Viele Diesel-Freunde hoffen auf Designer-Sprit wie HVO100. Mit den aufbereiteten Pflanzenölen soll sich die Klimabilanz verbessern.
Der Bund hat den Weg für neue Bio-Kraftstoffe frei gemacht. Neben höher konzentriertem Bio-Diesel B10 darf nun auch der Designer-Sprit HVO100 verkauft werden. Anbieter und Befürworter werben mit besonderer Klimafreundlichkeit. Fragen und Antworten zur neuen Mineralöl-Alternative.
HVO100 ist eine synthetische Diesel-Alternative und zählt zu den XtL-Kraftstoffen, die aus verschiedenen Ausgangsstoffen („X“) gewonnen werden. In diesem Fall handelt es sich um hydrierte Pflanzenöle, was sich wiederum in dem Kürzel „HVO – „Hydrotreated Vegetable Oils“ wiederfindet. Die nachgestellte Zahl gibt an, dass es sich um 100 Prozent reinen HVO-Kraftstoff handelt. Alternativ wird HVO-Diesel auch unter der Bezeichnung C.A.R.E. vertrieben. Weitere Namensvarianten heißen NExBTL, NesteMy oder Renewable Diesel. Fachsprachlich kann man auch von paraffinischen Dieselkraftstoffen reden.
Keine Konkurrenz mit Nahrungsmitteln
Ausgangsstoff bei der Herstellung sind beliebige Pflanzenöle, etwa das auch in der Küche eingesetzte Rapsöl, aber auch Rest- und Abfallstoffe wie altes Frittenfett. Die deutschen Anbieter nehmen für sich in der Regel in Anspruch, ausschließlich letzteres zu verwenden. Eine Konkurrenz mit der Nahrungsmittelproduktion soll so ausgeschlossen sein. Zunächst werden die Öle gereinigt und dann bei hohen Temperaturen und unter hohem Druck in einer Reaktion mit Wasserstoff in Kohlenwasserstoffe umgewandelt, die denen von konventionellem Diesel ähneln. Der Wasserstoff wiederum wird idealerweise mit Hilfe erneuerbarer Energien durch Elektrolyse hergestellt.
Anbieter und Hersteller von HVO-Diesel werben mit möglichen CO2-Einsparungen von 95 Prozent im Vergleich zu Mineralöl-Diesel. Diese resultieren vor allem aus der bilanziellen Klimaneutralität von Pflanzenöl – verbrannt wird nur so viel Kohlenstoff wie vorher beim Wachstum eingelagert wurde. Positiv auf die Bilanz wirkt sich auch aus, wenn Designer-Diesel aus Reststoffen hergestellt wird. Dann stehen zum einen Tank und Teller nicht in Konkurrenz, zum anderen lassen sich die Umwelteinwirkungen des Rohstoffanbaus herausrechnen. Welchen CO2-Fußabdruck genau das an der konkreten Zapfsäule erhältliche HVO100 hat, lässt sich für den Verbraucher nicht erkennen.
Bei der Verbrennung von HVO entstehen grundsätzlich die gleichen Abgase wie bei Mineralöldiesel, darunter Stickoxide, Kohlenmonoxid und Partikel. Die Hersteller nehmen für sich allerdings in Anspruch, dass die Menge der Schadstoffe geringer ausfällt. Erste unabhängige Messungen bestätigen das. HVO selbst ist ein wassergefährdender Stoff und darf genau wie Mineralölsprit nicht in die Umwelt gelangen.
Teuerster Bio-Sprit an der Zapfsäule
Der Frittenfett-Diesel dürfte auf absehbare Zeit der teuerste Bio-Kraftstoff an der Tankstelle bleiben. Vor allem wegen der hohen Produktionskosten liegt der um 15 bis 20 Cent über dem von konventionellem Diesel, weshalb sich die Hersteller mit dem Hinweis auf die beworbenen Klimafreundlichkeit für Steuervergünstigungen einsetzen. Zielkunden sind vor allem gewerbliche Nutzer und die Speditions- und Logistikbranche, die bereit sind, für die Verkleinerung des eigenen CO2-Fußabdrucks zu zahlen.
Chemisch gesehen ist der Designer-Sprit konventionellem Diesel sehr ähnlich, so dass keine Probleme mit der Verträglichkeit zu erwarten sind. Allerdings sollten Autofahrer sicherheitshalber die Freigabe durch den Hersteller abwarten. Einzelne haben diese schon erteilt, vor allem der VW-Konzern war schon sehr aktiv. Informationen dazu gibt es auf den Internetseiten der Unternehmen oder bei der Deutschen Automobil-Treuhand (www.dat.de/b10-xtl).
Bislang ist die Zahl der HVO-Tankstellen in Deutschland klein. In anderen Ländern, wo der Einsatz gefördert wird, ist der neue Diesel häufiger in Reinform zu finden, insgesamt gibt es in Europa aber nur rund 2.300 Tankstellen. Ob und wie schnell die Zahl steigen wird, hängt vor allem von der Akzeptanz des Kraftstoffs ab. Eine Verpflichtung die neuen Kraftstoffe anzubieten, gibt es nicht. (SP-X)