Leere an den Ladestationen

Elektroautos bei Händlern noch Exoten

Leere an den Ladestationen
Die Lithium-Ionen-Zellen aus Kamenzen kommen im Smat ed zum Einsatz © Smart

Schöne Worte sind schnell ausgesprochen – Autos deutlich schwieriger gebaut. So wird nun seit Jahren von Elektroautos und deren Vorzügen geschwärmt, nur gibt es sie bis heute kaum. Wer elektrisch fahren will, muss immer noch zu Exoten greifen.

Elektroautos sind ein großes Thema - doch wer eines kaufen will, wird kaum mehr ernten als ein Kopfschütteln. Bei den Großserienherstellern hat der Verkauf noch längst nicht begonnen, nur ein paar Nischenanbieter können schon liefern. Entsprechend gering sind die Zulassungen: Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) nennt für 2009 exakt 162 Elektrofahrzeuge. Das schafft ein herkömmlicher VW Golf an einem Vormittag. Wer schon heute ohne Abgase durch die Stadt rollen will, muss entweder Kompromisse machen oder tief in die Tasche greifen.

Tesla Konkurrenz für konventionelle Autos

Der Tesla Roadster gilt als bislang einziges Elektrofahrzeug, das mit konventionellen Autos konkurrieren kann. Allerdings kostet er bei uns knapp 100 000 Euro. Trotzdem meldet das US-Unternehmen bereits 1100 Verkäufe, von denen ein Fünftel nach Europa geliefert wurden. Billiger sind eine Reihe elektrischer Klein- und Kleinstwagen: Die Hamburger Firma Luis vertreibt den rund 40 000 Euro teuren Viertürer 4U im Format eines Fiat Panda. Alternativ dazu gibt es den mit einem Smart vergleichbaren Tazzari Sero aus Italien, den der Importeur Smiles aus dem bayerischen Aub für 23 990 Euro vertreibt.

Smiles bietet noch weitere Elektro-Gefährte an: Das von einem Liegefahrrad abgeleitete City-EL für 9990 Euro und den indischen Reva i mit zwei Sitzen für 12 990 Euro. Dem wiederum soll im letzten Quartal der Viersitzer NXR für etwa 17 000 Euro folgen. Alle diese elektrischen Minis haben Reichweiten zwischen 50 und 200 Kilometern und erreichen Geschwindigkeiten von bis 120 km/h.

Vorgaben kaum einzuhalten

Der Peugeot iOn Peugeot

«Mit diesen Fahrzeugkonzepten aus der Nische wird es kaum gelingen, die Vorgaben der Bundesregierung einzuhalten und bis zum Jahr 2020 eine Million Elektroautos auf die Straße zu bringen», schätzt Nick Margetts vom Marktforscher Jato Dynamics in Limburg. «Dafür müssen die Großserienhersteller mitziehen. Aber bis dahin brauchen wir wohl noch ein wenig Geduld.» Immerhin: Ende 2010 soll es tatsächlich losgehen. Dann kann man in Deutschland den in Japan bereits verfügbaren Mitsubishi i-Miev kaufen. Den soll es auch als Citroën C-Zero und Peugeot iOn geben. Alle drei Unternehmen nennen rund 40 000 Euro als Richtschnur.

Nissan Leaf erstmals nicht in Deutschland

Der Mitsubishi iMIEV Mitsubishi

Ebenfalls Ende des Jahres steht der Nissan Leaf bei den Händlern - allerdings nur in Irland, den Niederlanden, Portugal und Großbritannien. «Wir beginnen dort mit der Auslieferung, wo die staatliche Förderung am größten ist», erläutert Pressesprecher Michael Bierdümpfl. Danach sollen drei weitere Wellen folgen, wobei Deutschland erst in der letzten berücksichtigt werde. «Aber ab Ende 2011 kann man den Leaf dann in ganz Westeuropa kaufen.»

Bis dahin wird die Konkurrenz stärker: 2011 gilt auch als europäisches Startdatum für den elektrischen Opel Ampera und sein Schwestermodell Chevrolet Volt. Beide sollen mit einem eingebauten Notstromaggregat eine Reichweite von mehr als 500 Kilometer haben.

Bis 2012 hat allein Renault vier reine Elektrofahrzeuge von zweisitzigen Stadtflitzer im Stil der Studie Twizzy Z.E. bis zur familientauglichen Limousine auf Basis des Fluence angekündigt. Außerdem starten dann der bislang nur in einem Flottenversuch eingesetzte Smart Ed und die Mercedes B-Klasse. Für solvente Kunden soll bis dahin die über 200 km/h schnelle Limousine von Tesla fertig sein. Und wer es gerne sportlich mag, kann dann den vom Audi R8 abgeleiteten E-Tron oder den elektrifizierten Mercedes SLS kaufen.

Elektrisches VW Up 2013

Der VW Up VW

2013 will VW neben dem elektrischen Kleinwagen Up und einem batteriebetriebenen Jetta für den US-Markt auch einen Golf für Strom statt Sprit anbieten. Gleichzeitig wird BMW ein erstes rein batteriebetriebenes Fahrzeug auf den Markt bringen: Einen Kleinwagen, der bislang Mega City Vehicle oder Projekt i genannt wird.

«Zwar wird das Angebot an Elektrofahrzeugen in den nächsten zwei, drei Jahren deutlich wachsen», glaubt auch Marktforscher Nick Margetts. Aber: «Solange die Akkus nicht dramatisch günstiger werden, können Elektroautos kaum mit Benzinern oder Dieseln konkurrieren.»

Diese Befürchtung teilen viele Unternehmen - und rufen lautstark nach staatlicher Förderung. Mit ihnen ist es zum Beispiel Nissan gelungen, den Leaf sehr konkurrenzfähig einzupreisen: In Kalifornien, wo Elektroautos finanziell gefördert werden, kostet der Wagen nach Angaben des Herstellers weniger als ein Toyota Prius oder ein Honda Civic mit Hybridantrieb. Und auch in den vier europäischen Startländern drücken die Zuschüsse der Regierungen den Preis unter die Schwelle von 30 000 Euro. Ob das in Deutschland gelingt, bezweifelt Nissan-Sprecher Bierdümpfl noch: «Ohne Förderung werden wir da wohl kaum hinkommen.» (dpa/tmn)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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