Dieter Zetsche fordert auf dem Weg zum autonom fahrenden Fahrzeug eine schnelle Umsetzung der Wiener Konvention für den Straßenverkehr in die nationale Gesetzgebung. Die USA seien hier weiter als Deutschland, sagte der Daimler-Chef.
Daimler-Chef Dieter Zetsche hat am Donnerstag auf dem Autogipfel vom "Handelsblatt" in München mit Blick auf autonom fahrende Autos eine schnelle Umsetzung der im März diesen Jahres modifizierten Wiener Konvention für den Straßenverkehr in die nationale Gesetzgebung gefordert. „Das Auto ohne Fahrer ist juristisch gesehen noch Zukunftsmusik – aber hochautomatisierte Technologien haben laut internationalem Verkehrsrecht freie Fahrt. Die Betonung liegt auf international - denn die Umsetzung in nationales Recht lässt – gerade auch in Deutschland – auf sich warten“, sagte Zetsche.
Vor diesem Hintergrund verwies der Daimler-Chef auf die USA, wo autonom fahrende Fahrzeuge bereits im öffentlichen Straßenverkehr unterwegs sind. „Während hierzulande noch geredet wird, fahren uns die USA davon: Nevada ist längst nicht mehr der einzige Bundesstaat, in dem autonome Autos auf die Highways dürfen“, betonte Zetsche. Deshalb testet der Konzern seine Autos auch in den USA.
Ethischer Handlungsrahmen notwendig
Angesichts vieler offener Fragen wie mit der Haftung („Die S-Klasse übernimmt bis auf weiteres jedenfalls keine Punkte in Flensburg“) oder dem Datenschutz mahnte Zetsche ein Umdenken an. „Sicher ist, dass wir für das autonome Fahren dringend einen ethischen Handlungsrahmen brauchen, der international für die gesamte Branche gilt. Und gerade in Deutschland kann man nicht oft genug betonen: Dafür brauchen wir nicht nur die Fähigkeit zur Innovation, sondern auch die Offenheit für Innovation.“
Wie Zetsche mit Blick auf die Datensicherheit sagte, wolle man „den Fahrer unterstützen, nicht überwachen“. Deshalb sei Transparenz bei Daimler das oberste Gebot. „Jeder kann und soll selbst entscheiden, welche Daten er weitergeben will. Wir wiederum tun alles, damit die Daten unserer Kunden bei uns sicher sind.“
Datenschutz wird in Entwicklung berücksichtigt
Dazu gehöre beispielsweise, dass bereits bei der Produktentwicklung dem Datenschutz höchste Priorität eingeräumt würde, hohe Standards zur Informationssicherheit- und verschlüsselung eingehalten würden und eigene sogenannte Security Office jede Baugruppe nach Sicherheitslücken überprüfen und auch externe Hackerangriffe simuliert würden.
Der Daimler-Konzern hat im Vorjahr in einer Mercedes S-Klasse bereits eine Strecke von knapp über 100 Kilometer autonom zurückgelegt und gerade auf der IAA Nutzfahrzeuge den Future Truck 2025 vorgestellt. Diese beiden Beispiele würden belegen, so Zetsche, dass das autonome Fahren bereits technisch weit fortgeschritten sei und es nicht mehr eine Frage des „Ob“, sondern nur noch des „Wann“ sei.
Unter der Hersteller ist mittlerweile ein Wettrennen um die Führungsrolle beim autonomen Fahren entbrannt, dem Zukunftsthema in der Autobranche schlechthin. Doch nicht nur Autobauer und Zulieferer mischen dort kräftig mit, sondern auch der Suchmaschinen-Gigant Google, der im Mai seinen autonom fahrenden Prototypen vorgestellt hat. «Mit unserem autonom fahrenden Testfahrzeug haben wir schon viele 100.000 Kilometer unfallfrei auf öffentlichen Straßen zurückgelegt», sagt Jens Redmer von Google Deutschland. Einfach einsteigen und gefahren werden, vielleicht sei das schon in rund zehn Jahren möglich, hofft Redmer.
Während das Google-Auto ohne Lenkrad, Brems- und Gaspedal auskommt, ist dies bei den etablierten Herstellern nicht vorstellbar. "Menschen wollen Wahlfreiheit am Steuer und selber entscheiden, wann sie an den Auto-Piloten übergeben und wann nicht", betonte Zetsche und fügte hinzu, dass bei Mercedes "Lenkrad, Gas- und Bremspedal auch weiterhin Teil der Grundausstattung" bleiben würden. "Im Umkehrschluss heißt das für autonome Funktionen: Nichts muss, alles kann. Immer vorausgesetzt, natürlich, dass man auch darf." (AG/FM)