E-Auto: Der Biss ist das Risiko – nicht der Brand

E-Auto: Der Biss ist das Risiko – nicht der Brand
Ein Marderbiss kann in einem E-Auto bis 7000 Euro teure Schäden verursachen. © Hyundai

Ein Defekt an Akku oder Kabelbaum ist bei billigen E-Autos meist ein Totalschaden. Das macht den Marder noch unangenehmer.

Wenn Elektroautos im Schadenfall spektakuläre Bilder produzieren, dann meistens durch helle Flammen. Die brennende Batterie gilt gemeinhin als besondere Gefahr der neuen Mobilität. Manche Interessenten zögern genau deswegen noch, ein Auto mit Hochvolt-Antrieb zu kaufen. Carsten Reinkemeyer kann da allerdings entwarnen. Nach einer neuen Auswertung des Leiters der Sicherheitsforschung im Allianz Zentrum für Technik (AZT) „geraten Elektroautos nicht öfter in Brand als alle anderen.” Und das heißt: sehr selten. In Deutschland werden jährlich gerade einmal rund 15.000 Pkw-Brände gemeldet – 99 Prozent davon sind Benziner oder Diesel.

Feuerwehrleute wünschen sich zwar besser zugängliche Batterien oder spezielle Löschöffnungen, damit nicht jede entzündete Batterie gleich in speziellen Containern ausgekühlt werden muss. Aber grundsätzlich betonen Brandexperten, dass sie auch brennende E-Autos im Griff haben.

Der Kunde allerdings muss nach der Studie statt dem Funken eher einen kleinen tierischen Angreifer fürchten, wenn es um den Totalschaden geht: „Hochvoltkabel kann man nicht so einfach tauschen, wenn da ein Marder reinbeißt”, erklärt Reinkemeyer. Ist auch nur ein Kabel angegriffen, muss darum meist der ganze Kabelsatz ausgetauscht werden. Und das koste mindestens 7000 Euro, oft auch mehr.

Akku macht 30 Prozent der Gesamtkosten aus

Der zerbissene Kabelsatz im VW e-Up, Renault Zoe oder Dacia Spring bedeutet vermutlich Totalschaden. Foto: Dacia

Die Folge: Je günstiger ein E-Auto, desto weniger lohnt eine Reparatur. Der zerbissene Kabelsatz im VW e-Up, Renault Zoe oder Dacia Spring bedeutet vermutlich einen Totalschaden, beim Audi etronGT oder Tesla Model S rechnet sich der Austausch. „Und das Problem wird noch größer, wenn ältere Gebrauchte angegriffen werden”, so der Schadenforscher.

Weiteres hohes Risiko ist jede Beschädigung an oder im Akku. Denn die macht bei einem Elektroauto wertmäßig rund 30 Prozent der Gesamtkosten aus. „Die Batterien werden zwar sehr gut geschützt, aber auf Reparaturfreundlichkeit wird dabei noch zu wenig Wert gelegt”, so der Experte. Zudem gibt es technische Vorgaben, die etwa bei manchen Herstellern verlangen, bei jedem Auslösen des Airbags in der Folge auch den Akku zu tauschen. Da es aber noch keinen Markt für Gebrauchtbatterien gebe, bedeutet auch das oft den wirtschaftlichen Totalschaden. Auch darum seien E-Autos im Schnitt rund zehn Prozent teurer in der Versicherung als vergleichbare Verbrenner.

Reparatur bislang nur in Fachwerkstätten

Was den durchschnittlichen Schaden am E-Auto rund 30 Prozent höher treibt als beim Verbrenner: Die Fahrzeuge sind wegen der Hochvolt-Technologie nur in wenigen Werkstätten zu reparieren – und meistens nicht günstig um die Ecke. Daran dürfte sich wohl erst etwas ändern, wenn mehr ältere Elektroautos im Markt unterwegs seien. Nach einer Bergung entstehen dadurch zusätzliche Kosten durch die notwendige Brandvorsorge. Das E-Auto muss in der Werkstatt erst mal in Quarantäne.

Aber die Unfall-Experten erwarten keine unendlich steigende Kostenspirale bei den E-Autos. Die Fahrzeuge werden im Schnitt günstiger und gerade die Massenhersteller optimieren die Reparaturfreundlichkeit. Manchmal bringen schon einfache Maßnahmen große Ersparnisse: Einige Hersteller, so Reinkemeyer, schützen etwa ihre Hochvolt-Kabel inzwischen mit extradicken Ummantelungen. Daran beißt sich der Marder die Zähne aus. Und die Reparatur kostet nur noch 200 statt 7000 Euro. (SP-X)

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