Extravagant gestylt und dank Schiebetüren auch noch äußerst praktisch: Kann der Hyundai Staria im Segment der Kleinbusse für Furore sorgen? Wir geben nach unserem Praxistest die Antwort.
Ob man sie nun Transporter nennt wie Volkswagen oder „Utilities“ wie das Kraftfahrtbundesamt – diese Fahrzeugklasse wächst. Die Flensburger Behörde führt in ihren Statistiken schon mehr Modelle davon, als zum Beispiel von Kleinwagen. Der VW-Bus oder „Bulli“ ist zwar der unumstrittene Anführer in dieser Kategorie, aber Hyundai konnte mit dem Staria 2023 schon mehr Neuzulassungen verbuchen als Ford mit dem Transit Connect. Für diesen Test haben wir uns den Hyundai-Bus mit 2,2-Liter-Diesel und Frontantrieb genauer angesehen.
Verstecken fällt aus: Nicht nur das außergewöhnliche Design mit dem Leuchtenband als Tagfahrlicht macht den Hyundai Staria zu einem Hingucker im Straßenverkehr, sondern auch seine Ausmaße. Je zwei Meter breit und hoch, ist die Karosse stolze 5,25 Meter lang – da setzt sicheres Handling eine gewisse Erfahrung voraus. In einem Lenkzug in die Gegenrichtung zu wechseln, gelingt nicht immer, denn es wird dafür ein Wendekreis von fast 13 Metern benötigt. Obacht in Autobahn-Baustellen: Die linke Spur ist tabu, denn mit ausgeklappten Spiegeln ist der Wagen sogar 2,30 Meter breit.
„Stehplätze“ für Kinder
Wer bis zu neun Personen befördern will, muss den Platz dafür schließlich irgendwo hernehmen. Um tatsächlich auf diese Zahl zu kommen, gibt es für den Staria in der ersten Reihe einen klappbaren Bedarfssitz, dessen umgelegte Lehne als pultartige Ablage dienen kann. Ganze 1,54 Meter haben die Passagiere in der ersten Reihe zwischen den Türverkleidungen für sich, in der zweiten sind es sogar 1,67 m und hinten immerhin noch 1,43 m. Kinder, die nicht größer als 1,30 Meter sind, könnten unter dem Glasdach sogar stehen.
Funktionalität gehört zu den wichtigsten Bewertungs-Kriterien in der Bus-Klasse. Wie sehr man das bei Hyundai verinnerlicht hat, ist an zwölf Getränkehaltern, je zwei USB-Buchsen für die zweite und dritte Reihe sowie diversen Ablagen und Fächern zu erkennen, eines davon sogar zwischen Fahrerdisplay und Frontscheibe. Ausstellfenster für die Passagiere vor dem Gepäckabteil ist ein weiteres Komfortmerkmal, für die zweite Reihe sind die Sitze verschiebbar, es gibt Jalousien an den Seitenfenstern und Haken an den Vordersitzlehnen.
Viel Platz für Gepäck
Die Schienen für die elektrischen Schiebetüren sind gut versteckt und stören in der Kabine nicht. Sehr beladefreundlich ist die untere Kante des Gepäckabteils in 55 Zentimetern über Grund, bis zum Dach kann man auf 1,2 Meter Höhe Koffer und Taschen stapeln. Wer aber zu dicht vor dem Hintermann parkt, kriegt die Klappe unter Umständen nicht auf. Gut 1,5 Meter werden gebraucht, damit sie frei nach oben schwingen kann. Ist die 3. Reihe nicht mit Passagieren belegt, sind bis zu 1270 Liter Kofferraumvolumen nutzbar. Leider fehlt für das Staufach eine extra Beleuchtung und auch bei der Motorklappe vorn hätte eine Gasdruckfeder einen Komfort-Gewinn gebracht.
Im Cockpit ist eine gewisse Gewöhnung insofern nötig, als der Blick auf die wesentlichen Informationen des Fahrerdisplays über das Lenkrad hinweg geschehen soll. Wer die Positionen von Sitzfläche und Steuer nicht sorgfältig einstellt, riskiert, dass ihm gewisse Informationen entgehen. Die Warnleuchte für die Parkbremse etwa ist so weit unten platziert, dass sie leicht vom oberen Teil des Lenkradkranzes verdeckt werden kann. Die Bedienung der Getriebe-Automatik erfolgt über Drucktasten, die meisten anderen Funktionen werden über den zentralen Touchscreen der Mittelkonsole durch Wischen und Tippen gesteuert. Die dortigen Schaltflächen geben keine fühl- oder hörbare Rückmeldung. Ein Arsenal aus 17 serienmäßigen Assistenz-, Warn- und Prüf-Systemen gibt es Insassen ein sicheres Reisegefühl.
Akustisch zurückhaltender Diesel
Ein genügsamer Selbstzünder von 2,2 Litern Hubraum bringt das immerhin 2,4 Tonnen schwere Gefährt dank 430 Newtonmetern Drehmoment und 177 PS zügig auf Kurs. Eine gute Dämmung sorgt dafür, die Arbeit des Vierzylinders akustisch nicht zum Störfall werden zu lassen. Zwei Fakten untermauern, dass der Hyundai Staria als Dauerläufer und nicht als Sprinter konzipiert ist: Aus dem Stand braucht es 13,5 Sekunden bis auf 100 km /h, bei Vollbesetzung wohl entsprechend mehr. Allerdings darf man damit rechnen, den 75-Liter-Tank nur alle 800 Kilometer nachfüllen zu müssen, denn der WLTP-Verbrauch ist mit 8,9 Litern/100km angegeben. In diesem Test fiel der Wert wegen des günstigen Fahrprofils mit 8,6 Liter sogar noch etwas geringer aus.
Weitere Pluspunkte sammelt der Staria beim Fahrkomfort. Oft genug präsentieren sich auf Kleinbus getrimmte Lieferwagen als hüftsteif und hölzern, lassen hintere Starrachsen unter den Passagieren poltern und die Insassen selten zur Ruhe kommen. Sehr ausgewogen und gegen die meisten Löcher und Wellen im Asphalt immun zeigte sich der Staria, wenngleich ehrlicher Weise zu erwähnen ist, dass keine Testfahrt mit voller Sitzplatzauslastung erfolgte. Die Achtgang-Automatik schaltet sanft und entspannt, die Lenkung bietet die für sicheres Manövrieren nötige Präzision. Nur sollte man sie auch stets gut im Griff haben, denn der hohe Aufbau des Buses biet viel Angriffsfläche für Seitenwind.
In der so genannten Prime-Linie bietet Hyundai den Bus mit einem vorzüglichen Ausstattungsumfang an, der in erster Linie wohl darauf zielt, Kunden von den vergleichbaren Produkten aus Stuttgart oder Wolfsburg wegzulocken. 53.600 Euro sind sicher kein Schnäppchen, aber der Gegenwert ist enorm. Wer auf Metallic-Lackierung nicht verzichten möchte, legt noch einen knappen Tausender drauf. Ebenso aufpreispflichtig ist das Panorama-Glasdach für 1200 Euro.