Mit dem Bentley Flying Spur setzt man sich von S-Klasse und Co. deutlich ab. Die Preisdifferenz ist dabei gar nicht so weit auseinander, denn die Chauffeurs-Limousine fährt besonders in Sachen Sicherheit noch hinterher.
Als erfolgreicher Geschäftsmann hat man es nicht leicht. Im automobilen Oberhaus ist die Auswahl, will man eine komfortable Limousine und keinen unpraktischen Sportwagen, überschaubar: Mercedes S-Klasse, 7er BMW und Audi A8 sind die üblichen Verdächtigen, wer seine Individualität unterstreichen will schaut sich vielleicht noch Porsche Panamera, Lexus LS oder Jaguar XJ an. Für alle diese Limousinen lassen sich, anständig motorisiert und mit ordentlicher Ausstattung, leicht an die 150.000 Euro ausgeben. Und damit kommt man fast in eine Region, in der noch ein weiterer Vertreter greifbar wird: der Bentley Flying Spur V8.
Bentley Flying Spur preislich nicht so weit von Konkurrenz entfernt
Den monolithartig gezeichneten Briten dürften die meisten nicht auf dem Einkaufszettel haben, klingt Bentley doch nach superteurer Chauffeurs-Limousine. Aber mit einem Einstiegspreis von knapp 178.000 Euro ist der Engländer nicht so weit entfernt von der Konkurrenz.
Zugegeben, ein bisschen länger muss man schon sparen, aber das kann sich lohnen: Mit dem Flying Spur fährt man das auf jeden Fall deutlich exklusivere Auto und hebt sich nicht nur auf dem Golfclub-Parkplatz eindeutig besser von der 7er-S-A8-Masse ab, als mit einem Jaguar oder Lexus.
Manufaktur-Charme im Bentley Flying Spur
Und man bekommt einen deutlich geräumigeren Wagen, der - bei allem Respekt vor der Verarbeitungspräzision der deutschen Premium-Hersteller - noch mehr Manufaktur-Charme und Liebe zum Detail versprüht. Was geht, wird im Stammwerk im britischen Crewe mit Leder bezogen, von der Sonnenblende über die ausladenden Fauteuils bis zum Fensterbrett; selbstverständlich fein säuberlich mit akkuraten Stichen vernäht. Dazu kommt hochglänzender Edelstahl, polierter Klavierlack und mattes Aluminium.
Nur der Kühlschrank in der Fondsitzbank wirkt im Flying Spur nicht ganz so edel, wie im großen Bruder Mulsanne; statt einer filligranen Milchglasscheibe trennt hier ein schnöder Kunststoffdeckel die Passagiere vom Champagner. Ansonsten gilt jedoch auch im Spur die Devise „Klotzen statt Kleckern“ - und was die Sonderausstattungsliste nicht hergibt, macht Bentleys Individualabteilung Mulliner, gegen Aufpreis, möglich.
Leichtfallendes Downgrade mit dem Bentley Flying Spur V8
Gespart wurde dagegen am Motor: Der von Audi bekannte 4,0-Liter-V8 ist nicht nur rund 20.000 Euro günstiger als der 460 kW/625 PS starke Zwölfzylinder, sondern auch 118 PS schwächer. Das sieht man ihm aber nicht an: Optisch unterscheidet er sich vom W12 kaum, die Auspuffblenden in Form einer liegenden Acht oder die roten Bentley-Embleme wissen wohl nur ausgesprochene Kenner zu deuten. Und in Anbetracht von immer noch 373 kW/507 Pferdestärken und einem standesgemäßen Drehmoment von 660 Newtonmetern stellt er selbst die Zwölfzylinder-Konkurrenz aus Stuttgart oder Ingolstadt in den Schatten und das Downgrade dürfte leicht fallen.
Dass der Kleine auch deutlich weniger durstig ist, als sein großer Bruder, kommt oben drauf: Gut ein Viertel weniger Sprit soll der Achtzylinder verbrennen, macht nach dem gültigen Messzyklus einen Normverbrauch von 10,9 Liter Benzin je 100 Kilometer. Zügeln soll die Lust am Treibstoff die Zylinderabschaltung, die bei Bedarf - beziehungsweise Nicht-Bedarf - die Hälfte der Brennkammern still legt und ebenso unmerklich wieder reaktiviert, wenn mehr Leistung gefragt ist. Das zeigt in der Praxis Wirkung: Wer nicht übertrieben schnell über die Autobahn gleitet, kommt mit gut zwölf Litern aus.
Bentley Flying Spur V8 schafft 295 km/h
Seinen Hubraumnachteil macht der Achtender durch zwei Turbolader wett. Als wären die 2,4 Tonnen Leergewicht, die die 5,30-Meter-Limousine auf die Waage bringt, eine Lüge, wuchtet das Triebwerk den Bentley in nur 5,2 Sekunden auf 100 km/h; Selbst bei hohem Tempo steht genug Kraft für zackige Zwischensprints bereit und erst bei 295 Sachen stößt der Brite an seine Grenze; 7er, S-Klasse und Co. streichen, elektronisch begrenzt, deutlich früher die Segel.
Auch in Sachen Laufruhe eilt der Bentley den deutschen Mitbewerbern davon: Wie auf Wolken schwebt der serienmäßig luftgefederte Flying Spur gefühlt ein paar Zentimeter über dem Asphalt und scheint von all den Schlaglöchern und Querfugen nichts mitzubekommen. Geht es allerdings darum, auch mal die Richtung zu wechseln, hat er das Nachsehen. Nicht die Traktion macht dem Allradler zu schaffen, sondern sein immenses Gewicht gereicht ihm in Kurven spürbar zum Nachteil; selbst in der Sportstellung des Fahrwerks hinkt er beim Kurvenwedeln der doch etwas leichteren Konkurrenz hinterher.
Fahrsicherheitssysteme noch nicht an Bord
In noch einem Punkt muss sich der Bentley geschlagen geben, auch wenn die Marketingabteilung nicht müde wird zu betonen, dass ihre Kundschaft das ja gar nicht so wichtig fände: Mit modernen Infotainment- und Assistenzsystemen kann er nicht aufwarten. Hier wird die Verwandtschaft zu Volkswagens inzwischen in die Jahre gekommener Limousine Phaeton deutlich - der nämlich dient als Technikspender und hat unter anderem das Navigationssystem beigesteuert, das dem aktuellen Stand der Dinge ein bis zwei Generationen hinterher ist und den Fahrer mit langen Rechenzeiten öfter mal reichlich Geduld abverlangt.
Und selber die Spur halten, eine Notbremsung hinlegen oder gar im Stau selbstständig dem Vordermann folgen? Sowas kann der Flying Spur nicht - aber schließlich richtet sich der V8 ja an Leute, die selber Fahren wollen. Und alle anderen haben einen Chauffeur. (SP-X)