Kaum ein Hersteller kann es sich in der heutigen Zeit sich leisten, ohne einen Hybriden anzutreten. Kia bringt auf seinem Heimatmarkt in diesen Tagen den ersten Flüssiggas-Hybriden auf den Markt.
Von Stefan Grundhoff
Hybridtechnik ist in aller Munde. Doch eine Mischung aus Flüssiggas- und Elektromotor ist neu. In Korea kommt der 4,53 Meter lange Kia Forte Hybrid LPI in diesen Tagen in den Handel. In Deutschland ist der Bruder des Kia Cerato nicht auf dem Markt. Da die Nachfrage nach kompakten Stufenheck-Limousinen in unseren Breiten mikroskopisch klein ist, soll das bis auf weiteres auch so bleiben. Doch die Elektrotechnik des Forte könnte etwas für den europäischen Markt sein. Aus diesem Grund schickt Kia Ende des Jahres eine Testflotte von 36 Fahrzeugen nach Europa, um die Mischung aus Elektropower und Flüssiggas auf Herz und Nieren zu testen.
Absolutes Neuland
Mit dieser technologischen Melange betreten die Entwickler von den beiden Schwesterkonzernen Kia und Hyundai Neuland. Hybridmodelle zeigten zuletzt viele Hersteller, doch eine Mischung aus Flüssiggas und Elektromodul versuchte im Serienbetrieb bisher keiner. Der Grund für die Entwicklungsbestrebungen der Koreaner liegt auf der Hand. Im Heimatland Korea hat Flüssiggas eine große Bedeutung. Was läge näher, als diese Technik mit einem modernen Hybridmotor zu kombinieren. Dabei setzte man gar nicht erst auf die ins Wanken geratene Akkutechnik mit Nickel-Metall-Hybridtechnik, sondern auf moderne Lithium-Polymer-Batterien mit 180 Volt und 5,3 Ah. «Der rund 24 Kilogramm schwere Akku befindet sich zwischen Rückbank und Kofferraum», so David Labrosse, verantwortlich für Entwicklung und Technik bei Kia Motors Europe, «der erste Erprobungsträger kann erst einmal nur mit Flüssiggas fahren. Wenn wir entsprechende Erfahrungen haben, stellen wir auf einen bivalenten Antrieb um.»
Von außen deutet abgesehen von den auffälligen Hybrid-Beklebungen mit einem CO2-Ausstoß von 94 Gramm pro Kilometer nichts auf das alternative Antriebskonzept hin. Im Gegensatz zum normalen Kia Forte gibt es für den Aerodynamischen Feinschliff Heckspoiler, Frontschürze und Leichtlaufreifen. Für das Auge sind LED-Rückleuchten und eine leicht geänderte Front. Die technischen Feinheiten sieht man unter der Motorhaube, hinter einer kleinen Abdeckung im Laderaum und am geänderten Tankfüllstutzen im linken hinteren Kotflügel. Der zweiteilige Flüssiggas-Tank mit einem Gesamtvolumen von 53 Litern befindet sich unter der Rücksitzbank.
Von Null auf 100 in zwölf Sekunden
Im Cockpit wird man von einer leicht geänderten Instrumenteneinheit empfangen. Links gibt eine Balkenanzeige dem Piloten darüber Aufschluss, ob der Akku gerade geladen wird oder der Elektromotor den Verbrenner unterstützt. Die Öko-Anzeige belohnt sparsame Fahrweise mit einem Zweig, aus dem einzelne Blätter sprießen. Rechts zeigen Anzeigen für Akku und Tank, wie es um die Reserven des Kia bestellt ist. Durch die Aerodynamikmaßnahmen sank der Wert des Kia Forte Hybrid LPI auf einen cw-Wert von 0,26.
Normalerweise wird der Kia Forte von einem 1,6 Liter großen Vierzylinder mit 93 KW / 126 PS angetrieben. Das Flüssiggasmodell muss mit einer reduzierten Leistung von 116 PS und 148 Nm Drehmoment auskommen. Jedoch liefert der kleine Elektromotor nochmals 15 KW / 20 PS und 105 Nm zusätzlich, die sich beim Beschleunigen spürbar ins Zeug legen und den Verbrauch reduzieren. Für den Spurt 0 auf 100 km/h benötigt der Koreaner 12 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 182 km/h.
Fahrspaß mit Grenzen
Der Elektromotor befindet sich wie allgemein üblich als Scheibenantrieb zwischen Verbrenner und dem stufenlosen Automatikgetriebe. Der Fahrspaß hält sich bei einem solchen CVT-Getriebe in Grenzen, doch die Start-Stopp-Automatik funktioniert vorbildlich. Weich und ohne große Vibrationen geht das Triebwerk beim Ampelstopp aus, um beim Starten ähnlich zurückhaltend wieder anzuspringen. Auch bei ausgeschaltetem Motor im Stand liefert der Elektromotor über den Konverter Strom für Klimaanlage, Soundsystem oder Beleuchtung. Fährt der Forte Hybrid LPI bergab und wird gebremst, gewinnt er durch ein regeneratives Bremssystem Energie zurück und speichert sie in dem Lithium-Polymer-Akku. Ähnlich wie bei den beiden deutschen Hybridhoffnungen Mercedes S-Klasse und 7er BMW kann auch der Koreaner nicht allein mit elektrischer Energie fahren oder zumindest rangieren.
Doch Elektromodul, CVT-Getriebe mit speziellem Spargang, Start-Stopp-Automatik und Aerodynamikfeinheiten sorgen zusammen mit dem Flüssiggas dafür, dass der CO2-Ausstoß des Kia Forte Hybrid LPI deutlich sinkt. «Bei diesem Modell liegt der CO2-Ausstoß nur bei 94 Gramm/km», berichtet David Labrosse, «er verbraucht 5,3 Liter Flüssiggas pro 100 Kilometer. Sonst liegen wir bei dem Modell bei 136 Gramm. Nach internen Messungen schafft der Forte so eine Reichweite von bis zu 850 Kilometern.»
Ab 12.500 Euro
Bleibt abzuwarten, ob der Kunde in Korea den Kia Forte Hybrid LPI in sein Herz schließt und die Verkaufszahlen zufriedenstellend sind. Der Wagen kommt in diesen Wochen in Korea in den Handel. In diesem Jahr werden 2000 Hybriden produziert. Für 2010 sind 5000 Stück geplant. Der Preis für den Kia Forte Hybrid LPI startet bei knapp 22.000.000 koreanischen Won. Das entspricht rund 12.500 Euro. Der vergleichbare Kia Forte ohne Hybridmodul kostet rund 8500 Euro.