Teurer Strom-Schlag für Fahrer von Akku-Autos

Teurer Strom-Schlag für Fahrer von Akku-Autos
Vertragskunden können bei Ionity günstig Strom tanken. Andere Kunden zahlen stolze Preise. © VW

Besitzer von E-Mobilen hatten wegen der hohen Spritkosten lange gut lachen. Doch mittlerweile sind auch die Strompreise explodiert.

Lange galt der Umstieg aufs Elektroauto in Hinblick auf die Energiekosten als lukrativ. Die heimische Wallbox lieferte die Kilowattstunde für unter 30 Cent, weshalb bei sparsamen Modellen zum Teil sogar deutlich weniger als fünf Euro pro 100 Kilometer anfielen. Auch aufgrund zwischenzeitlich kräftig steigender Spritpreise galt der Wechsel vom schmutzigen Verbrenner zum sauberen Stromer als lohnendes Investment. Doch seit vergangenem Jahr hat sich in vielen Fällen der einstige finanzielle Vorteil ins Gegenteil verkehrt.

Vor allem für Laternenparker sind die Energiekosten der sauberen E-Mobilität explodiert. Auch Langstreckenfahrer wären aktuell oftmals besser dran, wenn sie mit Diesel statt mit Strom fahren würden. Noch gibt es Potenziale, mit einem E-Auto seine Energiekosten niedrig zu halten. Doch heben können sie längst nicht alle. Für viele, so steht zu befürchten, dürfte das E-Auto deshalb aus finanzieller Sicht zunehmend unattraktiv werden.

Vor zehn Jahren noch 25 Cent je Kilowattstunde

Die Elektro-Ikone i3 kostete bei 12 kWh Strom zu 25 Cent vor zehn Jahren drei Euro auf 100 Kilometer. Foto: BMW

Gut zehn Jahre ist es her, als die E-Mobilität mit neuen Modellen wie Tesla Model S oder BMW i3 allmählich Fahrt aufgenommen hat. Die Elektro-Ikone i3 zum Beispiel verursachte mit einem Verbrauch von rund 12 Kilowattstunden bei einem damaligen Preis von 25 Cent pro kWh rund gut drei Euro Energiekosten auf 100 Kilometer. Ein Benziner mit dem Leistungsniveau eines i3 verbrauchte um sieben Liter, was angesichts von damaligen Spritpreisen um 1,60 Euro pro Liter rund dreifach höhere Energiekosten verursachte.

Autoexperten und Hersteller von E-Autos rechneten damals gerne vor, wie schnell sich die Mehrinvestition in ein elektrisch angetriebenes Modell amortisieren kann. Doch damit ist es nun vorbei. In den letzten 10 Jahren sind die Preise für Benzin lediglich geringfügig gestiegen. Zwischenzeitlich kletterten die Spritpreise vergangenes Jahr aufgrund der Ukraine-Krise zwar in schwindelerregende Höhen, doch seit Ende 2022 bewegen sich die Benzinpreise in Deutschland nur leicht über dem Jahresmittel von 2012. Anders sieht es bei Preisen für Strom aus. Laut Verivox-Verbrauchspreisindex kostete die Kilowattstunde Ende 2012 im Bundesdurchschnitt noch 24,93 Cent. Zehn Jahre später waren es 43 Cent, was einem Plus von 72 Prozent entspricht. In einigen Fällen, etwa beim Kölner Unternehmen Rheinenergie, wurde Anfang 2023 der Preis der Kilowattstunde in der Grundversorgung von 31 auf sogar 55 Cent angehoben, ein Plus von 77 Prozent. Allerdings auf einem Schlag.

Verschärfend kommt hinzu, dass die Zahl verbrauchsintensiver E-Autos am Markt wächst. Ein Grund dafür sind zunehmend größere Batterien für größere Reichweiten. Das ist der Alltagstauglichkeit zwar zuträglich, doch viele BEV-Modelle entfernen sich damit vom Verbrauchsideal eines BMW i3. 20 kWh pro 100 Kilometer sind in der Praxis mittlerweile eher Regel denn Ausnahme. Ist man im Winter auf der Autobahn mit noch moderaten 120 km/h und aktivierter Klimaanlage unterwegs, sind auch 30 kWh pro 100 Kilometer keineswegs abwegig. Da geht schon mit Strom aus der heimischen Wallbox der einstige Kostenvorteil verloren.

Am Schnelllader kann es richtig teuer werden

Im Trend liegen verbrauchsintensive E-Autos mit großen Batterien für viel Reichweite. Foto: Mercedes-Benz

Sogar richtig teuer kann es werden, wenn man unterwegs tanken muss. Das gilt vor allem an den mittlerweile entlang von Autobahnen zahlreich vorhandenen Schnellladesäulen. Der dort angebotene Gleichstrom ist seit jeher teurer als der Strom aus AC-Ladern oder der heimischen Wallbox. Hinzu kommt ein intransparenter Markt für Ladesäulen-Fahrstrom. Nicht jeder E-Auto-Fahrer hat für jede Konstellation den optimalen Roaming-Vertrag. In extremen Fällen kann es passieren, dass man bei exotischen Anbietern für eine Kilowattstunde sogar bis zu 1,00 Euro zahlen muss, wie eine aktuelle Recherche über die App Ladefuchs zeigt. Doch auch bei großen Fahrstrom-Anbietern wie EnBW wurden die zuvor noch moderaten Preise Mitte Januar deutlich erhöht.

Wer zum Laden die EnBW-App „mobility+“ mit Basistarif nutzt, muss an nicht von EnBW betriebenen Ladesäulen statt 45 Cent nun für die Kilowattstunde 65 Cent zahlen. An den Autobahn-Schnellladern von Ionity bleibt es hingegen bei den ohnehin schon happigen 79 Cent. Ob nun 65, 79 oder 98 Cent – mit einem verbrauchsintensiveren E-Auto können auf langer Fahrt leichthin 20 Euro oder mehr Energiekosten pro 100 Kilometer anfallen. Das ist in etwa doppelt so viel, wie man derzeit für einen vergleichbaren modernen Diesel-Pkw zahlen muss.

Wer weiterhin günstig elektrisch fahren will, sollte sich deshalb bei der Wahl des Modells vor allem über deren Praxisverbräuche informieren. Hier gibt es mittlerweile große Unterschiede. E-Autonutzer sind außerdem gut beraten, wenn sie im deutschen Fahrstrom-Tarif-Dschungel immer mal wieder nach günstigeren und für sie passenderen Angeboten suchen. Flexibilität und mehrgleisige Strategien können dabei nicht schaden. Innerhalb des Ionity-Netzwerks werden zum Beispiel über Autohersteller wie Audi, Hyundai oder Mercedes gesonderte Konditionen angeboten, bei denen weiterhin kWh-Preise von 29 Cent möglich sind.

Die noch bessere Alternative ist kostenloser Fahrstrom. Zu diesen Anbietern gehörte bis vor kurzem auch die Schwarz-Gruppe mit Lidl und Kaufland. Ende 2022 wurde allerdings hier auf ein Bezahlmodus umgestellt. Mittlerweile sind nur noch wenige Anbieter kostenlosen Fahrstroms übrig – wie etwa Aldi Süd. Eigentlich ist das Angebot für Supermarkt-Kunden gedacht, doch mittlerweile kommen viele Tankgäste, zum Teil sogar täglich, um kostenlosen Fahrstrom abzugreifen. Sie belegen längerfristig den Ladeplatz, während mancher Aldi-Kunde leer ausgeht. Insofern sollte es nicht wundern, wenn auch dieses Kostenlos-Angebot bald eingestellt wird.

Anders als etwa bei den Spritpreisen, die nach Rekordhöhen im Frühjahr 2022 wieder deutlich gesunken sind, ist eine Entspannung am Strommarkt und eine Rückkehr zu alten Preisen zumindest mittelfristig nicht zu erwarten. Wohl auch deshalb gilt mittlerweile die Solaranlage als das probateste Mittel, die Kosten für Fahrstrom zu senken. (SP-X)

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