Tesla bringt das zweite Elektroauto auf den Markt. Im Gegensatz zum Roadster ist das Model S ein wenig günstiger ausgefallen, bietet aber trotzdem genügend Extravaganzen.
Elektroauto Pionier steigt um auf Limousinen. Nach dem Tesla Roadster, einer teuren Rarität mit Lotus-Genen und einem Batterie-Pack aus Laptop-Akkus kommt nun der erste Fünftürer der Marke. Die rein elektrisch angetriebene Limousine der oberen Mittelklasse mit dem schnöden Namen "Model S" soll keine unbezahlbare Kleinserie werden – schon jetzt liegen laut Herstellerangaben 13.000 Vorbestellungen bei den Verantwortlichen. Ganze 3000 Exemplare sollen ab März nach Europa verschifft werden, sie sind sogar schon fest reserviert. Dabei nennt Tesla noch nicht einmal einen Preis für unseren Markt, allerdings sollen sich die Kurse an den amerikanischen Listen orientieren.
Tesla Model S als elektrisches Spaßmobil
Und in denen stehen keine sechsstelligen Summen, jedenfalls nicht zwingend. Ab 49.000 Dollar (38.000 Euro) startet in den USA die Basisversion mit einem 40 KW/h-Akkupaket. Die Motorleistung der Grundversion steht noch nicht fest, dafür macht Tesla potenziellen Interessenten den Mund mit der Spitzenversion wässrig. Die kostet allerdings schon 97.000 Dollar (75.000 Euro) in Grundausstattung und wartet mit einem 85 KW/h-Akku auf. Dann wüten 310 kW/421 PS Motorpower und 600 Nm Drehmoment an der Hinterachse; binnen 4,6 Sekunden soll das Model S auf 100 km/h stürmen – so gehört sich das für einen Performance-Kracher.
Erste kurze Testfahrten mit der recht konventionell, aber durchgestylt anmutenden Limousine beweisen: Hier steht ein Spaßmobil mit praktischen Fähigkeiten auf Rädern. Die Front erinnert ein bisschen an den neuen Mazda6, aber es gibt mehr verspielte Details als bei den meisten bisher bekannten Serienautos: Die Türgriffe fahren beispielsweise komplett ein, um die elegante Linie nicht zu zerstören. Den Stromanschluss findet man versteckt im Bereich der Schlussleuchte, er fällt bei flüchtigem Hinsehen nicht ins Auge.
Technik-Spielwiese im Innenraum des Tesla Model S
Innen legten Entwickler wie Designer eine Schippe drauf in puncto Exzentrik. Ein TFT-Schirm so groß wie zwei Notebooks mit einer quasi frei konfigurierbaren Oberfläche bietet technikbegeisterten Kunden eine herrliche Spielwiese. George Blankenship, verantwortlich für den Verkauf, schwärmt, man könne sich sein eigenes Benutzerprofil anlegen und besondere Wünsche einfach mit einem Software-Update erfüllen. Das funktioniere derzeit bei keinem anderen Auto. Sogar ob der Wagen bei Loslassen des Gaspedals kriechen soll oder nicht, ist per Menü steuerbar.
Kleine Details, wie zum Beispiel der Automatikwählhebel, verraten die Zusammenarbeit mit Mercedes; großzügige Platzverhältnisse zeigen: Das Model S ist keinesfalls ein Spielzeugauto. Natürlich, der Kardantunnel entfällt – die bullige Antriebseinheit ist kompakt in Hinterachs-Nähe installiert. Das sorgt für ordentliche Raumverhältnisse nicht nur für die menschliche Fracht, sondern ebenso für das mitreisende Gepäck. Bis zu 1645 Liter können eingeladen werden, ein beachtlicher Wert. Verarbeitung und Materialanmutung sind verhältnismäßig ordentlich, aber Großserienstandard hat sich noch nicht eingestellt.
Tesla Model S mit bis zu 480 Kilometer Reichweite
Aber bereits nach den ersten Kilometern entschädigt der Punch etwaige Patzer bei der Solidität der Türverkleidungen. Mühelos produziert der mit einem harmonisch abgestimmten Fahrwerk ausgerüstete Hecktriebler schwarze Striche auf dem Asphalt; die elektronisch justierbaren Dämpfer liefern einen guten Kompromiss zwischen sportlicher Härte und angemessenem Komfort. Lautlos presst das wassergekühlte Triebwerk mit nur einer Übersetzung die Passagiere in die kommoden Ledersessel, also bitte nicht unerwartet durchbeschleunigen, wenn die Cupholder mit Flüssigem belegt sind – nur bei höheren Tempi lässt der Druck nach, bis die weitere Beschleunigung bei etwa 212 km/h gänzlich versiegt.
Erstaunlich übrigens: Die Reichweite des Spitzenmodells ist mit 480 Kilometern erfreulich praxistauglich angegeben – und auf der etwa 40 Kilometer langen Ausfahrt zumindest war die digitale Ladestandanzeige nicht in die Knie zu zwingen. Skeptische Naturen mit Zweifeln hinsichtlich der Akku-Haltbarkeit dürfen auf acht Jahre Garantie bauen. Und das Resort der Familienpolitik hält Tesla besetzt: Bereits Ende 2014 will die noch Firma das SUV Model X vorstellen. Ein halbes Jahr später soll der mit zwei Motoren ausgestattete 4x4 auch nach Europa rollen. Weltweit 34 Tesla-Stores sind geplant, um die Ware an den Mann und die Frau zu bringen, erklärt Blankenship. Auf Wunsch übrigens liefert das Tesla-Team die im Internet aufgegebene Bestellung auch einfach an den Urlaubsort. Wie man sieht: Nicht nur die Autos sind unkonventionell. (SP-X)