«Cupra muss sich gefühlt jeden Tag neu erfinden»

«Cupra muss sich gefühlt jeden Tag neu erfinden»
Giuseppe Fiordispina verantwortet in Deutschland das Marketing für Seat und Cupra © Seat

Cupra hat sich zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt. Dazu trägt neben attraktiven Modellen auch die Markenpositionierung bei. Ein Gespräch mit Marketingchef Giuseppe Fiordispina.

Dass eine Marke nicht nur durch attraktive Modelle erfolgreich ist, dafür ist Polestar ein gutes Beispiel. Die Volvo-Tochter versucht seit Jahren, sich am Markt zu behaupten. Mit überschaubaren Erfolg.

Anders sieht die Situation bei Cupra aus. Die Spanier gehören zu den mit am schnellsten wachsenden Marken in der Automobilbranche. Dabei haben beide Marken eine ähnliche Geschichte: Wie Polestar firmierte auch Cupra vor der Gründung als eigenständige Automarke als Performance-Zweig der Muttermarke. Doch während Polestar im zurückliegenden Jahr gerade einmal weltweit 54.600 Fahrzeuge (+ 6 Prozent) absetzte, waren es bei Cupra 240.000 Auslieferungen (+ 51 Prozent). Seit ihrer Gründung im Jahr 2018 haben die Spanier bereits über 650.000 Fahrzeuge verkauft. Dabei ist Deutschland für die selbsternannte „Challenger Brand“ der wichtigste Absatzmarkt.

Polarisierende Markenpositionierung

Doch warum performt eine Marke wie Cupra derart besser als Polestar? Der Hauptgrund liegt natürlich an Modellen wie dem Formentor, Leon, Ateca und Born. Sie kommen mit ihrem Design und ihrer Performance bei den Kundinnen und Kunden an. Ergänzt wird das Modellportfolio von dem neuen Cupra Tavascan, dem zweiten E-Modell der Spanier neben dem Born.

Der Cupra Tavascan ist das zweite Elektroauto nach dem Born der spanischen Marke. Foto: Cupra

Attraktive Modelle sind indes das eine, die Markenpositionierung das andere. Und hier geht Cupra einen Weg, der durchaus polarisiert, als eigenwillig zu bezeichnen ist. „Wir sind eine Marke, die nicht jedem gefallen muss. Wir wollen diejenigen ansprechen, die uns lieben. Wir haben die Car Lover im Blick“, sagt Giuseppe Fiordispina, der das Marketing von Cupra in Deutschland mittlerweile seit 2018 verantwortet. Diese klare Ausrichtung, so erklärt Fiordispina, habe es „uns ermöglicht, eine treue Anhängerschaft aufzubauen und sich deutlich von anderen Marken abzugrenzen“.

Und, wie bemisst der Marketeer den Anteil des Marketings am Erfolg von Cupra? Natürlich sei Cupra durch eine sehr präzise Positionierung und ein starkes Marketing so erfolgreich geworden, wie es die Marke heute ist. Allein durch Marketing könne man eine neue Marke nachhaltig indes nicht so entwickeln, wie es mit Cupra gelungen ist. „Ohne Marketing geht es nicht, ohne den Vertrieb geht es nicht, ohne PR geht es nicht“, sagt Fiordispina. Es sei eine Teamleistung. Der Umstand, dass das ganze Unternehmen „die gleiche Idee verfolgt und das gleiche Markennarrativ genutzt wird, sei der Erfolgsfaktor nach außen und innen“. Es sei wichtig, dass alle in die gleiche Richtung laufen – und das komme auch bei den Kundinnen und Kunden an.

Glaubwürdigkeit als wichtiger Aspekt

Beim Cupra Born brauchen sich die Spanier über keine Nachfrageschwäche beklagen. Foto: Cupra

Eine Marke wie Cupra, die neu am Markt ist, müsse den Kundinnen und Kunden erklären, wofür sie stehe, welches Versprechen sie abgibt, so Fiordispina. „Und sie muss differenziert erklären, warum wir überhaupt da sind, warum man uns braucht?“ Diese Erklärung müsse von allen Seiten beantwortet werden können, die mit der Marke zu tun haben, „sei es der Handel oder jeder andere Touchpoint“, so der Marketingchef. „Dabei spielt Glaubwürdigkeit eine wichtige Rolle.“

Eine Marke wie Cupra am Markt zu etablieren, sei natürlich eine herausfordernde Aufgabe gewesen. Doch es sei ebenso herausfordernd, mit einer Marke, die auf dem Weg nach oben ist, dort auch zu bleiben. Man hätte es in der Vergangenheit häufiger erlebt, dass ein Feuerwerk für eine Marke entfacht wurde, die dann aber wieder schnell verschwand, so Fiordispina. Doch wie bleibt man oben? „Aus Marketingsicht ist das Zauberwort dafür Kontinuität.“ Wichtig sei es, sich nicht von seinem Weg abbringen zu lassen. Das sei indes etwas, was viele Marketeers nicht durchhalten. Das läge indes nicht am Können, sondern dafür gäbe es eine Vielzahl von Gründen. „Die wichtigste Aufgabe eines Marketeers ist, konsistent zu sein.“

Automarken im Alltag der Menschen verwurzeln

Dass Cupra versucht habe, sich von Anfang an als Challenger Brand zu positionieren, habe man nicht nur deshalb getan, weil sich das sexy anhört, sondern weil die Umstände es gar nicht anders zugelassen hätten, „da wir in ein Umfeld hineingekommen sind, indem es bereits genügend Marken gab“. Dabei habe man jedoch die Möglichkeit gesehen, sich mit Cupra unterhalb des Premiums- aber oberhalb des Volumensegments zu positionieren. Angesichts der steigenden Absatzzahlen scheint dies gelungen zu sein.

Um eine Challenger Brand zu sein, bedurfte es indes auch Modellen, die diesem Anspruch genügen. „Eine Challenger Brand ohne Challenger Produkte zu launchen, hätte nicht funktioniert, dann wären wir nicht glaubwürdig gewesen.“ Die Challenger-Produkte und die Marke mussten dann indes noch mit „Inhalten, mit Emotionen“ angereichert werden.

Musik als wichtiger Faktor der Kundenbindung

Cupra war auch 2024 auf dem Parookaville Musik-Festival in Weeze vertreten. Foto: Cupra

So präsentiert sich Cupra als Marke auch auf verschiedenen Musik-Events, im Juli zuletzt auf dem Electric Musik-Festival Parookaville in Weeze. „Musik transportiert Emotionen. Sie emotionalisiert über Generation hinweg. Jeder von uns hat bei bestimmten Musik Tracks bestimmte Assoziationen, sei es traurige oder positive“, erklärt Fiordispina.

Wie der Marketingchef hinzufügte, sei es wichtig, auch Automarken kulturell zu verwurzeln. Dazu gehöre auch den Marken im Alltag der Menschen einen Platz zu geben. „Wir wissen, dass 80 Prozent der Menschen während der Autofahrt Musik konsumieren, sei es nun, dass sie Radio hören oder streamen. Damit ist Musik Teil der Journey im Auto – und damit hängt es auch stark mit dem Produkt zusammen.“

Marke einer jungen Generation

Dazu gehört auch die richtige Wahl der Musikgattung.. Dass die Spanier sich für Techno entschieden haben, ist mit Blick auf die Werte dieses Genres kein Zufall. So steht Techno für Toleranz, Freiheit, setzt sich gegen Rassismus, Homophobie ein. Sind das die Werte, für die auch Cupra steht? „Wir wollen in erster Linie eine Marke sein, die für eine junge Generation steht, die zeitgemäß ist. Da kommen wir zwangsläufig um solche Themen nicht herum“, erklärt Fiordispina. Man lebe diese Themen und wolle den Kundinnen und Kunden zeigen, dass man Teil ihres Wertesystems ist – von daher passt das sehr gut.“

Erreicht man mit einer solchen Ansprache aber auch ein Klientel, dass finanziell in der Lage ist, sich eine Auto für über 56.000 Euro wie den Cupra Tavascan anzuschaffen? „Nichts zwangsläufig“, gesteht Fiordispina ein, fügt indes hinzu, dass Cupra in seinen Segmenten immer die jüngste Käuferschaft habe. „Das wird natürlich auch unser Ziel beim Tavascan sein.“ Angesichts des Preises des Tavascan müsse das Marketing und die Kundenansprache für dieses Modell indes nicht neu positioniert werden. „Auch hier werden Sie bei der Launchkampagne die typische Tonalität von Cupra wiederfinden.“

Keine Nachfrageschwäche bei E-Mobilität

Nachdem Cupra mit Modellen wie dem Ateca, Leon und Formentor lange Zeit nur besonders leistungsstarke Verbrennermodelle im Angebot hatte, hat man seit Januar 2022 mit dem Born auch ein Elektroauto im Portfolio. Eines übrigens, um das sich die Kundinnen und Kunden reißen. So braucht sich Cupra im Gegensatz zu anderen Anbietern von E-Autos nicht über eine Nachfrageschwäche zu beklagen, wie Cupra Deutschlandchef Bernhard Bauer kürzlich im Interview mit der Autogazette sagte.

Dass der Born derart performt, hat aus Sicht von Fiordispina auch damit zu tun, dass man bei der Kundenansprache anders sein wollte als der Wettbewerb. „Wir haben beim Born von Anfang an gesagt, dass wir mit ihm den Beweis antreten wollen, dass Elektromobilität nicht langweilig sein muss.“

Entsprechend „Cupra Like“ habe man den Born in einem Segment positioniert, das sehr rational geprägt sei, in dem es um Reichweiten und Ladezeiten geht. „Klar, diese Aspekte spielen auch bei uns eine Rolle. Doch Kundinnen und Kunden, die das wissen wollen, bekommen diese Infos auf unserer Webseite“, sagt Fiordispina. In der Kommunikation für den Born setze man lieber auf die Emotion, „wir sind eine emotionale Marke und genau das wollen wir nach vorne bringen“. Und genau dieses Ziel habe man mit dem Born erreicht. Man habe unter Beweis gestellt, dass Elektromobilität viel Spaß bringt. Diesen Spaß werde man mit dem Born VZ noch einmal steigern, es ist das mit 326 PS Topmodell der Baureihe.

Ohne Handel geht es nicht

Der Cupra Formentor ist bei den Kunden beliebt. Foto: Cupra

Auch wenn der Online-Verkauf an Bedeutung zunimmt, spielt für Fiordispina der Handel nach wie vor eine wichtige Rolle. „Ich bin ein Verfechter davon, dass es ohne Handel nicht geht.“ Aus Studien wisse man, dass die Kundschaft vor dem Fahrzeugkauf 1,6 bis 1,8 Mal im Handel war, um sich das Fahrzeug physisch anzuschauen und eine Probefahrt zu machen. „Der Handel hat verstanden, dass die E-Mobilität beim Kunden auch ankommt, wenn es das richtige Produkte, das richtige Package gibt.“

Als Beispiel dafür nennt der Marketingchef das Autohaus Bellendorf in Bocholt. „Dort liebt man die Marke Cupra, sie verkörpern diese Challenger Brand und bringen sie mit einer riesigen Leidenschaft zu den Kundinnen und Kunden. Sie haben verstanden, dass man sowohl einen Formentor VZ5 als auch einen Born an die Kundschaft bringen könne.“ Dies geschehe dabei auf eine sehr moderne Art und Weise – und damit meint Fiordispina eine starke Präsenz in den sozialen Medien. Immer mehr Händler würden erkennen, wie viele Möglichkeiten ihnen die digitalen Kanäle bieten würden, freut sich Fiordispina.

Digitale Kanäle wichtig für Community-Gedanken

Diese digitalen Kanäle seien dabei auch wichtig für den Community-Gedanken. „Wenn wir eine gewisse Klientel für unsere Marke ansprechen wollen, dann ist der Weg zu dieser Community nicht mehr weit. Es gehe darum, dass diese Community zusammen gehalten wird. Deshalb bieten wir ihnen immer wieder neue Themen und Erlebnisse wie beispielsweise beim Parookaville-Festival. „Dieses Engagement führe dann zu einer Loyalität gegenüber der Marke, weil sich die Kunden von uns verstanden fühlen.“

Denn eines ist bei allem positiven Absatzzahlen von Cupra für Fiordispina klar. „Eine Challenger Brand wie Cupra muss sich gefühlt jeden Tag neu erfinden, das entspricht unserem Mindset“.

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