Envia: Durchbruch bei der Batterieforschung

Dreifache Energiedichte

Envia: Durchbruch bei der Batterieforschung
Lithium-Ionen-Batterie im Tesla Roadster © Foto: Tesla

Das kalifornische Start-up Envia Systems, an dem General Motors beteiligt ist, will einen Durchbruch bei den Lithium-Ionen-Zellen erreicht haben. Die Akkus schaffen die dreifache Leistung bei geringeren Kosten.

Von Martin Woldt

Die Batterieforschung vermeldet dieser Tage einen neuen Weltrekord. Atul Kapadia, Chef des kalifornischen Unternehmen Envia Systems, beansprucht nichts weniger, als den "Heiligen Gral des Elektroautos"gefunden zu haben. Wie Envia vor Kurzem mitteilte, habe man die Energiedichte von Lithium Ionen-Akkus um das Dreifache steigern und die Herstellungskosten, laut Kapadia, auf ein Drittel reduzieren können.

"Wenn das wahr ist", zitiert die New York Times den Experten David Cole vom Center for Automotive Research in Michigan, "ist es ein riesiger Durchbruch." Denn die derzeitigen Akkus wären um 300 Prozent überteuert, so dass Elektroautos im Markt keine Chance hätten. Atul Kapadia hingegen behauptet: "Wir machen das Elektroauto endlich massentauglich."

Sinkende Stimmung

Tatsächlich sind es die dürftige Reichweite und die üppigen Kosten, die die Begeisterung für die E-Autos in den letzten Monaten merklich abgekühlt haben. Trotz erster Serienmodelle nehmen sich weltweit die Zulassungszahlen bescheiden aus. Marktforscher korrigierten jüngst ihre Absatzerwartungen nach unten. Hersteller vertagten die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Elektroprojekte in die nächste Dekade.

Envia hingegen will die Energiedichte (den speicherbaren Strom) seiner Zellen auf 400 Wattstunden pro Kilogramm (Tesla Roadster 121 Wh/kg; Nissan Laef 160 Wh/kg) verbessert haben. Gleichzeitig wären die Batteriekosten auf 125 Dollar pro Kilowattstunde (Opel Ampera ca. 500 Dollar/kWh, Nissan Leaf 375 Dollar/kWh) gesenkt worden. Ob Tesla-Chef Elon Musk Envia Systems auf dem Schirm hatte , als er jüngst erklärte, er könne sich vorstellen, dass die Batteriekosten in den nächsten Jahren unter 200 Dollar sinken?

Prototypen-Stadium

Die Nachricht aus Kalifornien sollte also eigentlich für frischen Wind in der Euphorieflaute sorgen. Zumindest wäre ein entsprechendes Interesse des Autobauer General Motors vorstellbar. GM ist im vergangenen Jahr mit sieben Millionen Dollar bei Envia Systems mit der Erwartung eingestiegen, dass hier in Newark die künftigen Akkus für den Chevrolet Volt entwickelt werden. Allerdings ist derzeit kein Beifall aus Detroit vernehmbar. Was ein wenig verwundert. Versucht der Autobauer doch mit einigen Mühen, den Volt als Pionier des Elektrozeitalters in den Markt zu drücken.

Einer der Gründe für die Zurückhaltung könnte das Prototypen-Stadium der kalifornischen Akkus sein. Bei Enivia hofft man, in etwa drei Jahren serientaugliche Speicher zur Verfügung stellen zu können. Zwar sollen bei verschiedenen Herstellern bereits Testfahrzeuge unterwegs sein. Belastbare Reichweiten sind allerdings nicht bekannt.

Zielkonflikte in der Batterieentwicklung

Die Weltrekord-Energiedichte von 400 Wh/kg wurde in indischen Labors nach 300 Ladezyklen bestätigt. Das ist ein vergleichsweise niedriger Referenzwert. Deutsche Autobauer sollen stabile Leistungswerte noch nach 1000 Ladezyklen verlangen. Ob es Envia gelungen ist, das bekannten Akkuphänomen von steigender Energiedichte bei abnehmender Lebensdauer aufzubrechen, wird nicht ganz klar.

In der Batterieentwicklung gibt es zahlreiche Zielkonflikte. Ein Weltrekord in einer Kategorie ist meist nur eine Teilwahrheit. Aber da sind ja noch die niedrigen Produktionskosten. Envias Hinweis, je mehr Energie ein Akku speichern kann, umso kleiner könne er ausfallen, ist nachvollziehbar. Und auch die behauptete kostengünstigere Materialkombination für die Kathode des Akkus sollte sich auswirken.

Offene Kostenfrage

Aber ob sich der Preis für ein Elektroauto mit einer Reichweite von 500 Kilometern im Vergleich zu heute tatsächlich, halbieren lässt, dürfte ganz erheblich von den verkaufbaren Stückzahlen abhängen. Davor steht das meist ziemlich kapitalintensive Engagement mindestens eines Investors. Und der oder die scheinen wohl die eigentlichen Adressaten dieser Weltrekordnachricht zu sein.

Bislang wurde Envias Projekt zu einem guten Teil (vier Millionen Dollar) mit staatlichen Mitteln des amerikanischen Energieministeriums gefördert. Der Förderzeitraum war Ende 2011 ausgelaufen.

Noch mehr Rekorde

Es ist keineswegs branchenunüblich, durch Rekorde Signale zu setzen. Im Januar vermeldete das Schweizer Elektro-Sportwagenprojekt Mindset einen "bahnbrechenden Fortschritt in der Akku-Technologie". Auf einem Rollenprüfstand konnte man demnach den Nachweis über eine Verdopplung der bisherige Energiedichte auf 260 Wattstunden pro Kilogramm erbringen. Hier soll der Entwicklungsschritt durch ein neuartiges Ladeverfahren begründet sein. Der Rest blieb im Nebel. Mindset um den ehemaligen VW-Designer Murat Günak stand in der Vergangenheit schon mehrfach am finanziellen Abgrund.

Wohlan, unter der Oberfläche herrscht alles andere als eine Euphorieflaute ums Elektroauto. Und die Sache mit dem Heiligen Gral sollte man ernst nehmen. Auch der wahre Gral ist in den letzten 1500 Jahren überall auf der Welt so oft gefunden worden, dass man nie sicher sein konnte, ist das jetzt der Richtige.

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