Regelungen schaffen
«Der Energieträger Wasserstoff muss an herkömmlichen Tankstellen Einzug halten», fordert Dräger. Derzeit gibt es bundesweit nur sechs Wasserstofftankstellen (Berlin, München, Hamburg). Darüber hinaus appelliert der Entwicklungsvorstand von BMW an die Politik, gesetzliche Regelungen bezüglich der «Zulassung, Nutzung dieser Fahrzeuge, dem Kraftstoff sowie die Infrastruktur» zu schaffen. Eines ist jedoch klar, wie Dräger mehrfach betonte. Um Wasserstoff als alternativen Energieträger im großen Stil nutzbar zu machen, braucht es Zeit. «Hier handelt es sich nicht um einen Sprint, sondern einen Marathon.»
Einen ausgesprochen spannenden allerdings, wie erste Fahrtests mit dem Hydrogen 7 zeigten. Denn Abstriche an der Fahrdynamik muss man mit dem mit Wasserstoff angetriebenen Siebener nicht machen. Er fährt sich so, wie sich sein «normaler» Bruder auch fährt. Mit dem großen, jedoch entscheidendem Unterschied, dass er keine umweltschädlichen CO2-Emissionen ausstößt. Der Motor erzeugt im Vergleich zum Serien-760er anstatt der sonst üblichen 445 PS «nur» 260 PS, doch die reichen allemal. Sie beschleunigen das Fahrzeug in 9,5 Sekunden von 0 auf 100 km/, die Höchstgeschwindigkeit wird bei 230 km/h abgeregelt.
Tastdruck reicht
Gestartet wird der Hydrogen 7 übrigens immer im Wasserstoffmodus. Ein großer Vorteil, denn gerade in der Startphase wird bekanntlich der meiste Dreck ausgespuckt. Während der Fahrt kann der Fahrer durch einen einzigen Tastendruck am Lenkrad zwischen Wasserstoff- und Benzinantrieb umschalten. Bemerkbar ist dies nicht, erkennbar ausschließlich über die Anzeige im Display. Ein Manko muss der Fahrer indes hinnehmen: aufgrund der großen Wasserstofftanks steht im viersitzigen Hydrogen 7 nur noch ein Kofferraumvolumen von 225 Litern zur Verfügung. Doch das dürfte verschmerzbar sein.
Kritik vom VCD
Kritisch äußert sich der Verkehrsclub Deutschland (VCD) zum Hydrogen 7. «Unter Klimagesichtspunkten macht ein Auto mit 260 PS, egal mit welchem Antrieb, ohnehin keinen Sinn. Die Energie, die man hier für den Wasserstoffantrieb verwendet, könnte sinnvoller verwendet werden», sagte der Verkehrspolitische Sprecher des VCD, Gert Lottsiepen. Wie Lottsiepen hinzufügte, müsse man sich mit Blick auf den Einstieg in die Wasserstoffwirtschaft vor Augen halten, dass dies international eine Ausweitung der Kernenergie bedeuten könnte. Für Lottsiepen macht unter Klimagesichtspunkten ohnehin eine Brennstoffzelle mehr Sinn.
Mit Verwunderung reagierte ein BMW-Sprecher auf dieses Statement. «Wir können dieses Aussage nicht nachvollziehen. Experten von der Verkehrswirtschaftlichen Energiestrategie sagen, dass Wasserstoff sehr wohl Sinn macht, für sie ist es eine Schlüsseltechnologie.«