Mit dem 695 Biposto hat Abarth einen reinrassigen Rennwagen im Westentaschenformat auf die Straße gebracht. Der äußerst sportliche Ableger des Fiat 500 zieht dabei die Blicke nicht nur wegen seiner Optik auf sich.
Schon der Name gibt Rätsel auf. Biposto steht mitnichten für einen besonders veranlagten Postbeamten oder einen doppelt besetzten Wachposten vor dem Studio eines Mailänder Modedesigners. „Posto“ heißt übersetzt „Sitze“. Wir lernen also, dass die 3,66 Meter kurze Abarth-Version des kultigen Fiat 500 nur zwei Insassen mit auf die rasante Fahrt nehmen kann. Es gäbe zwar Platz für eine Rückbank. Doch der ist blockiert vom Gestänge eines massiven Überrollkäfigs samt knallroter Zusatzgurte, die durch die Rücklehnen der Sitze nach vorne geführt werden. Beides ist dann hilfreich, wenn dem ambitionierten Biposto-Lenker wirklich mal die Straße ausgeht.
Und die Gefahr droht allemal. Denn die Riesenherde an Zugpferden unter der kurzen Haube zerrt heftig am Lenkrad, wenn das rechte Pedal die Rolle der Sporen übernimmt. Dank elektronischer Hilfe und Sperrdifferential können die Vorderräder des Winzlings die Kraft von 139 kW/190 PS tatsächlich verkraften, was allerdings ein energisches Zupacken beim Beschleunigen erfordert. Lässige Lenkarbeit wie in einem beliebigen PKW verleitet den Abarth zum Abweichen vom geraden Weg. Flottes Fortkommen will geübt sein, wenn die knapp sechs Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 erreicht werden sollen.
Ungetrübter Blick ins Innenleben
Ähnliches gilt für die Schaltarbeit. Blankes Metall, aus dem der Schaft des Schaltknüppels wie ein Spazierstock herausragt, beherrscht den Raum vor den Vordersitzen. Hier wurde nicht etwa die Abdeckung vergessen. Der ungetrübte Blick ins Innenleben des Schaltgestänges gilt nun mal als sportlich-schick. Die optische Urigkeit erspart dem Fahrer aber nicht seine akustische Unzulänglichkeit beim Schalten. Denn erst nach langer Praxis, bei der zuweilen auch das fast vergessene Zwischengas zum Einsatz kommen sollte, gelingt das lautlose Einlegen der Gänge. Abarth selbst beruhigt: „Das Getriebe ist hart im Nehmen“.
All das werden die Fans solcher durchweg unvernünftigen Art von Autos besonders schätzen. Playstation oder X-Box lassen grüßen, wenn es um das meist kostenpflichtige Hinzufügen von allerlei sportiven Extras geht. Ob ein Kunststofffenster mit kleiner Schiebeluke, Schlaufen statt Griffen zum Zuziehen der Tür, Motorhaubenverschlüssen aus Titan, Schalensitzen aus kohlefaserverstärktem Kunststoff oder ein Datenaufzeichnungssystem, das Rundenzeiten ebenso speichert wie die Querbeschleunigung. Vieles davon dient der Gewichtseinsparung auf knapp unter einer Tonne (ohne Fahrer). Somit ist jedes PS für nur 5,2 Kilogramm zuständig.
Rennwagen im Westentaschenformat
Wohlgemerkt, der Abarth 695 Biposto ist ein Rennwagen im Westentaschenformat. Aber eben einer mit Straßenzulassung für den öffentlichen Verkehr. Damit all die da draußen auch mitbekommen, welche Art von Derwisch da unterwegs ist, hält der 1,4-Liter-Turbomotor auch mit seiner Geräuschentwicklung nicht hinterm dem Berg. Dabei kann er auf den künstlich erzeugten Klang eines Generators verzichten. Alles ist echt. Die Schalldämpferanlange kommt vom slowenischen Spezialisten Akrapovic, der sich einst Motorrädern widmete.
Dabei ist der Vergleich zwischen dem rasanten Abarth und einem Motorrad durchaus erlaubt. Wenig Komfort, nur beschränkter Platz z.B. im Kofferraum, ein starker Motor und eben Räder dran. Vielleicht lassen sich ja an sich eingefleischte Biker zum Kauf eines Biposto verleiten, der schließlich mit der nötigen Behutsamkeit auch bei Regen genutzt werden kann. Denn rein optisch macht der entfernte Verwandte eines Alltagsautos, wie es der Fiat 500 nun mal ist, ordentlich etwas her. Beispiele sind die 18-Zoll-Räder, in deren Innenleben die Sättel der Brembo-Bremsen in sattem Rot leuchten.
Professionelles Fahrertraining unabdingbar
Bleibt die Frage nach Kunden solcher Autos, die mindestens 39.900 Euro kosten. Spielzeuge für betuchte Zeitgenossen, die einfach nicht vernünftig werden wollen. Oder Abi-Geschenk für den Universalerben, der für die Fahrt zum Liegeplatz der Luxusyacht nicht immer Papas Rolls Royce blockieren soll. Oder vielleicht doch junge Freaks, die ihr Sparkonto plündern und von einer Karriere auf den Rennpisten träumen.
Für alle gilt: Bitte vorher ein professionelles Fahrertraining buchen und fleißig auf abgesperrten Strecken üben. (SP-X)