Auszeit für den Klimaschutz

Kommentar

Die Autolobby hat sich angesichts des Kompromisses zum CO2-Grenzwert erneut gegen den Klimaschutz durchgesetzt. Bundesumweltminister Gabriel findet die Einigung unproblematisch – und bekommt ein Glaubwürdigkeitsproblem.

Von Frank Mertens

Den europäischen Autobauern kann man gratulieren. Sie haben sich wieder einmal gegen den Klimaschutz durchgesetzt. Nachdem sie schon den ursprünglich für 2008 zugesagten C02-Grenzwert von 140 Gramm pro Kilometer im Durchschnitt für ihre Flotte nicht eingehalten haben, haben ihre Lobbyisten in Brüssel nun eine weitere Schonfrist ausgedealt. Statt bereits 2012 müssen sie erst 2015 einen Grenzwert von 120 Gramm erreichen.

Egal für das Weltklima

Ein Kompromiss, der nicht zu kritisieren ist - findet zumindest Bundesumweltminister Sigmar Gabriel. Der SPD-Politiker findet es als oberster deutscher Klimaschützer für das Weltklima schlicht egal, ob die Autoindustrie in 2012 nur 65 - wie nun vorgesehen - oder 100 Prozent des Grenzwertes erreicht. Angesichts einer solchen Aussage wird die Klimapolitik der Bundesregierung und damit ihres Umweltministers - der in der Öffentlichkeit so gern als kompromissloser Klimaschützer auftritt - unglaubwürdig. Statt den Umweltschutz an erste Stelle ihrer Agenda zu setzen, ist die Bundesregierung vor industriepolitischen Interessen eingeknickt. Doch dieses Entgegenkommen reicht der Autoindustrie noch nicht. Sie beklagt sich in dreister Weise darüber, dass die Strafzahlungen bei der Überschreitung dieses Grenzwertes zu hoch seien und eine Ungleichbehandlung der Branche darstelle.

Das Spiel, das der der Verband der Automobilindustrie (VDA) durch ihren Cheflobbyisten Matthias Wissmann spielen lässt, ist altbekannt. Hier verweist man gern auf die Wettbewerbsfähigkeit der Branche und den Verlust von Arbeitsplätzen. Die derzeitige Finanzkrise verstärkt die Argumente der Branche. Erinnern wir uns: Schon Anfang der neunziger Jahre war von Absatzrückgang und Arbeitsplatzverlusten die Rede, als es um die verbindliche Einführung des Katalysators ging.

Zeit, die wir nicht haben

Und, was geschah? Das skizzierte Szenario trat nicht ein. Ganz im Gegenteil. Durch die Einführung des Kat wurden Umwelt- und Gesundheitsschäden vermieden. Eine ähnliche Rechnung ließe sich auch bei den C02-Grenzwerten aufmachen - doch die will man nicht zur Kenntnis nehmen. Wieso denn auch? Es geht ja nur ums Weltklima. Statt es schon heute mit allen möglichen Mitteln zu schützen, lassen wir uns damit halt noch etwas Zeit. Zeit, die der Autoindustrie von der Politik gegeben wird, die wir aber nicht haben.

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