Elektroautos sind in China noch eine Randerscheinung. Doch das soll sich mit einem Förderprogramm der Regierung ändern. Davon will auch Daimler profitieren und bringt mit seinem Joint-Venture-Partner BYD den Denza auf den Markt.
Von Frank Mertens
Noch spielt Elektromobilität in China eine untergeordnete Rolle. Doch das soll sich ändern. Denn nach einer im Juli erfolgten Ankündigung der Nationalen Entwicklung- und Reformkommission (NDRC) sollen bis zum Jahr 2016 mindestens 30 Prozent der von Behörden gekauften Neuwagen mit Elektro- oder Hybridantrieb angetrieben werden.
Davon will auch der Autobauer Daimler mit seinem chinesischen Joint-Venture-Partner BYD profitieren. Bereits im September bringt das Gemeinschaftsunternehmen mit dem Denza das erste für den chinesischen Markt entwickelte Elektroauto auf den Markt bringt. Zunächst wird der Denza in Shanghai, gefolgt von Peking und Shenzen zu den Händlern rollen. Am Dienstag hatten Journalisten im Beisein von Daimler-China-Vorstand Hubertus Troska und BYD-Chef Wang Chuanfu in Shenzhen die Gelegenheit, den Denza bei einer Mitfahrt zu erleben.
"Daimler bewegt sich konstant hin zur emissionsfreier Mobilität und mit dem Denza befinden wir uns in China auf dem richtigen Weg", sagte Troska. Wie der Manager hinzufügte, sei China auf dem Weg zum weltweit wichtigsten Markt für Elektro-Autos und mit dem Denza würde man den chinesischen Kunden "das sicherste, zuverlässigste und komfortabelste Elektroauto" anbieten.
Hohe Zuschüsse für heimische E-Autos
Dass der Denza in China entwickelt und auch bei BYD in Shenzhen produziert wird, ist für die Absatzperspektive dieses E-Autos von entscheidender Bedeutung. Denn die chinesische Regierung gewährt für den Kauf von Elektroautos staatliche Zuschüsse nur dann, wenn das Auto auch im Land produziert wird. "Dass wir ein lokal entwickeltes und auch hier produziertes Auto auf den Markt bringen, ist ein enormer Vorteil, um Erfolg zu haben", so Troska weiter. Welchen Absatz man mit dem Denza plane, sagte Troska indes nicht.
Für importierte Fahrzeuge werden hohe Importzölle fällig. Wie die deutschen Autobauer derzeit auch mit Blick auf die Untersuchungen der Kartellwächter wegen Preisabsprachen bei Ersatzteilen feststellen (Troska: "Wir kooperieren mit den Behörden"), gelten für sie auch bei der E-Mobilität strenge Regeln: Geschäfte machen nur die Hersteller, die über einen Joint-Venture-Partner verfügen.
Bis zu 14.000 Euro Kaufanreiz
Mit Blick auf den Denza bedeutet dies, dass der Kunde für den mit rund 43.000 Euro (369.000 Renminbi) in der Preisliste stehenden Fünfsitzer etwas mehr als 14.000 Euro staatliche Zuschüsse erhalten kann. Zugleich müssen die Käufer eines E-Autos in China in Shanghai und Shenzen auch keine Zulassungsgebühr bezahlen und kommen landesweit in den Genuss eines zehnprozentigem Steuernachlasses. Mit diesem Anreizsystem will die chinesische Regierung das Verkehrs- und insbesondere Umweltproblem in den smogbelasteten Millionenstädten mildern.
Die Ziele der Chinesen sind ambitioniert: Bis 2020 sollen fünf Millionen E-Autos auf Chinas Straßen unterwegs sein. Im Vergleich: Die deutsche Regierung plant bis dahin mit einer Million Fahrzeuge – und wird dieses Ziel aufgrund fehlender Kaufanreize aller Wahrscheinlichkeit nach verfehlen. Troska hält das Ziel der chinesischen Regierung zwar für ambitioniert, aber erreichbar. Der Manager verweist dabei auf die rasante Entwicklung des chinesischen Automarktes in den zurückliegenden Jahren und das aktuelle Förderprogramm.
Damit versucht die Regierung, das Thema mit Nachdruck zum Erfolg zu führen. So sieht der Plan des NDRC auch vor, dass staatliche Stellen Parkplätze nur für Autos mit alternativen Antrieben anbieten und man achte seitens der Behörden auch darauf, dass auf diesen Parkplätzen auch nur E-Autos parken würden, so Troska. Trotz dieser Anreizsysteme nimmt die E-Mobilität in China bisher nur langsam Fahrt auf. 2012 wurden auf Chinas Straßen gerade einmal 27.400 E-Autos zugelassen, 2013 waren es 18.000 Neuzulassungen. Doch die Tendenz zeigt nach oben. "In den ersten sechs Monaten dieses Jahres gab es bereits 20.000 neu zugelassene Elektroautos", stellte BYD-Chef Wang Chuanfu zufrieden fest. Das Gros dieser Zulassungen entfiel indes primär auf Busse, Taxen oder Leihautos als auf das Privatkundengeschäft. Dennoch zeigt sich der BYD-Chef zuversichtlich, auch viele Privatkunden mit dem Denza zu erreichen, "vor allem in Shanghai und Peking."
Komfortabler Fünfsitzer
Der Denza bringt alles mit, um Privatkunden von der E-Mobilität zu überzeugen. Denn der Denza bietet mit einer Länge von 4,62 Metern, einer Breite von 1,64 Metern und einer Höhe von 1,85 Metern ein ausgesprochen gutes Raumgefühl, bei dem selbst Großgewachsene im Fond auch aufgrund eines Radstandes von 2,88 Metern ausgesprochen komfortabel reisen können. Ein Kofferraumvolumen von 470 Litern dürfte dabei auch Familien als Zielgruppe ansprechen. Denn der chinesische Kunde denke auch sehr pragmatisch, wie ein Denza-Entwicklungsingenieur sagt.
Der frontangetriebene Denza verfügt über einen in der Spitze 86 kW starken Elektromotor, der eine Reichweite von über 300 Kilometer bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 60 km/h ermöglichen soll. Die Lithium-Ionen-Batterie des Denza bringt es auf eine Leistung von 47,5 kW/h. So unterwegs, beschleunigt der Denza in 4,5 Sekunden auf Tempo 60, 14 Sekunden vergehen bis Tempo 100. Der Denza erweist sich dabei mit Blick vom Beifahrersitz als voll alltagstaugliches Auto – und ein wenig auch als Spaßbringer. Denn sein maximales Drehmoment von 290 Nm liegt sofort an und schiebt das fast 2,1 Tonnen schwere Fahrzeug kraftvoll nach vorn – und das zumindest lokal emissionsfrei. "Mit dem Denza machen wir große Schritte hin zu einer nachhaltigen Entwicklung in und für China", sagte BYD-Chef Wang Chanfu. Der Verbrauch auf 100 Kilometern soll sich auf unter 18 kW/h belaufen. Damit lassen sich im Denza 100 Kilometer für unter 2,40 Euro zurücklegen.
Sind die Batterien leer, dann dauert es an einer öffentlichen Steckdose mit einer Leistung von 3,3 kw 15 Stunden, bis sie wieder aufgeladen sind. An einer Wallbox, die Daimler seinen Kunden ebenso anbietet, vergehen bei einer Leistung von 7 kW sieben Stunden. Das Problem in China besteht jedoch mit Blick auf die E-Mobilität nicht nur darin, dass es zu wenig Ladestationen gibt, sondern dass auch kein einheitlicher Standard für die Stecker besteht. Hier befände man sich aber in intensiven Gesprächen mit den Behörden, so Troska. Der Erfolg der E-Mobilität hängt wie auch in Europa entscheidend von der Infrastruktur ab. BYD-Chef Chunanfu möchte dieses Problem indes nicht zu hoch hängen. Von den Kunden, die sich für einen Denza entscheiden, würden auch alle zu Hause über eine entsprechende Steckdose zum Aufladen verfügen, sagt er.