Auf der Consumer Electronic Show in Las Vegas spielt die Vernetzung zwischen Auto und mobilen Endgeräten eine wichtige Rolle. Daimler-Chef Dieter Zetsche präsentierte dabei seine Visionen von vernetzter Mobilität.
Von Frank Mertens
Die Zeiten, in denen ein Auto schlichtweg nur ein Auto war, das einen bequem von A nach B bringen sollte, neigen sich dem Ende zu. Geht es nach den Autobauern, sollen die Fahrzeuge mehr sein als nur ein bloßes Transportmittel. Das Auto von morgen wird neu gedacht werden, in allen seinen Facetten – bis hin zur dritten Dimension.
Was sich heute noch wie Science-Fiction anhört, beschäftigt Forscher weltweit. Autonomes Fahren oder fliegende Autos sind Zukunftsmusik, aber irreal sind sie nicht. Zumindest die Technik für autonomes Fahren funktioniert beispielsweise bei Daimler schon recht ordentlich, auch wenn es am Ende nur der Unterstützung des Fahrers beispielsweise in einem Stau dienen soll. Und mit Blick auf die dritte Dimension pumpt die EU seit Beginn 2011 vier Millionen Euro in das Forschungsvorhaben "Mycopter".
Daimler zeigt seine Vision von vernetzter Mobilität
Bei diesem EU-Projekt versuchen die Wissenschaftler, das Beste aus zwei Welten zu verbinden - die Mobilität am Boden und in der Luft. Am Ende der Forschungen könnten verschiedenartige Luftfahrzeuge stehen, die die Forscher PAVs (Personal Aerial Vehicle) nennen, dazu würden dann auch fliegende Autos gehören. Diese Anstrengungen sollen die Mobilität in eine dritte Dimension führen. Einer Dimension, die noch ganz weit weg erscheint, über die man aber bereits heute nachdenken müsse, wie Daimler-Chef Dieter Zetsche am Dienstag (Ortszeit) auf der Consumer Electronic Show in Las Vegas sagte.
Fliegende Autos gibt es auf der CES zwar nicht zu sehen, auch nicht in Modellform, doch auf der weltgrößten Consumer Elektronik Show steht neben der Präsentation neuer Tablet-Computer und noch leistungsstärkerer Smartphones auch das Automobil im Fokus des Interesses. Auf der CES geht es darum, wie das Fahrzeug mit mobilen Endgeräten zum Vorteil des Fahrers vernetzt werden kann. Mit dabei ist auch der Daimler-Konzern, der seine Visionen von vernetzter Mobilität präsentiert.
"Hier auf der Consumer Electronic Show in Las Vegas betrachten einige das Auto als Beiwerk zur Unterhaltungselektronik. Umgekehrt hatten auf der Automesse in Detroit viele die Consumer Electronics für bloßes Beiwerk zum Auto. Doch beide Sichtweisen gehen am springenden Punkt vorbei", sagte Zetsche, der direkt von der Autoshow in Detroit in die Spielerstadt in Nevada gekommen war. So wie ein Smartphone längst nicht mehr nur zum Telefonieren genutzt würde, könne auch ein Auto mehr sein als nur ein Transportmittel. "Gerade an den Schnittstellen von Kommunikation und Mobilität schlummern riesige Innovationspotenziale. Die wollen wir heben."
Mercedes bringt Facebook ins Auto
Die Stuttgarter haben damit bereits begonnen. Bereits heute würde Mercedes mit seiner Telematik-Strategie „@yourCommand“ seine Modelle zu einer "mobilen Kommunikationszentrale" machen. Die Insassen hätten so jederzeit die Möglichkeit, dass Internet und mobile Dienste durch eine intelligente Integration des Smartphones mit dem Fahrzeug zu nutzen. Entsprechend kann der Mercedes-Fahrer, wenn er denn unbedingt auch im Auto auf Facebook nicht verzichten will, dieses soziale Netzwerk aufrufen.
Durch den Einsatz einer konsequent cloudbasierten Lösung stelle Mercedes sicher, stets auf Augenhöhe der "schnellen Entwicklung der Smartphone- und Computerwelt" zu sein. "Wir brauchen für die Entwicklung eines neuen Autos sieben Jahre, die Elektronikbranche für ein neues Produkt sieben Monate. Durch die Cloud sind wir immer auf der Höhe der Zeit."
Zetsche gab in Las Vegas dann auch einen Ausblick in die Zukunft, bei dem das Auto zu einem "mitdenkenden, intelligenten Mobilitätspartner" werden soll. "Das intelligente Auto kommuniziert nicht nur mit dem Fahrer, sondern auch mit anderen Verkehrsträgern und seinem gesamten Umfeld, um alle relevanten Informationen augenblicklich für die Fahrt auswerten und umsetzen zu können." Hier geht es also nicht primär um das Entertainment und den Austausch von zuweilen Belanglosigkeiten auf Facebook, sondern um die Fahrsicherheit.
Komplette Windschutzscheibe als Head-up-Display
Dabei wird die Windschutzscheibe zu einem kompletten Head-up-Display, bei dem das Armaturenbrett als Displayband erscheint, auf dem alle Informationen zur Umgebung des Fahrzeuges angezeigt werden. Das bedeutet beispielsweise, dass an Kreuzungen herannahende Fahrzeuge in der Windschutzscheibe eingeblendet werden, damit der Fahrer sich rechtzeitig auf mögliche Gefahrensituationen einstellen kann. "Unsere Vision ist das unfallfreie Fahren", betont Zetsche. In zehn Jahren könne aus dieser Vision Realität werden. Doch dafür sei es erforderlich, dass die Fahrzeuge miteinander kommunizieren, sich gegenseitig vor Gefahrensituationen wie beispielsweise Aquaplaning oder ähnliches informieren.
Das von Mercedes vorgestellte System - eines auf der ganzen Windschutzscheibe angebrachten Head-up-Displays – das mit Gesten seitens des Fahrers oder Beifahrers gesteuert wird, soll übrigens auch mit seiner Umwelt interagieren können. Das bedeutet, dass beispielsweise Informationen zu Sehenswürdigkeiten, Orten oder auch freien Parkplätzen im Auto angezeigt werden können. Das nervige Herumkurven in Großstädten bei der Parkplatzsuche entfällt. Als positiver Nebeneffekt wird auch der Kraftstoffverbrauch gesenkt.
Mobiles Internet auch für Carsharing hilfreich
Wer möchte, der kann sich im Infotainment-System über den Menüinhalt Social natürlich auch anzeigen lassen, wo sich die Freunde aus seinem sozialen Netzwerk gerade befinden. Doch gemessen an den Möglichkeiten der vernetzten Mobilität ist dies nicht mehr als ein nettes Gimmick. Wie wichtig die Vernetzung zwischen Consumer Electronics und dem Automobil sei, zeige auch das Projekt Car2Go. Erst durch das mobile Internet sei ein derartiges neues Mobilitätskonzept wie Car2Go oder die Mitfahrzentrale Car2Gether überhaupt möglich gewesen.
So kann der Nutzer dieses Carsharing-Angebots über sein Smartphone abrufen, wo sich das nächste Auto befindet und so Zugriff auf das Fahrzeug bekommen. Zukünftig werden sich in einem Mercedes übrigens noch schneller Anwendungen von Google wiederfinden. So gaben beide Unternehmen am Rande der CES bekannt, ihre Zusammenarbeit zukünftig weiter zu vertiefen.