Der Wollsocken-Golf

Volkswagen

Der Berg kreißte und gebar eine Maus. So ehrgeizig wie die Preiskalkulationen Ende vorigen Jahres waren, ist es in Wolfsburg wieder mal nicht gekommen. Ab Mitte Februar ist der Golf BiFuel, also der mit Autogas ab Werk, bestellbar.

Von Martin Woldt
Mit 20.400 Euro wird Volkswagen die jüngste Variante des Golf VI Mitte Februar einführen, Produktionsbeginn ist in der dritten Märzwoche. In Wolfsburg haben sie lange hin und her gerechnet und hatten mit Blick auf den Preis zunächst ehrgeizige Pläne für den Golf BiFuel, wenn man so will den ersten Pseudo-Wollsockenträger von Volkswagen. Pseudo, weil er natürlich schon ein bisschen «öko» ist, wenn er im Autogasbetrieb zehn Prozent weniger CO2 verbläst, als wenn er seinen 1,6 Liter Benziner mit Super als Antrieb nutzt. Pseudo aber eben auch, weil solche Autos natürlich nicht wegen ihrer Klimabilanz gekauft werden.

Wie hoch ist der Aufpreis?

Der Autogaskunde will sparen. An der Zapfsäule und überhaupt. Deswegen rauchten in Wolfsburg ja auch die Taschenrechner. Denn klar war, würde der Aufpreis deutlich über den 17.900 Euro liegen, die das Auto mit seinem üblichen 102 PS starken Benziner kostet, bleibt der Kunde reserviert. «Wir haben uns ein Delta 2.500 Euro gesetzt», teilte ein Sprecher von VW Mitte Dezember mit. Das ist ein typischer Aufpreis, wie man ihn etwa auch bei Ford bezahlt, wenn man sich für einen Focus mit Autogas entscheidet. Ja und so ist es dann auch bei VW gekommen.

Ehrgeizige Pläne

Aüßerlich kein Unterschied Foto: Volkswagen

Intern war die Marschroute durchaus ehrgeiziger. Da hieß es zunächst, man wolle die 20.000-Euro-Marke für den bivalenten Golf knacken. Das wären 2.100 Euro Aufpreis oder weniger gewesen und tatsächlich ein Achtungssignal in dem äußerst preissensiblen Segment der Autogas-Interessierten. Zumal der Preis eine volle Herstellergarantie einschließt, die, wer eine Autogasanlage nachrüstet, üblicherweise verliert. Etwaige Ansprüche müssen dann mit der Nachrüstfirma beglichen werden, was in der Praxis bisweilen nur auf dem Gerichtsweg funktioniert. Aber Werksgarantien gibt es allerdings nicht nur bei VW. Ford, Chevrolet auch andere geben sie in ähnlichem Umfang für neue Autogasfahrzeuge.

Gehärteter Zylinderkopf

Was bei VW anders sein dürfte: der Golf Bifuel wird schon komplett umgerüstet vom Band laufen, während bei Ford oder Kia der Einbau der Gasanlage zwar vor Kundenübergabe, aber erst nach der Fertigstellung durch eine Spezialfirma erfolgt. «Wir haben den Autogaseinbau von Anfang an bei der Konstruktion des Golf VI berücksichtigt,» sagt VW-Sprecher Harthmuth Hoffmann. VW sieht darin unter anderem Sicherheitsvorteile. Zum einen sei die gesamte Konstruktion samt Autogastank in der Reserveradmulde «crasherprobt». Zum anderen hätten aufwändige Dauertests die Langzeitfunktion des Golf Bifuel bereits unter Beweis gestellt. So komme etwa ein speziell gehärteter und gut erprobter Zylinderkopf zum Einsatz. Der hätte seine Beständigkeit schon auf dem südamerikanischen Markt bewiesen. Denn der dort stark verbreitete Einsatz von Ethanol stelle ähnliche Anforderungen an die Hitzebeständigkeit des Materials wie der Betrieb mit Autogas.

Zulieferer LandiRenzo

Der Autogastank Foto: Volkswagen

Aber auch bei der Abstimmung des Motormanagements erkennt Hoffmann Vorteile gegenüber anderen. Durch die frühzeitige Einbeziehung des renommierten Zulieferers der Autogasanlage, LandiRenzo aus dem norditalienischen Reggio Emilia, konnten die Einspritzung des Kraftstoffes, die Einspritzmenge, Dauer und Zeitpunkt günstig beeinflusst werden. So betragen die vorläufigen Verbrauchswerte im Gasbetrieb 9,2 Liter auf 100 Kilometer, im umgeschalteten Benzinmodus 7,2 Liter. Damit ergebe sich insgesamt eine Reichweite von 1180 Kilometern, im reinen Gasbetrieb von 420 Kilometern. VW hat daraufhin mal die Kosten pro 100 Kilometer für beide Betriebszustände ausgerechnet. Demnach kostet die Strecke im Gasbetrieb 6,38 Euro, mit Benzin werden 8,60 Euro auf der Preisbasis von Mitte November fällig. Überdies will es VW geschafft haben, ganz ähnliche Fahrdynamikwerte wie mit dem 1,6 Liter Benziner zu erreichen. Der benötigt von null auf Tempo 100 11,3 Sekunden und erreicht in der Spitze 188 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit soll die selbe sein, die Beschleunigung 11,4 Sekunden betragen. Das bleibt noch abzuwarten, denn den um 20 Prozent niedrigeren Energiewert von Autogas kann auch VW nicht wegzaubern. So stehen im Benzinbetrieb noch 102 PS mit Autogas eben «nur» 98 PS zur Verfügung.

Euro4 statt Euro5

An der Zapfsäule Foto: Volkswagen

Ähnlich wie beim Preis hatte VW auch für die Abgasnorm zunächst ehrgeizigere Pläne. Euro5 sollte unter dem Strich herauskommen. Euro4 wird es aber nur sein. Zwar würde die Verbrennung selbst so sauber wie für Euro5 erforderlich verlaufen, wie Sprecher Martin Hube erklärt. «Aber wir hätten für die entsprechende schärfere Zulassung noch einen Flottentest des Katalysators im Dauerbetrieb über 150000 Kilometer absolvieren müssen.» Der Aufwand wurde zunächst als zu hoch befunden. Möglicherweise war es Wolfsburg wichtiger, sehr bald von der nur kurzzeitigen 2500-Euro-Umweltprämie und ihrer Euro4-Mindestanforderung an einen Neuwagen zu profitieren, als mit dem deutlich geringeren Kundenvorteil, den eine Euro5-Einstufung ergibt, zu spekulieren. Denn tatsächlich dürfte eine Kaufentscheidung wohl eng mit den Mehrkosten für den Bifuel zusammenhängen. Und die betragen, wie gesagt, 2500 Euro gegenüber einem herkömmlichen Golf 1.6.

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