Audi S7 Sportback TDI: Verrufener Champion

Audi S7 Sportback TDI: Verrufener Champion
Der Audi S7 präsentiert sich insbesondere als Diesel sehr effizient. © Axel F. Busse

Binnen fünf Jahren haben sich die Neuzulassungen von Diesel-Pkw in Deutschland fast halbiert. Von 32,3 Prozent im Jahr 2018 reduzierte sich ihr Anteil auf 17,1 Prozent in 2023. Zu Unrecht, wenn man sich Beispiele wie den Audi S7 Sportback TDI genauer ansieht.

Fast fünf Meter lang ist er und sicher kein Jedermann-Auto. Dafür ist er zu kostspielig. Aber die Baureihe Audi A7 schaffte im vergangenen Jahr immer noch mehr Neuanmeldungen als der von Raum- und Leistungsangebot her vergleichbare Audi e-tron GT. Als Exot unter den coupéhaften Viertürern kann man den S7 Sportback TDI ansehen, der am Sechszylinder-Diesel festhält, obwohl die Selbstzünder seit 2015 allenthalben als Schmuddelkinder angesehen werden.

Bekanntlich ist die Abgasreinigung beim Diesel die zentrale Herausforderung. Um die geltenden Grenzwerte zu erfüllen und dabei nicht zu betrügen, ist sie technisch sehr aufwändig und deshalb teuer. Bei großen Limousinen und SUV lohnt sich der Konstruktionsaufwand, denn sie liegen im Anschaffungspreis meist so hoch, dass die Kosten in Relation zu Platzangebot, Fahrleistungen und Komfort von der anvisierten Kundschaft hingenommen werden. Bei kleineren Fahrzeug-Segmenten mit preissensibler Kundschaft sind die Dieselmotoren dagegen im Aussterben begriffen.

Neun von zehn Zulassungen nicht privat

Als Dienst- und Flottenfahrzeuge sowie in gewerblicher Nutzung sind Oberklasse-Autos mit Dieselmotor aber attraktiv geblieben. Die Leasingkosten sind im Zweifelsfalle als betrieblicher Aufwand steuerlich absetzbar und so kommt es, dass zum Beispiel die Audi-Baureihe A7 im vergangenen Jahr 87,5 Prozent gewerbliche Neuzulassungen verzeichnete. Anders gesagt: Fast neun von zehn Autos dieses Typs hatten keinen privaten Halter.

Für diesen Test haben wir den Audi S7 Sportback TDI unter die Lupe genommen, dessen Kenn-Buchstabe auf den sportlichen Charakter der Heckklappen-Limousine hinweisen soll und dessen V6-Motor satte 344 PS leistet. Satte 700 Newtonmeter Drehmoment zerren an der Kurbelwelle und werden über eine Achtgang-Automatik an den Quattro-Allradantrieb weitergeleitet. Durch mehr als 88.000 Euro Startpreis ist eine wirksame Kundenauslese gewährleistet.

Selbstverständliches wird zum Extra

Die Qualität der Materialiien im Innenraum des Audi S7 ist hochwertig. Foto: Axel F. Busse

Zur Wahrheit gehört auch, dass diese von Hause aus mit gehobenem Komfort, feiner Verarbeitung und erlesenem Ambiente ausgestatteten Fahrzeuge oft dadurch charakterisiert werden, welche Ausstattungsmerkmale sie nicht serienmäßig aufbieten. Mit Extras wird bei den deutschen Premium-Marken ordentlich Geld verdient, weshalb All-Inklusive-Strategien, wie sie von koreanischen und chinesischen Herstellern zunehmend gefahren werden, einheimischen Anbietern (noch) nicht notwendig erscheinen. Elektrisch einstell- und beheizbare Außenspiegel mit Abblendfunktion müssen beim S7 ebenso extra bezahlt werden wie eine „Audi phone box“ (+500 Euro), schwarz glänzende Bedientasten mit haptischem Feedback (+340 Euro) ebenso wie ein automatisch abblendbarer Innenspiegel (+175 Euro) und beheizbare Vordersitze (+380 Euro). Selbst die geteilt umlegbare Rücksitzlehne ist mit 300 Euro zusätzlich zu vergüten.

Dass die Dynamik-Allradlenkung den Zweitonner wendiger und leichter handhabbar macht, ist unbestritten, aber sie kostet auch 1900 €, das Assistenzpaket Plus gleich noch das Doppelte obendrauf. Da erscheinen die glanzgedrehten 20-Zoll-Alufelgen für 740 Euro glatt wie ein Schnäppchen. Gesamtpreis des Testfahrzeugs einschließlich Luftfederung und LED-Matrix-Scheinwerfern: 111.015 Euro.

Entspanntes Gleiten und kerniger Sound

Das Fahrerlebnis ist ohne Zweifel eine erkleckliche Summe wert. Der Sechszylinder wird von einer Abgasanlage entlüftet, die einen wunderbar sportlich-kernigen Sound hervorbringt und die Luftfederung lässt das Schiff kaum beeindruckt von Bodenwellen und Reparaturstau über Geläuf gleiten. Im Sportmodus entwickelt der Wagen ein enormes Temperament und die automatische Geschwindigkeitsregelung kann vor Strafmandaten bewahren, weil die Verkehrsschild-Erkennung das zulässige Tempo automatisch einsteuert. Der eingestellte Eco-Modus bleibt auch nach Ausschalten der Zündung erhalten und muss nicht bei jedem Fahrtantritt neu aktiviert werden.

Auch das Heck des Audi S7 lässt sich sehen. Foto. Axel F. Busse

Und der S7 Sportback TDI kann sparsam. Nach einer 400 km langen Testfahrt in mehreren Autobahn- und Landstraßen-Etappen ohne Bummelphasen zeigte der Bordcomputer am Abend erstaunliche 6,0 Liter/100 km. Bei einem Dieselpreis von 1,70 € sind das 10,20 Euro je 100 km Strecke. Zum Vergleich: Wer seinen Audi e-tron GT für 60 Cent/kWh laden kann und beim Fahren die Herstellerangabe von 19,7 kWh/100 km erreicht, zahlt 11,82 Euro für die gleiche Distanz. Bei den Kosten ist also der Diesel der Champion und der CO₂-Rucksack, den der Elektro-Konkurrent durch die Herstellung der 105-kWh-Batterie mit sich herumträgt, ist in dieser Rechnung noch gar nicht berücksichtigt.

Hätte nicht Volkswagen ohne Not die Reputation des von Rudolf Diesel ersonnenen Motorkonzepts zerstört, könnte der Selbstzünder weiterhin eine selbstbewusste Rolle im Wettbewerb verschiedener Antriebs-Varianten spielen. Bei Vielfahrern, die rechnen können, wird der in Verruf geratene Dieselmotor wohl auch künftig als sinnvolle Option für die eigenen Transportbedürfnisse gelten.

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