Mercedes A-Klasse: Radikal zurück an die Spitze

Auf Wachstumskurs mit Kompaktklasse

Mercedes A-Klasse: Radikal zurück an die Spitze
Die Mercedes A-Klasse spricht jüngere Kunden an. © Daimler

Mercedes schickt mit der neuen A-Klasse ein Auto auf den Markt, das neue Kunden zur Marke mit dem Stern bringen soll. Das Ziel dürfte gelingen. Denn mit dem Vorgängermodell hat dieses Fahrzeug nichts mehr zu tun.

Von Frank Mertens

Viele hätten dem gelegentlich doch recht biederen Daimler-Konzern eine derartige Radikalität gar nicht zugetraut. Doch mit der neuen Mercedes A-Klasse hat der Autobauer positiv überrascht. Er hat seinem Kompaktklassemodell nicht nur ein einfaches Facelift verpasst, er hat ein komplett neues Auto auf die Beine gestellt. Mit seinem Design sieht es fast so aus wie die im April des vergangenen Jahres vorgestellte Concept A-Class. Nur selten hat ein Hersteller den Mut, ein Concept-Car fast 1:1 in die Serie zu schicken.

Doch wer wie der Daimler-Konzern auf Wachstumskurs ist und bis zum Jahr 2020 zum führenden Premiumhersteller der Welt aufsteigen will, der muss auch bei seinen Produkten Mut beweisen. Deshalb hat die neue A-Klasse mit dem altbackenen und gerade wegen seiner erhöhten Sitzposition von der älteren Generation geschätzten Vorgängermodell nichts mehr gemein.

Mercedes A-Klasse soll Kundschaft verjüngen

Kein Wunder, denn die neue A-Klasse soll die Kundschaft verjüngen. Während das Durchschnittsalter des heutigen Mercedes-Kunden bei Mitte 50 liegt, soll der A-Klasse-Käufer zehn Jahre jünger sein. Mercedes-Vertriebschef Joachim Schmidt ist sich sicher, dass das neue Modell diesen Anspruch erfüllen wird. Der ideale Kunde, von ihm als Lars M. skizziert, werde dieses Auto einfach mögen und kaufen.

Neulich, so sagte Schmidt gerade anlässlich der Fahrvorstellung in Slowenien, sei eine Passantin in der Stuttgarter Innenstadt zu ihm gekommen und hätte beim Blick auf die neue A-Klasse begeistert gesagt: "Bitte schließen Sie dieses Auto ab, sonst muss ich es Ihnen klauen." Dass das Premium-Kompaktklasse-Segment ein steigendes ist, zeigen auch die Zahlen, auf die Schmidt verweist. So werde dieser Markt in den kommenden Jahren von jetzt 6,57 Millionen auf 10,62 Millionen anwachsen. Gute Aussichten für den Autobauer, der seine Kompaktklasse-Familie von derzeit zwei auf fünf Modelle ausbauen wird.

Das Cockpit in der der Mercedes A-Klasse
Das wertige Cockpit der A-Klasse Daimler

Klar, Schmidt muss als oberster Verkäufer von Mercedes-Benz von diesem Auto schwärmen und es verbal erstrahlen lassen, noch bevor es im September zu den Händlern rollt. Doch seine Begeisterung ist verständlich, man kauft sie ihm ab, noch bevor man selbst die ersten Testkilometer mit der A-Klasse zurückgelegt hat. Allein schon durch ihr Design weckt sie Begehrlichkeiten: Sie sieht sportlich-dynamisch aus, da ist nichts mehr von Langeweile. Dieses Auto fordert einen auf: "Bitte fahre mich – und das möglichst sportlich."

Sportlichkeit kein Widerspruch mehr

Sportlich und A-Klasse? Was früher ein Widerspruch war, ist heute sprichwörtlich zu nehmen. Deshalb hat Mercedes für die Fahrpräsentation extra auch einen Flugplatz absperren lassen, um mit dem A 250 Sport ein paar Runden flott im Kreis fahren zu können. Und der 211 PS starke Benziner mit dem exzellent arbeitenden Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe macht seinem Namen alle Ehre, seine Fahrleistungen lassen sich sehen: In 6,6 Sekunden lässt er sich auf Tempo 100 hochjagen – begleitet wird dies von einem brummigen Sound, den man sonst nur von den AMG-Modellen der Stuttgarter kennt. Das Ende der Glückseligkeit ist bei 240 km/h erreicht. Doch die reine Spitzengeschwindigkeit ist das eine, die Fahrdynamik das andere.

Doch auch hier gibt sich der A 250 Sport keine Blöße. Er liegt trotz Frontantriebs satt auf der Straße, lässt sich souverän durch einen engen Pylonen-Parcours bewegen, ohne dass er sich davon wirklich beeindruckt zeigt. Ja, wer will, der kann auch schon in dieser A-Klasse seinen Hang zur sportlichen Fahrweise ausleben und muss nicht bis zum Jahr 2013 warten. Denn dann kommt der A 45 AMG auf den Markt, der mit seinem 2.0 Liter-Turbobenziner neue Benchmarks bei der Leistung im Segment setzen soll – und dann auch über Allradantrieb verfügen wird. Als Verbrauch gibt der Hersteller im Durchschnitt übrigens nur 6,4 Liter für sein Spitzenmodell an.

Mercedes rechnet mit hoher Eroberungsrate

Mercedes A-Klasse
Die Seitenlinie der neuen A-Klasse Daimler

Hier wie dort buhlt die neue A-Klasse mit der Konkurrenz aus Bayern. Bei den Premiumkompakten hat Schmidt die Kunden des BMW 1er und des Audi A3 im Blick. "Wir gehen von einer Eroberungsrate von 50 Prozent aus", sagt er selbstbewusst. Mit diesem Auto dürfte das durchaus im Bereich des Möglichen liegen, auch wenn der Einstiegspreis für den 122 PS starken A 180 BlueEfficiency bei happigen 23.978 Euro liegt. Bei BMW beginnt der Einstieg in die Welt der Premiumkompakten für den 114i mit 102 PS als Fünftürer bei 22.650 Euro.

Zurückhaltung bei der Preisgestaltung sieht ohne Frage anders aus, doch dafür bekommen die Kunden auch ein bereits ordentlich ausgestattetes Fahrzeug. Dazu zählen beispielsweise neben einer Klimaanlage auch serienmäßig eine Kollisionswarnung mit Bremsassistent und ein Müdigkeitswarner. Sicherheit, so sagt Schmidt, sei bei Mercedes eben keine Preisfrage. Man könnte auch sagen: Bei dem Einstiegspreis kann man derartige sinnvolle Extra einfach erwarten. Dass Topmodell der Baureihe, der A 250 Sport, steht übrigens mit 36.860 Euro in der Preisliste. Das ist eine Ansage, keine Frage – aber auch eine mit Spaßgarantie.

Auf Augenhöhe mit Audi

Mercedes A-Klasse
Das Heck der neuen A-Klasse Daimler

Dass die neue A-Klasse ein richtiger Mercedes ist, sieht man im Innenraum. Hier verwöhnen wertige Materialien, eine gelungene Optik und eine intuitive Bedienung der Instrumente. Eine derartige Anmutung des Innenraums kannte man bisher nur von der Konkurrenz aus Ingolstadt – jetzt liegen beide Konkurrenten auf Augenhöhe. Wenn es denn bei dieser A-Klasse neben dem satten Preis noch etwas zu mäkeln gibt, dann ist das der eingeschränkte Blick nach hinten. Die Heckscheibe ist doch arg klein geraten. Entsprechend muss dringend empfohlen werden, sich für 345 Euro eine Rückfahrkamera zu ordern, nur so lassen sich auf Dauer teure Parkrempler vermeiden.

Da Daimler wie andere Premiumhersteller gerade mit Hochdruck daran arbeitet, das Smartphone mit dem Auto zu vernetzen, ist es natürlich möglich, über das optionale Command Online-System sich auch Facebook oder beispielsweise Twitter ins Auto zu holen – wer es mag. Die Leistungspalette der Benzin- und Dieselmotoren reicht von 109 PS bis zu den 211 PS, wobei man auch viel Freude mit den kleineren Ottomotoren haben kann. Der von uns ebenfalls gefahrene A 200 BlueEfficiency mit 156 PS reicht voll und ganz aus, um ebenfalls flott von A nach B zu kommen - ürbigens ausgesprochen effizient. So zeigte der Testwagen bei unserem Testwagen ein Durchschnittsverbrauch von 5,9 Litern an - für ein Auto mit dieser Leistung ein guter Wert.

Nun bleibt abzuwarten, wie Lars M. auf die neue A-Klasse reagiert. Doch die Chancen dürften nicht allzu schlecht stehen, dass Daimler seinen Absatz mit diesem neuen Modell einen deutlichen Schub verleihen dürfte. Vielleicht gelingt es mit der neuen Kompaktklasse-Familie ja auch, den Weg zurück an die Spitze der Premiumhersteller zu finden.


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