
Die Elektro-Skepsis erhält aktuell Auftrieb. Eine Studie zeigt nun, dass eine halbherzige Verkehrswende am Ende sehr teuer werden könnte.
Die über Nacht gestrichene Förderung, eine elektrofeindliche Stimmungsmache in Teilen der Öffentlichkeit sowie eine erstarkte Lobby für eine Aufweichung des von der EU für 2035 geplanten Verbots von Verbrennungsmotoren haben der Elektro-Skepsis neuen Auftrieb verschafft. Doch die Störfeuer gegen eine Verkehrswendepolitik könnten Deutschland teuer zu stehen kommen, zeigt eine Studie der Denkfabrik „Agora Verkehrswende“.
Die Diskussion um eine Verkehrswende ist nicht neu. Zunächst wurde sie als Gegenentwurf zur „Autogesellschaft“ verstanden. Seit einigen Jahren rückt jedoch zunehmend der Klimaschutz als zentrales Ziel in den Vordergrund. Gesetze sehen unter anderem eine Minderung der Treibhausgasemissionen um 65 Prozent bis 2030 gegenüber 1990 und Klimaneutralität bis 2045 vor.
Verkehr erreicht seit Jahrzehnten kaum Reduktion

Während es in allen für die Treibhausgasemissionen relevanten Sektoren seit 1990 gelungen ist, sich diesen Zielen deutlich anzunähern, hat der Verkehr in den vergangenen drei Jahrzehnten lediglich eine Reduktion von rund 11 Prozent erreicht. Dass der Verkehrssektor angesichts dieser Zahlen seine mittel- bis langfristigen Klimaziele verfehlen wird, gilt mittlerweile als ausgemacht. Laut Umweltbundesamt war der Verkehr im vergangenen Jahr für 22 Prozent aller Treibhausgasemissionen in Deutschland verantwortlich.
Auch die finanziellen Folgen lassen eine gewisse Dringlichkeit zum Handeln erkennen. Das Referenzszenario der Studie entspricht dem „Weiter so wie bisher“. Hier gehen die Autoren von volkswirtschaftlichen Gesamtkosten unserer Mobilität in Höhe von 9,7 Billionen Euro bis 2045 und einer Verfehlung der Klimaziele aus. Würde die Politik hingegen ab 2025 auf eine sofortige Verkehrswende und die zuvor definierten Ziele wie 15 Millionen Elektroautos bis 2030 und Klimaneutralität des Verkehrs bis 2045 hinarbeiten, wären die Kosten um 60 Milliarden Euro niedriger. Das Szenario „Wende 2030“, das ebenfalls die Klimaneutralität bis 2045 vorsieht, dann aber erst ab 2030 rigoros umsteuert und sogar Stilllegungsprogramme für Verbrenner-Pkw erfordert, würde dagegen fast 500 Milliarden Euro Mehrkosten gegenüber dem Referenzszenario und fast 400 Milliarden Euro gegenüber dem Szenario „Wende 25“ verursachen.
Zügiges Handeln wäre der günstigste Weg
Der Studie zufolge, wäre eine kurzfristig mit Nachdruck vorangetriebene Elektrowende im Automobilbereich also mittel- und langfristig in jedem Fall der günstigste Weg. Die Autoren der Studie sind sich sicher: Bei zügigem Handeln (Wende 25) könnte der Verkehr bis 2045 ohne volkswirtschaftliche Mehrkosten und bei vollem Mobilitätserhalt klimaneutral werden. Nebenbei ließen sich auf dem Weg zu diesem Ziel 590 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Was die Autoren der Studie nicht thematisieren, ist der mögliche Beitrag, den Elektroautos als Zwischenspeicher von Energie leisten könnten.
Unisono fordern Verbände und Industrie langfristig verbindliche Zusagen der Politik und stabile Rahmenbedingungen in Deutschland. Unsicherheit kann sich dagegen negativ auf den Wirtschaftsstandort auswirken, wie zwei aktuelle Beispiele zeigen. So hat der chinesische Batterieriese Svolt Ende Mai seine Pläne für eine Zellfertigung in Brandenburg verworfen. Auch ACC, ein deutsch-französisches Konsortium zur Herstellung von Batteriezellen, will seine Pläne zum Bau einer großen Fabrik in Kaiserslautern überdenken. Svolt und ACC begründen ihre Entscheidungen unter anderem mit unsicheren Marktaussichten. (SP-X)