Audi A6: Ein fast glücklicher Erbe

Überraschung mit dem Vierzylinder

Audi A6: Ein fast glücklicher Erbe
Der Audi A6 nähert sich dem Flaggschiff der Ingolstädter an. © AG/Flehmer

Die VW-Tochter Audi hat den A6 rundum erneuert. Die serienmäßig elektrifizierte Oberklasse-Limousine profitiert dabei in vollem Umfang vom Flaggschiff der Ingolstädter.

Erben sind zumeist recht glücklich. Zumindest dann, wenn das Erbteil die eigenen Bedürfnisse befriedigen kann. Glücklich schätzen kann sich bei Audi der neue A6. Die ab Juli erhältliche Oberklasse-Limousine tritt ein prachtvolles Erbe an. Das indes weniger wegen des Vorgängers als vielmehr deshalb, weil er vom A8 profitieren darf.

“Der A6 erbt viele Technikbausteine von unserem Flaggschiff”, sagt Audi-Sprecher Ekkehard Kleindienst bei der Präsentation des neuen A6. Das Flaggschiff selbst – der Audi A8 – war erst vor kurzem in eine neue Generation vorgedrungen undd verteilt nun seine Goodies an die unter ihm fahrenden Modelle. Das Erben an sich keine leichte Sache ist, zeigt der Blick auf den Vorgänger des A6 freuen, denn dessen Auslieferung der Modelle mit dem V6-Diesel musste die VW-Tochter wegen einer unerlaubten Abschalteinrichtung stoppen, weshalb das Kraftfahrt-Bundesamt den Autobauerzur Anhörung einbestellt hat.

Audi A6 im gediegenen oder sportlichen Outfit

Die Erbteile betreffen dabei weniger das Außendesign, das schärfer ausgefallen ist als beim Vorgänger, aber natürlich weiterhin den optischen Audi-Genen folgt. Die kleiner dimensionierten Matrix-Scheinwerfer erzeugen dabei den Anspruch auf Dynamik, die im Single-Frame-Kühlergrill untergebrachten Sensoren und Kameras sehen äußerst attraktiv aus.

Auf den folgenden 4,94 Metern kann die Limousine je nach Gusto gediegen mit Chromspangen oder im sportlichen Schwarz gestaltet werden. Beide Formen passen zum neuen A6 und beide Formen unterstreichen die Ansprüche an das Oberklassefahrzeug, das den Spagat zwischen Komfort und Sportlichkeit meistert.

Spürbares Turboloch beim großen Diesel

Das Heck des Audi A6. Foto: AG/Flehmer
Elegant gestaltet wurde auch die Seitenlinie des Audi A6. Foto: AG/Flehmer

Die zum Start zur Verfügung stehenden V6-Motoren mit drei Litern Hubraum und neuer Nomenklatura leisten dabei bis zu 250 kW/340 PS. Der A6 55 TFSI mit 340 Pferdestärken und 500 Newtonmetern Drehmoment düst gleich nach dem ersten Druck auf das Gaspedal los. Lediglich 5,1 Sekunden vergehen, bis Tempo 100 erreicht ist. Bei 250 km/h greift die Elektronik ebenso ein wie beim 50 TDI. Dieser ist mit 210 kW/286 PS sowie einem Drehmoment von 620 Newtonmetern ausgestattet. Allerdings entdeckt der Selbstzünder seine fahrerische Potenz erst nach einem spürbaren Turboloch.

Dass trotzdem 5,5 Sekunden für den Sprint ausreichen, sagt alles über die dynamische Erfüllung der Limousine, die sich mit Verbräuchen zwischen 5,5 Litern beim Diesel und 6,7 Litern beim Ottomotor begnügen soll. Die jeweils gegebene Fahrfreude wird den Aggregaten den einen oder anderen weiteren Liter entlocken, auch wenn die serienmäßige Elektrifizierung mit Mild-Hybrid-Systemen mit 48 Volt bei den Sechszylindern bis zu 0,7 Liter auf 100 Kilometern einsparen sollen.

Flinker Vierzylinder

Eine Überraschung gelingt den Ingolstädtern mit dem neu entwickelten Vierzylinder-Diesel, der kurz nach dem Marktstart nachgeschoben wird. Zwar greift der A6 40 TDI nur auf 150 kW/204 PS zurück, doch das Mindergewicht im Vergleich zu den Sechszylindern wirkt sich deutlich aus.

Behende erklimmt der Selbstzünder die Serpentinen und fühlt sich dabei gar nicht nach Limousine an. Das Fahrwerk passt sich den Ansprüchen des Fahrers an und bügelt Unregelmäßigkeiten des Belags sauber aus. Allen Modellen gemein ist dabei die fast schon hörbare Stille im Innenraum, die zu einem entspannten Wohlgefühl beiträgt.

Innenraum besiegt Antrieb

Das Cockpit des Audi A6. Foto: AG/Flehmer
Sehr wohl fühlen sich die Insassen im Audi A6. Foto: AG/Flehmer

Dieses Wohlgefühl beginnt aber schon mit dem Einstieg, wenn nicht gerade die Basisversion mit Stoffsitzen gewählt wurde. Bequeme Ledersitze, wertige Applikationen sowie zwei Touchscreens in der Mitte des Armaturenbretts haben die Knopfleisten abgelöst. Dank einfacher Bedienung können alle Funktionen auf dem 10,1 und 8,6 Zoll großen Monitoren abgerufen werden. Die Displays sollten dabei aber regelmäßig gereinigt werden, da sonst der erste Fingerdruck nicht unbedingt zum gewünschten Ergebnis führt. Aber sauber sollte man sein Auto ja eh halten. Vor allem dann, wenn der so wertig ausgestattete Innenraum so sehr beeindruckt, dass die Frage nach dem jeweiligen Antrieb in den Hintergrund rückt.

Dazu tragen auch das virtuelle Cockpit hinter dem Lenkrad wie das gut ausgestattete Headup-Display bei. Mit dem Audi Connect ist man immer online und mit dem Smartphone kann auch das Auto geöffnet oder geschlossen sowie gestartet werden. Bis zu 39 Fahrsicherheitssysteme – darunter ein Engstellenassistent für Durchfahrten von Autobahnbaustellen – verstärken das Wohlgefühl im Innenraum. Sicher, man kann teilweise pilotiert werden und zusehen, wie der Audi selbstständig den Abstand und die Spur hält. Viel wichtiger ist die Sicherheit, die einem verliehen wird, in dem A6 sicher zu sein. Und gerade diese Sicherheit verbunden mit den Komfortelementen macht den Audi A6 zu einem glücklichen Erben des A8. Und natürlich auch zu einem gefährlichen Mitbewerber für das unternehmenseigene Flaggschiff.

Suche nach glücklichen Erben

Allerdings sind die meisten glückselig machenden Elemente nur in der Aufpreisliste zu finden. So kommen zu den 58.050 Euro für den 50 TDI oder die 59.850 Euro für den 55 TFSI noch viele weitere zehntausend Euro hinzu. Für den Dienstwagengebrauch vielleicht kein Hindernis. Private Interessenten benötigen wahrscheinlich hingegen ein größeres Erbe, um glücklich zu werden.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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