Lange baute Alfa Flachflitzer, dann erfasste der SUV-Trend auch die Italiener. Und doch beweist der Stelvio Veloce Ti Markentreue.
Der nicht nachlassende SUV-Boom zwingt längst auch Sportauto-Bauer, einen klobigen Crossover ins Programm zu nehmen. Selten gelingt das Hochbocken des eigenen Charakters so gut wie beim Alfa Romeo Stelvio.
Ein beliebtes Mittel zum Züchten eines Sport-UV ist das Applizieren brachialer Motor-Power. Auch Alfa kann diesen Weg überzeugend gehen, wie die Stelvio-Topvariante Quadrifoglio Verde mit 510 PS aus sechs Zylindern gezeigt hat. Das Standardmodell mit 2,0-Liter-Turbobenziner hingegen muss mit deutlich weniger Leistung auskommen, wahlweise 200 oder 280 PS stehen für die Vierzylinder im Datenblatt. Zumindest die stärkere Ausführung lässt kaum Performance-Wünsche offen.
Acht-Gang-Automatik und Allradantrieb
Der Zwei-Liter-Motor ist an Acht-Gang-Automatik und Allradantrieb gekoppelt und beschleunigt das massige Mittelklasse-SUV in 5,7 Sekunden auf Tempo 100, maximal sind 230 km/h drin. Das spürt man: Nach einer kurzen Reaktionssekunde setzt der Italiener den Gaspedalbefehl in fast ungestümen Vortrieb um. Nicht nur mit Hilfe des fülligen Drehmoments von 400 Nm, sondern auch mit relativ hoher Drehzahl.
Bis knapp über 5000 Touren stürmt die Nadel willig, um danach elektronisch eingebremst zu werden. Mehr wäre zwar möglich, aus Emissionsgründen aber nicht statthaft. Trotzdem zeigt der Vierzylinder seinen virilen Charakter, untermalt von kraftvollem Klang, der – technisch moduliert und akustisch verstärkt – in die Passagierkabine geleitet wird. Die Umwelt bleibt relativ verschont, auch der Nachbar kann in der Früh ruhige weiterschlafen.
Sportliches Fahrwerk, bissige Bremsen
Das Fahrwerk ist dezidiert sportlich abgestimmt. Vor allem die direkte und sehr präzise Lenkung lassen das dank zahlreicher Alu-Teile vergleichsweise leichte SUV noch handlicher wirken als es ist, die bissigen Bremsen verzögern zuverlässig. In der Kurve verkneift sich der nach einem Südtiroler Bergpass benannte Stelvio jede übermäßige Karosseriebewegung, wirkt immer exakt und gut beherrschbar.
Dabei sind Federn und Dämpfer gar nicht einmal überhart eingestellt, sondern bieten durchaus ordentlichen Reisekomfort. Auch die stoische Ruhe auf der Autobahn und der entspannte Geradeauslauf laden zu ausgedehnten Touren ein. Der Verbrauch lässt sich bei gleichmäßiger Fahrt ebenfalls auf ein ordentliches Niveau drücken: Gut acht Liter sind drin, wer schneller unterwegs ist, muss aber auch mit zweistelligen Werten rechnen.
Geräumig und gut verarbeitet
Anders als viele frühere Alfa-Modelle erkauft sich der Stelvio seinen sportlichen Charakter nicht mit Schrullen oder Exzentrik. Das fünfsitzige SUV ist geräumig, gut verarbeitet und durchdacht möbliert. Eine elektrische Heckklappe, die 230-Volt-Steckdose im Kofferraum und ein cleveres Schienensystem im Gepäckabteil nutzen den Platzvorteil des Karosserie-Konzepts gut aus. Das Cockpit selbst ist hübsch möbliert und gut bedienbar. Kleine Spezialitäten wie der ins Lenkrad integrierte Start-Knopf oder die Öltemperaturanzeige sorgen für Originalität und Flair an Bord. Ob der Stelvio aber auch der hell leuchtenden Design-Historie der Marke gerecht wird, muss jeder Betrachter für sich selbst beantworten – ein besonders feingliedriger Vertreter seiner Klasse ist der Alfa auf jeden Fall nicht.
Auch preislich gibt sich der Stelvio allenfalls in der 200-PS-Einstiegsvariante dezent, die für rund 50.000 Euro zu haben ist. Mit dem stärkeren Vierzylinder werden mindestens 60.000 Euro fällig, die seit dem Facelift im Frühjahr erhältliche Top-Variante „Veloce Ti“ mit besonders sportlicher Optik, Carbon-Zierteilen und 20-Zoll-Felgen steht mit 72.500 Euro in der Preisliste. Als Gegenwert gibt es dann aber immerhin einen echten SUV-Sportler mit alltagspraktischen Tugenden – und vor allem mit italienischem Flair. (SP-X)