Elektromobilität: Jobmotor oder Jobkiller?

Wandel in der Autoindustrie

Elektromobilität: Jobmotor oder Jobkiller?
Die E-Mobilität sorgt für Umbrüche in der Branche. © dpa

Noch ist die Nachfrage nach Elektroautos gering, doch das wird sich mittelfristig ändern. Doch was bedeutet der Weg in die Elektromobilität für die Beschäftigten. Ist er ein Jobmotor oder ein Jobkiller. Darüber gehen die Meinungen auseinander.

Die Beschäftigten der Autoindustrie müssen sich nach Einschätzung der IG Metall wegen der E-Mobilität und Digitallisierung auf massive Umwälzungen bei den Anforderungen im Job gefasst machen. Dabei dürfte es laut Gewerkschaftschef Jörg Hofmann schwierig werden, die Chancen neuer Aufgaben mit der wohl sinkenden Zahl an klassischen Tätigkeiten im Bau von Verbrennungsmotoren auszubalancieren.

"Wir brauchen die Elektrifizierung des Antriebsstrangs hier in Deutschland, um Rationalisierungseffekte zumindest teilweise auszugleichen", sagte Hofmann in Berlin. Die IG Metall will das Thema zusammen mit den Betriebsräten der großen Auto- und Zulieferkonzerne stärker angehen. Der Gewerkschaft zufolge arbeiten etwa 250.000 der 880.000 im Fahrzeugbau beschäftigten Menschen in der Antriebstechnik.

Mitarbeiter umqualifizieren

"Jede Menge Beschäftigte müssen umqualifiziert werden", erklärte der Betriebsratschef von Daimler , Michael Brecht. Man versuche, so viele Mitarbeiter wie möglich in die neue Zeit mitzunehmen. Es gebe aber Grenzen. "Nicht jeder, der Ingenieur ist, kann auch Apps schreiben."

Daimler-Vertriebsvorstand Ola Källenius rechnet dank der Umstellung auf Elektroautos in den nächsten Jahren eher mit mehr Arbeitsplätzen in der Branche. «Für die nächsten fünf bis zehn Jahre haben wir die Herausforderung, dass wir das parallel machen müssen», sagte der Manager beim «Tag der Automobilwirtschaft» in Nürtingen. «In dieser Wandelphase ist wahrscheinlich mehr angesagt.» Jede industrielle Revolution habe zu mehr Beschäftigung geführt. Es sei derzeit aber noch zu früh, eine exakte Vorhersage zu treffen, so Källenius.

Skepsis bei Bosch

Der Vize-Betriebsratschef von Bosch, Hartwig Geisel, ist skeptisch, ob sich der Trend weg vom Verbrennungsmotor ohne personellen Aderlass vollziehen lässt: "25 000 Arbeitsplätze bei Bosch in Deutschland hängen am Verbrennungsmotor. (...) Wir werden da ein enormes Problem bekommen." Zulieferer gerieten unter Druck, weil Autobauer einen Teil der neuen Themen an sich zögen. "Der Kuchen wird neu verteilt."

Bei Volkswagen hat der Umbruch in der Branche den "Zukunftspakt" mit ausgelöst. Dieser soll die internen Sparzwänge nach der Diesel-Krise und die Neuorientierung unter einen Hut bringen. Dazu sei schon ein "größerer dreistelliger Millionenbetrag" für Qualifikationsmaßnahmen eingeplant, berichtete Betriebsratschef Bernd Osterloh. Von den 9000 Jobs, die neu geschaffen werden sollen - bei gleichzeitiger Kürzung von weltweit 30.000 Stellen -, kämen 6000 aus Umqualifizierung. "Die anderen 3000 müssen wir vom Arbeitsmarkt holen", sagte Osterloh.

Für Hofmann hat die Elektromobilität großes Potenzial - aber die Bundesregierung müsse realistisch bleiben. "Das Ziel, bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf die deutschen Straßen zu bringen, ist faktisch kaum mehr erreichbar", meinte er mit Blick auf Engpässe bei der Infrastruktur und die relativ hohen Autopreise. "Aber wer heute am grünen Tisch das Ziel von null Verbrennern bis 2030 vorgibt, wird ebenfalls scheitern." Die Grünen hatten einen Zulassungsstopp für neue Benzin- oder Dieselautos ab 2030 vorgeschlagen. (AG/dpa)

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