E-Scooter sind seit Mitte Juni in vielen Großstädten wie Hamburg und Berlin unterwegs. Seither sorgen sie für Schlagzeilen, zumeist negative.
Die Zwischenbilanz nach fast zwei Monaten fällt ernüchternd aus. Denn obwohl es klar verständliche Gesetze und Tabus in Hinblick auf die Nutzung gibt, scheint das neue Verkehrsmittel vor allem eine Freistil-Mentalität zu entfesseln. Mancherorts wird bereits über Nachbesserungen diskutiert.
Schon in der Zeit vor dem 15. Juni, also dem Tag des offiziellen Inkrafttretens der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV), war ein leicht anarchischer Umgang mit dem den E-Scootern zu beobachten. Vielerorts wagten sich Menschen bereits auf Micro-Stromer in den öffentlichen Straßenverkehr, die in der Regel illegal waren, weil sie technisch gar nicht die Voraussetzungen für den Einsatz erfüllten und außerdem ohne Kennzeichen und damit Versicherungsschutz unterwegs waren. Gelegentlich fuhren diese illegalen E-Roller zudem noch deutlich schneller als die eigentlich erlaubten 20 km/h und dabei gerne auch auf verbotenen Fußwegen.
E-Scooter fahren bereits in vielen Großstädten
Mittlerweile sind in etlichen Metropolen Deutschlands die Roller in größerer Zahl legal im Verkehr unterwegs. Allerdings gibt es viele Nutzer, die sich in Hinblick auf die Verkehrsregeln mehr Freiheiten als mit anderen Verkehrsmitteln herausnehmen. Offensichtlich wird das vor allem in Städten, in denen Anbieter wie Lime oder Voi Mietroller zur einfachen und spontanen Kurzzeitmiete bereitstellen. Anfang August hat etwa die Polizei der Stadt München eine erste Bilanz zu Verstößen und Unfällen mit E-Rollern gezogen.
So wurden in der Isarmetropole offiziell 22 Verkehrsunfälle mit E-Roller-Beteiligung registriert, bei denen 12 Personen zum Teil sogar schwer verletzt wurden. Zwar konnte man in jüngster Zeit gehäuft auch andernorts über E-Roller-Unfälle mit Personenschäden lesen, doch das Beispiel München zeigt, dass die kleinen Stromer keineswegs Todesfallen sind. Im Vergleich zur Gesamtzahl der Verkehrsunfälle in München sind die Crashs mit E-Roller-Beteiligung verschwindend klein. Aber auch einige wenige Unfälle mit Schwerverletzten zeigen, dass ihre Nutzung ein gewisses Gefahrenpotenzial mit sich bringt.
Dramatische Zahl von Alkoholfahrten
Wesentlich dramatischer war jedoch die Zahl der festgestellten Alkoholfahrten auf E-Rollern, welche die Münchener Polizei mit 418 beziffert. 251 der Delinquenten wiesen zwischen 0,5 und 1,1 Promille auf, was mit 500 Euro Geldbuße, 2 Flensburg-Punkten und einem einmonatigen Führerscheinentzug geahndet werden kann. Zudem waren gehäuft auch zu junge Kinder und Jugendliche auf E-Rollern unterwegs.
Die Promillegrenze liegt bei E-Rollern bei 0,5, die Altersgrenze bei 14 Jahren. Anders als viele Nutzer vielleicht vermuten möchten, ist der E-Roller in Hinblick auf den Alkoholgrenzwert nicht dem Fahrrad gleichgestellt, wo eine 1,6-Promille-Grenze gilt. Mittlerweile gibt es deshalb Forderungen nach einer Null-Promille-Grenze für die Nutzung von E-Scootern, wie sie etwa jüngst SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach gestellt hat.
Viel Arbeit für Polizei
Ein ähnliches Bild wie in München zeigt sich auch in Erfurt. Wie der MDR Thüringen berichtet, frohlocken Vermietroller-Anbieter wie VOI, die in den ersten Wochen bereits mehr als 10.000 Anmietungen auf ihrem Konto verbuchen konnten. Die Polizei der Stadt scheint hingegen weniger glücklich, denn auch hier wurden in erhöhtem Maße Alkoholfahrten registriert.
Ein anderes Problem betrifft die Abstellmodalitäten der Mietroller, denn in Erfurt werden diese nach Nutzung häufiger auch an ungeeigneten Orten geparkt.
Deshalb haben sich Stadt und Vermieter bereits darauf verständigt, ein Stellplatzkonzept entwickeln zu wollen. Das Beispiel Erfurt zeigt zwar, dass es wohl einen gewissen Regelbedarf gibt. Über Chaos oder Scooterberge wie etwa in Metropolen Chinas oder der USA wurde in Deutschland bislang nicht berichtet.
Wiederum zahlreich waren in Deutschland hingegen Verstöße gegen die Regeln der Verkehrsflächennutzung. Alles andere als selten werden E-Scooter auf Gehwegen und in Fußgängerzonen eingesetzt, so dass mancherorts die Roller-Rowdies bereits als Problem wahrgenommen werden. Deshalb gibt es bereits Überlegungen, unter Einbezug der ohnehin bei Mietrollern stattfindenden GPS-Ortung Zwangsbrems-Mechanismen einzuführen, sollten diese etwa in Fußgängerzonen vordringen.
Alternative zum Auto
Die E-Scooter wurden unter anderem als umweltfreundlich Alternative zum Auto gepriesen. Die Idee: Statt mit dem eigenen Pkw fahren Stadtbewohner verstärkt mit öffentlichen Verkehrsmitteln und nutzen ergänzend E-Roller. Das Hamburger Beratungsunternehmen Civity hat die Fahrgewohnheiten von Nutzern der E-Roller-Vermieter Voi und Lime ausgewertet.
Dabei zeigt sich jedoch, das E-Roller vor allem von Touristen für kurze Strecken von durchschnittlich gut zwei Kilometer angemietet werden. Damit, so die vorläufige und vorsichtige Bilanz, würden die E-Roller kaum als Alternative zum Auto genutzt, sondern konkurrieren vielmehr mit den ohnehin schon umweltfreundlichen Fußgängern und Radfahrern. (SP-X)