EU stellt Verbrenner-Aus früher als geplant auf Prüfstand

Aktionsplan in der Kritik

EU stellt Verbrenner-Aus früher als geplant auf Prüfstand
Autoabgase gefährden die Gesundheit. © dpa

Erst am Montag hat die EU die CO2-Flottengrenzwerte aufgeweicht. Nun will sie auch früher als geplant das für das Jahr 2035 geplante Verbrenner-Aus auf dem Prüfstand stellen.

Die EU-Kommission überprüft das sogenannte Verbrenner-Aus früher als bislang vorgesehen. EU-Verkehrskommissar Apostolos Tzitzikostas kündigte in Brüssel an, dass diese Überprüfung bereits dieses Jahr und nicht wie ursprünglich geplant 2026 stattfinden soll. Bereits am Montag hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) gesagt, bei dieser Überprüfung werde keine Technologie von vornherein ausgeschlossen.

Darüber hinaus will die EU-Kommission die angeschlagene Autoindustrie mit einem Aktionsplan wieder in die Spur setzen. Konkret werden in dem in Brüssel präsentierten Plan fünf Bereiche genannt, die künftig Priorität haben sollen: Digitalisierung, Klimaschutz, Wettbewerbsfähigkeit, Arbeitnehmer und die internationale Dimension der Branche. Mit den Vorschlägen sind aber längst nicht alle zufrieden.

Atempause für Hersteller

Einen der entscheidenden Punkte hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ebenfalls am Montag angekündigt. Sie will Autobauern eine „Atempause“ gewähren, indem sie ihnen mehr Zeit geben möchte, EU-Klimaschutzvorgaben einzuhalten. Sie beteuert aber, dass die Ziele die gleichen bleiben sollen.Wer die Vorgaben für 2025 beispielsweise nicht einhalte, könne das durch Übererfüllung in darauffolgenden Jahren ausgleichen. Bisher mussten die Autohersteller jährlich die Grenzwerte einhalten.

Für eine Änderung braucht die Kommission Mehrheiten im Europaparlament und unter den EU-Staaten. Dabei ist noch unklar, ob es vor allem im Parlament zu einem Richtungsstreit kommt. Denn wenn das Gesetz einmal geöffnet wird, kann es theoretisch an mehreren Stellen geändert werden. Vor allem Rechtsaußen-Abgeordnete haben immer wieder die Klimaschutzziele der EU infrage gestellt. Im Fokus ist dabei etwa das sogenannte Verbrenner-Aus, also die Vorgabe, dass ab 2035 keine Neuwagen mit Verbrennungsmotor in der EU verkauft werden sollen.

Von der Leyen für Ausnahmen für eFuels

Die Kommission will das Thema im Rahmen einer späteren Gesetzesüberprüfung anfassen und nicht in der für diesen Monat angekündigten Gesetzesänderung. „Hier haben wir deutlich mehr erwartet und auf ein klares Bekenntnis zur zügigen Überarbeitung des Verbrennerverbots gehofft“, teilte der CDU-Europaabgeordnete Jens Gieseke mit. Stattdessen bleibe es vage und unkonkret. Von der Leyen selbst hatte bereits Ausnahmen für E-Fuels in Aussicht gestellt, ihre Parteifreunde vom Mitte-Rechts-Bündnis EVP fordern, das Verbrenner-Aus umzukehren. Auch die im Europaparlament vertretene FDP hatte sich immer wieder gegen ein Verbrenner-Aus ausgesprochen.

Aus Reihen der Grünen gibt es Befürchtungen, dass entgegen den Zusicherungen der Kommission Klimaziele unter die Räder geraten. Die EU-Kommission öffne die Büchse der Pandora, sagte der Grünen-Abgeordnete Michael Bloss. Die EVP wolle mehr als nur ein paar Stellschrauben drehen. „Die Rechten stehen schon bereit, um mit ihnen gemeinsam den Green Deal auf den Schrottplatz zu fahren“, sagte Bloss. Auch die Umweltorganisation Greenpeace kritisierte, die „Atempause“ für die Industrie könne mehr Verbrenner auf den Straßen bedeuten, was auch zu mehr Abgasen und Gesundheitsproblemen führe.

Umwelthilfe mit Kritik

Kritik kam auch der Deutschen Umwelthilfe (DUH). „Der sogenannte Aktionsplan ist ein fehlgeleitetes Geschenk an die Autoindustrie und wird dazu führen, dass weniger E-Autos auf den Markt kommen und deutlich mehr CO2 ausgestoßen wird. Wir fordern die EU-Kommission auf, das geltende CO2-Reduktionsziel für 2025 beizubehalten“, so Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.

Er forderte Instrumente, „die den Kauf von Klimakiller-Pkw unattraktiv machen. Besonders problematisch: Durch die Verzögerung beim Umstieg auf E-Autos wird die nun auf das zweite Halbjahr 2025 vorgezogene Revision der Verordnung auf Grundlage verzerrter Marktdaten stattfinden. Dies öffnet der Verbrennerlobby Tür und Tor für einen Generalangriff auf das für 2035 festgelegte Verbrenner-Aus“. Die Menschen hätten einen Anspruch darauf, dass sich auch die Autokonzerne ihrer Verantwortung für den Klimaschutz stellen. „Dies werden wir höchstrichterlich durchsetzen“, so Resch.

EU-Hersteller technologisch im Hintertreffen

Die Kommission betont, die EU-Automobilunternehmen seien bei Schlüsseltechnologien im Rückstand. Daher soll eine Industrieallianz gegründet werden, um autonomes Fahren voranzutreiben. Durch öffentlich-private Investitionen in Höhe von rund einer Milliarde Euro bis 2027 soll dieser digitale Fortschritt unterstützt werden. Zudem werden die EU-Staaten aufgefordert, mehr zu unternehmen, um Unternehmensflotten klimafreundlicher zu gestalten. Hierzu will die Kommission auch noch ein Gesetz vorschlagen. Elektroautos soll darüber hinaus durch ein soziales Leasingprogramm zu mehr Absatz verholfen werden. Der SPD-Abgeordnete Bernd Lange hätte sich hier einen verbindlichen Rahmen gewünscht und sich konkrete Anreize erhofft. (dpa)

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