In der Gewichtsspirale

Audi Leichtbau

Audi senkt durch Leichtbau das Gewicht der Karossen. Eine Verbrauchsersparnis ist aber nicht immer zu erwarten.

Von Thomas Flehmer

Die Gesetzteren unter uns kennen sich aus. Um die überflüssigen Kilos in Bewegung zu setzen und zu halten, müssen sie mehr Kraft aufbringen, als der vollschlanke Sportler. Auch beim Auto gilt der Grundsatz: Je schwerer das Auto ist, desto schwerer ist es zu bewegen und umso mehr Kraftstoff wird zum Verbrennen benötigt. Durch Leichtbauweise versucht Audi seit 15 Jahren, den kontinuierlichen Gewichtszuwachs von Fahrzeugen einzudämmen und auszugleichen. «Mit den Batterien für den Elektro- oder Hybridantrieb kommen weitere Gewichtszunahmen auf die Karossen zu, die durch Leichtbauweise ausgeglichen werden müssen», sagt Heinrich Timm, Leiter des Aluminium- und Leichtbau-Zentrums in Neckarsulm, das seit 1994 über 550.000 Autos mit Aluminiumkarosserie hergestellt hat.

Knackpunkt Materialmischung

Als bisher einziger Autohersteller ist es Audi dabei gelungen, verschiedene Materialien miteinander zu verbinden. So kann an jeder Stelle des Autos das Material zum Einsatz kommen, das am leichtesten und gleichzeitig effektivsten ist. Bei der so genannten Hybrid-Bauweise werden neben Aluminium auch Magnesium, Kohlefaser und natürlich auch Stähle eingesetzt. Nicht immer reicht dann eine Schweißnaht, sondern es muss geschraubt, geklebt oder gelötet werden, um die verschiedenen Materialien den Anforderungen entsprechend zu verbinden.

Zudem ist Audi in der Lage, das ansonsten schwer zu bearbeitende Aluminium zu formen. Auf diese Art und Weise werden Kosten gespart. Benötigte der Konzern bei der ersten Generation des A8 noch insgesamt sieben Teile für die seitliche Karosserie, kommt nun lediglich das fertig geformte Teil, das zudem leichter ist, zum Einsatz.

Besseres Fahrverhalten

Dank Mischbau wird die Karosserie leichter Foto: Audi

«Der Mischbau spart 100 Kilogramm pro Karosserie», sagt Tarek Mashhour von der Fertigungsplanung in Neckarsulm. Das bedeutet einen Minderverbrauch von bis zu 0,5 Litern oder elf Gramm CO2 auf einem Kilometer. Doch nicht nur der Verbrauch oder CO2-Ausstoß profitiert von der Gewichtseinsparung. «Jedes Leichtgewichtsteil wirkt sich auf das andere aus, sodass eine Spirale entsteht», sagt Heinz Hollerweger; Leiter Entwicklung Gesamtfahrzeug bei Audi, «leichtere Materialien führen zu kleineren Motoren, sprich zum Downsizing, zu kleineren Bremsen, zu einem kleineren Tank.» Und letztendlich zu weniger Gewicht und somit weniger Verbrauch.

Bei der Beschleunigung von Null auf 100 km/h kommt ein 100 Kilo leichteres Fahrzeug sechs Meter weiter als das Identische mit dem Rucksack von 100 Kilogramm Mehrgewicht. Doch auch die Fliehkräfte zurren beim Leichtgewicht weniger, sodass die Kurven besser genommen werden können. Bei einem Testvergleich zwischen zwei Audi A5 Coupé lag der in Leichtbauweise hergestellte Prototyp viel besser in den Kurven, während der schwerere den Parcours nur mit kräftigem Reifenabrieb und dem dazugehörigen Quietschen absolvierte und längere Radien durch die Kurven zog.

Zurück in die Zukunft

Schon bei den Schrauben gibt es Einsparungspotenzial Foto: Audi

Doch die Leichtbauweise amortisiert sich erst während der Nutzung. Denn bei der Herstellung wird mehr CO2 ausgestoßen als bei normalen Karosseriebauten. Der Break Even, der Punkt, an dem sich beide Bauweisen beim CO2-Ausstoß kreuzen, kommt allerdings schon recht früh. Da die leichtgebauten Karossen zudem besser zu recyclen sind, rechnet sich der Aufwand. Doch nicht immer sorgt die Leichtbauweise für eine Gewichtsreduzierung des Nachfolgemodells. «Der neue A8 wird nicht leichter sein als sein Vorgänger», sagt Timm. Grund dafür seien neue Anforderungen für die Oberklasse, die den Gewinn an Gewichtsverlust wieder schwinden lassen.

Um so mehr wird die Leichtbauweise in der Mittelklasse Einzug halten. «Das Größenwachstum wird nicht weiter zunehmen und die aktive Sicherheit gewinnt an Bedeutung», ist sich Hollerweger sicher. Das heißt, passive Elemente wie ABS oder ESP erhalten keinen Zuwachs und somit wird von dieser Seite aus keine Gewichtszunahme erwartet. So sei der Weg frei für ein «intelligentes Mischfahrzeug mit hohem Alu-Anteil», sagt Hollerweger. Es mutet an wie eine Reise in die Vergangenheit. Vor zehn Jahren startete das bisher bekannteste Projekt in Leichtbauweise. Der A2 verbrauchte lediglich drei Liter - und floppte. Heute wird der kleine Kompakte mehr denn je herbeigesehnt.

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