Die Mercedes S-Klasse bestimmt das Oberklasse-Segment. Doch nun kommt der neue BMW 7er. Er bringt alles mit, den Schwaben Kunden streitig zu machen. Er bietet Innovationen bis in die hinterste Ecke.
Die Luft im automobilen Oberhaus ist dünn. Die Kunden zählen zu den loyalsten überhaupt – und sind sehr anspruchsvoll. Wer hier die Marke wechselt, muss gute Gründe haben – oder das Auto einen außergewöhnlichen Reiz. Der neue Siebener BMW wäre so ein Kandidat, attraktiv im Design und innovativ bis in die hinterste Ecke seiner Karosserie.
Mit der nun sechsten Generation des Siebeners wollen die Bayern nicht nur hinsichtlich Fahrdynamik und Reisekomfort den Ton angeben, sondern auch bei Fahrerassistenz und Verbrauch zeigen, was heute möglich ist. „Wir definieren den Luxus von morgen“, sagt Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich, „und wir möchten das Leben unser Kunden angenehmer gestalten.“
Komplette Neukonstruktion
Dazu holten die Bayern weit aus. Der Siebener, intern G12, mit kurzem Radstand G11 genannt, ist eine komplette Neukonstruktion, hat mit seinem Vorgänger nur noch ein paar Schrauben gemeinsam. Erstmals überhaupt im Großserien-Automobilbau besteht die Karosserie einer Oberklasse-Limousine aus einem Verbund von Karbon, Stahl und Aluminium. Vorteil: geringes Gewicht und eine sehr hohe Steifigkeit und damit gute Voraussetzungen für ein agiles Handling, einen guten Geräuschkomfort und einen niedrigen Verbrauch.
Letzteres zeigt der Einstiegs-Siebener 730d (Preis: ab 81.900 Euro) eindrucksvoll. Die in Deutschland und Europa meistgekaufte Motorisierung mobilisiert jetzt 195 kW/265 PS und satte 620 Newtonmeter Drehmoment. Schon auf den ersten Kilometer ist man angetan von der Souveränität des Sechszylinder-Reihenaggregats: Leise und kraftvoll im Antritt harmoniert es perfekt mit der Achtgangautomatik. Geschmeidiger lässt sich ein Selbstzünder derzeit nicht bewegen. Den Verbrauch konnte BMW gegenüber dem Vorgänger um 20 Prozent, auf jetzt 4,5 l/100 km senken. Für eine knapp 1,8 Tonnen schwere Limousine ein respektables Ergebnis. Die Konkurrenz hat in Sachen Effizienz das Nachsehen. „Wir sind hier Benchmark im Segment“, sagt Projektleiter Walter Schindlbeck.
Mercedes legt Messlatte hoch
Ganz vorn dabei dürfte der neue Siebener auch beim Fahrkomfort sein. Die Mercedes S-Klasse legt hier zwar die Messlatte extrem hoch, doch davon haben sich die BMW-Entwickler nicht einschüchtern lassen. Serienmäßig arbeitet unter dem bayerischen Luxus-Liner eine Luftfederung in Kombination mit einer adaptiven Dämpferregelung. Straßenunebenheiten sind praktisch nicht mehr existent. Schweben auf Wolke Sieben. Gleichzeitig schafft der Siebener den Spagat zwischen Komfort und Sportlichkeit, lässt sich spielerisch leicht und präzise um die Ecken treiben. Dass es sich hier um den größten jemals gebauten BMW handelt, ist schnell vergessen.
Fast ein wenig Science Fiction begegnet dem Siebener-Kunden im Cockpit. Viele Steuerungen lassen sich nicht nur mittels des bekannten iDrive-Controler oder per Sprache ausführen. Neu ist die Betätigung per Touchscreen und in gewissem Umfang auch per Gestik. Es genügt beispielsweise eine kreisende Bewegung mit dem Zeigefinger vor der Mittelkonsole, schon ändert sich die Lautstärke der Audioanlage. Erhält der Fahrer einen Telefonanruf reicht ein Fingerzeig aufs Display für die Gesprächsannahme oder ein Wischen mit der Hand für Ablehnung. Man mag geteilter Meinung über die Gestik-Steuerung sein, gewöhnen tut man sich sehr schnell daran.
Luxus im Innenraum
Und ebenso an den gediegenen Luxus im Innenraum. Materialanmutung und Verarbeitung genügen höchsten Ansprüchen. Jede Ledernaht sitzt auf den Zehntel Millimeter genau. Die Oberflächen wirken edel und sind haptisch ein Genuss. Beim Cockpit selbst wechselte BMW zur Digitalisierung – zu 100 Prozent. Auf dem frei konfigurierbaren TFT-Display sind die virtuellen Instrumente analog abgebildet, blendfrei, scharf und bestens abzulesen. Je nach Fahrmodus (Eco, Sport, Komfort, Individual) wechseln Darstellungsart und Farbe.
Klar, dass man auch bei den Fahrerassistenzsystemen auf Pole Position fahren will. Für den neuen Siebener lassen sich insgesamt 36 elektronische Assistenzsysteme, aufgeteilt in mehrere Pakete, ordern, mehr als ein jedem anderen Auto. Die jüngste Erfindung heißt „Parken per Fernbedienung“. In sehr enge Lücken oder in die eigene Garage fährt der Siebener – als erstes Auto weltweit – autonom. Derweil steht der Fahrer draußen und drückt ein paar Befehle auf dem Display des Schlüssels. Für 500 Euro Aufpreis sollte man sich diesen Spaß gönnen, allein schon, um dem Nachbarn ein „Wow“ zu entlocken.
Ende 2015 schieb BMW den 740d xDrive (320 PS) nach. Mitte 2016 folgt die Plug-in-Hybrid-Version 740e. Unter dessen Haube stecken ein Zweiliter-Vierzylinder und ein Elektromotor. Zusammen leisten sie 326 PS. Dennoch soll der Öko-Siebener nur 2,1 l/100 km verbrauchen. Weitere Modelle, die sich in der Pipeline befinden: der 760i mit V12-Motor, der 725d mit Zweiliter-Vierzylinder-Diesel und der 730i mit Vierzylinder-Benziner. (SP-X)