Nach der Technik hat Volvo nun die Namen seiner Kompaktstromer umgekrempelt. EX40 und EC40 locken auch als Black Edition.
Wikinger werden gerne als wilde Gesellen beschrieben. Nichts fürchtend, außer das Tor nach Walhall versperrt zu finden. Diese Kühnheit scheint den Nordmännern geblieben. So wollen sie bei Volvo trotz schwieriger Rahmenbedingungen weiterhin stark wachsen und weltweit schon bald 1,2 Millionen Autos im Jahr verkaufen. Auch und gerade mit Strom. Im vergangenen Jahr kletterten die Verkaufszahlen der vollelektrischen Modelle um 70 Prozent gegenüber 2022, heißt es aus Göteborg, ihr Anteil am weltweiten Gesamtabsatz betrug demnach 16 Prozent.
Damit Kunden künftig besser erkennen können, was bei Volvo Phase ist, kommen die kompakten Wikinger-Schiffchen nun mit gestrafften und vereinheitlichten Modellbezeichnungen. Das Kompakt-SUV XC40 Recharge Pure Electric hört künftig auf den Namen Volvo EX40, aus dem Crossover-Pendant C40 wird zum Modelljahr 2025 der EC40. Mit dem kleinen EX30, dem großen EX90 und dem Van EM90 bringt der schwedische Premium-Hersteller in diesem Jahr drei weitere E-Autos auf den Markt. Ab 2030 rollen in Torslanda dann ausschließlich reine E-Mobile vom Band.
Kraft aus dem Heck
Die Technik der E-Modelle haben sie schon vor einem Jahr komplett auf links gedreht. Genauer gesagt auf hinten. Die Kraft kommt bei den Versionen mit Single-Motor seither von achtern. Ein Vierteljahrhundert und länger ist es her, dass dieses Konzept bei Volvo für Vortrieb sorgte – zuletzt 1998 in der großen Nordmann-Wanne der Baureihe 940.
Die Rückbesinnung auf traditionelle Werte ist eine kluge Entscheidung, weil die spontane Elektro-Power so deutlich besser auf die Straße kommt. Kein nervöses Kratzen der Vorderräder, kein Gezerre am Lenkrad – und Übereifer der Hinterachse ist dank elektronischer Assistenz ohnehin kein Thema mehr. Eine Entwicklung, die ambitionierte Fahrer nicht rückhaltlos begrüßen. Zu deren Trost: Das druckvolle Heck steht beiden Modellen gut und sorgt dank 2,70 Metern Radstand gerade in engen Kurven für jene Art von Agilität, die sich im Allrad-Modell nur schwer pflegen lässt.
Zwei Akkugrößen im Angebot
Das 175 kW (238 PS) starke Einstiegsmodell des EX40 kommt in Verbindung mit der 69-kWh-Batterie bis zu 487 Kilometer (WLTP) weit, der EC40 schafft noch neun Kilometer mehr. Für Freunde der längeren Ausfahrt ist eine „Extended Range“-Version mit 185 kW (252 PS) und 82-kWh-Akku im Angebot. Damit sind jeweils knapp 100 Kilometer mehr Radius drin. Kollateralnutzen des großen Stromspeichers mit verbesserter Kühlung: Er erlaubt 200 statt 150 kW Durchfluss. Am Schnelllader vergeht so von zehn auf 80 Prozent nicht mal eine halbe Stunde.
Die normale Twin-Motor-Variante bleibt bei der heckbetonten Auslegung mit 110 kW (150 PS) vorne und 190 kW (258 PS) hinten. Weil die Vorderachse nur bei Bedarf bestromt wird, sitzt hier – anders als hinten – ein Asynchron-Motor ohne Dauermagneten. Offiziell kommen die Allradler damit auf 550 Kilometer, weil beide den großen Akku serienmäßig haben. Wer’s drauf anlegt: Die dritte Stelle im Tacho ist nach 4,7 Sekunden erreicht, mit Heckantrieb vergehen 7,3 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit wird wie bei allen neuen Volvo-Modellen bei Tempo 180 abgeregelt, die Motoren arbeiten dann mit der Höchstdrehzahl von 13.900 Umdrehungen pro Minute.
Leistungsspritze für das Allradmodell
Allerdings treten die Nordmänner im Premium-Segment an und müssen Marktanteile vorrangig denen abjagen, die im Wappen Stern, Ringe oder Weiß-Blau tragen. Zum Beweis sportlicher Eleganz hat Volvo zum Modelljahr 2025 die Black Edition aufgelegt. Die exklusiven Sondermodelle kombinieren einen rundum tiefschwarzen Auftritt mit ebensolchem Interieur und hochwertiger Ausstattung. Allein bei den Einstiegsleisten gibt’s ein klein wenig Aluminium-Kontrast.
Mit dem neuen Modellnamen bieten die Schweden auch eine kleine Leistungsspritze für den Allradler. Per Software steigt die Leistung (leider nur an der Vorderachse) um 25 kW auf 135 und damit insgesamt auf 325 kW (442 PS). Das Ganze gleich als „Performance“-Modell auszugeben, mag etwas kühn erscheinen, drückt die Kraftkur den Wert beim Standard-Spurt doch gerade mal um eine Zehntelsekunde. Eher unsportlich: Die Zusatzpower muss mühsam bei den Fahrzeugeinstellungen aktiviert werden. Kleines rotes Knöpfchen oder so – das wär’s.
Nordische Kühle und Understatement
Das Fahrwerk zeigt sich bei beiden Modellen auch weiterhin kommod. Was kein Schaden ist, weil es sportlich straffe Konkurrenten zuhauf gibt. Obendrein bleiben so Reserven, falls es – wider Erwarten – doch mal in tieferes Geläuf geht. Die Lenkung indes dürfte ein wenig feinfühliger reagieren. Und allzu heftig sollte man die jungen Schweden nicht in die Kurve treiben – trotz angenehm tiefem Schwerpunkt und breiten Schultern streben gute zwei Tonnen halt irgendwann Richtung Tangente.
Geblieben ist der Mix aus nordischer Kühle und Understatement. Das beginnt bei den Scheinwerfern Marke „Thors Hammer“ und endet beim Hochformat-Touchscreen über dem fast schalterlosen Cockpit. Der schwedische Weg war eben schon immer etwas Besonderes. Vor allem in Sachen Sicherheit: Droht die Abdrift Richtung Gegenspur, greifen EC40 und EX40 selbst ins Volant. Und wenn’s per Bremse zum Vordermann nicht mehr reicht, weichen sie aus. Der optionale „Pilot Assist“ fährt – zeitlich begrenzt – bis Tempo 130 selbstständig, und aus der Cloud gibt’s Warnungen vor allerlei Ungemach. Vom Erfinder des Dreipunktgurtes darf man zu Recht höchste Standards erwarten.
An Platz herrscht kein Mangel
Dazu gehören selbstverständlich gut konturierte Sitze, auch wenn Leder bei Volvo keine Option mehr ist. Stattdessen Kreislaufwirtschaft, wo es geht. Die Teppiche stammen zu 100 Prozent aus Fasern recycelter PET-Flaschen, auch der Dachhimmel und das Armaturenbrett bestehen zu einem großen Teil aus wiederverwendetem Material.
Ansonsten geben sich Volvos Kompakte fast so nobel wie die großen Brüder. Vor allem das geduckte Heck beim EC40 und die breite C-Säule beim EX40 sind Blickfänge. Leider in des Wortes doppelter Bedeutung. In der Rückschau wird die Welt nämlich eng – und die Kamera zur guten Idee. An Platz herrscht in den 4,44 Meter langen Modellen kein Mangel. Vorne sitzt man überaus bequem – und auch hinten, sofern man sich durch die etwas engen Luken gefädelt hat. Ein bisschen Demut verlangt das schnittige Design halt schon.
Bis zu 1,8 Tonnen Anhängelast
Wer lieber Last bewegt als Leute: Das Gepäckfach im EC40 fasst 404 bis 1196 Liter, der EX40 packt 412 bis 1286 Liter weg. Beiden gemeinsam ist ein zusätzliches Fach unter der Fronthaube mit 31 Litern, das sich prima für das Ladekabel eignet. Sollte all der Platz nicht reichen – bis zu 1,8 Tonnen dürfen bei den Allrad-Versionen an den Haken, der sich halbelektrisch aus dem Stoßfänger schwenkt, den Hecktrieblern sind 1,5 Tonnen erlaubt.
Das Ganze ist – wie üblich bei Volvo – nicht unbedingt ein Schnäppchen: Ab 49.990 Euro rufen die Schweden für die Basisversion des EX40 auf, der EC40 startet bei 52.690 Euro. Mit Allradantrieb reißt man die 60.000er-Marke und in der Edition Ultra Black steht fast schon eine Sieben vorne.
Apropos Geld: Aktuell tüftelt Volvo an einer Aufbereitung von Batterien für ein zweites Autoleben – etwa als preisgünstiger Ersatz bei gebrauchten E-Autos. Erst danach soll ein dritter Einsatz in stationären Speichern folgen und ganz zum Schluss ein möglichst vollständiges Recycling. Spätestens 2040 nämlich wollen die Schweden auch die Kreislaufwirtschaft verwirklicht haben. Das dürfte nicht bloß denen gefallen, die schon immer Volvo gefahren haben.