Die Einführung des E10 hat Verunsicherung bei den Autofahrern hervorgerufen. Als Folge werden andere Benzinsorten immer knapper.
Von Georg Ismar
Mit einem eindringlichen Appell an die Autofahrer hat die Mineralölwirtschaft zum Umstieg auf das neue Bio-Super E10 aufgerufen. «Wir haben wirklich große Probleme», räumte Klaus Picard, der Hauptgeschäftsführer des Minerölwirtschaftsverbandes (MWV), am Mittwoch in Berlin ein. Verunsicherte Autofahrer meiden derzeit den neuen Bio-Sprit und sorgen damit an den Tankstellen für massive Engpässe bei den alternativen Sorten wie Super Plus mit 98 Oktan.
93 Prozent der Autos vertragen E10
Picard rief die Autofahrer auf, das Super-Benzin mit einer Beimischung von zehn Prozent Ethanol zu tanken. Nach neuen Berechnungen würden dies 93 Prozent der in Deutschland angemeldeten Autos vertragen. Er machte die Verunsicherung unzureichend informierter Verbraucher für das Problem verantwortlich.
Hintergrund für die E10-Einführung sind Regelungen von EU und Bundesregierung, mit denen höhere Biokraftstoffquoten durchgesetzt werden. Picard betonte: «Wir erfüllen nur gesetzgeberische Vorgaben.» Das Problem ist, dass die Autofahrer verstärkt 98-Oktan-Benzin mit nur fünf Prozent Ethanol (E5) tanken, welches aber nur noch in kleinen Mengen angeboten wird, um E10 mit zehn Prozent Ethanol in den Markt zu bringen. Einige Tankstellen müssten derzeit drei bis vier Mal pro Tag mit Super Plus beliefert werden, sagte Picard.
Kapazität der Raffinerien erschöpft
Die Super-Plus-Produktion könne aber nicht beliebig ausgeweitet werden, da Raffinerien laut Picard maximal 20 bis 30 Prozent 98-Oktan-Sprit herstellen können. Sollte sich die Lage nicht entspannen, müssten bereits Ende der Woche die ersten Raffinerien den Betrieb einstellen - weil sie auf randvollen Tanks mit E10 sitzen.
Der etwa aus Weizen, Rüben oder Mais gewonnene Anteil Bio-Ethanol wird erst beim Abfüllen auf die Tankwagen beigemischt. Der Grundstoff ist aber kaum ins Ausland zu verkaufen, da jedes Land spezielle Spritmischungen hat. Picard sprach von einem «Rumpfkraftstoff», der erst umgearbeitet werden müsse, was mit erheblichen Kosten verbunden sei. «Wir haben eine Balkanisierung in Europa», sagte er mit Blick auf den Flickenteppich an Vorgaben für diverse Spritmischungen.
Unbegründete Ängste
Sollte E10 ein Ladenhüter bleiben, sollen als Folge laut Picard aber nicht die Raffinerien stillstehen. Vielmehr solle dann wieder mehr herkömmliches Benzin E5 hergestellt werden, betonte Picard. Allerdings müsse die Branche eine Quote von zehn Prozent Ethanol schaffen: Für jeden zu wenig beigemischten Liter drohen Strafzahlungen von 40 Prozent. Die Bundesregierung will mit mehr Biosprit die Abhängigkeit vom Öl verringern und mehr Klimaschutz erreichen. E10 soll helfen, den Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids CO2 zu verringern.
Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands mittelständischer Mineralölunternehmen, Elmar Kühn, unterstützte Picard in dessen Werben, mehr E10 zu tanken: «Es gibt mit diesem Kraftstoff keine technischen Probleme, er ist hervorragend geeignet.» Es habe eine lange Testphase gegeben und der Bio-Sprit habe hochwertigste Qualität. «Alle Ängste, die da rumwabern, sind unbegründet.» Autofahrer sollten sich vor dem Tanken informieren, ob ihr Auto E10 verträgt. (dpa)