Hermann: «Die Mobilitätswende ist möglich»

Evangelischer Kirchentag

Hermann: «Die Mobilitätswende ist möglich»
Der Baden-Württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann © AG/Mertens

Die Mobilität muss sich angesichts der Endlichkeit fossiler Energien ändern. Doch was bedeutet das für die Verkehrspolitik? Darum ging es am Donnerstag auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag in Stuttgart.

Von Frank Mertens

Verkehrspolitik in einem Land der Autoindustrie wie Baden-Württemberg zu machen, birgt eine Menge Konfliktpotenzial. Das musste auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) erkennen, als er sich nach seinem Amtsantritt am 12. Mai 2011 mit seiner Forderung nach weniger Autos den Zorn der Autolobby zuzog. Doch das hielt die Landesregierung unter ihrem grünen Verkehrsminister Winfried Hermann seither nicht davon ab, auf eine nachhaltige Verkehrspolitik zu setzen.

"Man kann auch mit grünen Ideen schwarze Zahlen schreiben. Wer keine grünen Ideen hat, wird zukünftig rote Zahlen schreiben", sagte Hermann am Donnerstag bei der Veranstaltung "Mordsmobil. Nachhaltige Mobilität für alle?" auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag in Stuttgart. Die Produkte der Hersteller müssten dazu perspektivisch ressourcenschonender werden, fordert Hermann von den Herstellern.

E-Autos noch kein Geschäftsmodell

Zwar hätte ein Autobauer wie Daimler in seiner Modellpalette eine Vielzahl von Elektroautos und Plug-in-Hybriden, doch eben halt auch Autos mit viel Leistung - Autos von gestern. Dabei stünden die Hersteller vor dem Problem, dass Autos mit alternativen Antrieben schlicht noch kein Geschäftsmodell darstellen würden, wie Hermann sagte. Doch die Mobilitätswende ist möglich, wie der grüne Verkehrsminister sagte, "selbst in einem Autoland".

Dabei sieht Hermann gar nicht einmal Hersteller wie Daimler als Bremser für eine nachhaltige Mobilität als vielmehr die CDU in Baden-Württemberg, für die intelligente Verkehrspolitik aus Umgehungsstraßen und weiterem Straßenbau bestehe. In einem Konzern wie Daimler gebe es mittlerweile eine Strategieabteilung, die sich damit befasse, wie man sich auf eine verändernde Welt einstelle. "Selbst Daimler-Chef Dieter Zetsche hat bereits gesagt, dass die Zukunft des Autos grün ist", so Hermann. In Baden-Württemberg entfallen allein ein Drittel der Treibhausgase auf den Verkehrssektor. Diesen Anteil gelte es zu reduzieren. "Denn die, die mobil sind, leben im Grünen", so Herrmann "Derzeit sind die Mobilitätsangebote nicht sozial gemacht."

Vernetzung der Verkehrsträger

Damit es zu einer Mobilitätswende komme, bedarf es einer Vernetzung der Verkehrsträger. Es müsse eine Wahlmöglichkeit geben, wie der Mobilitätsforscher Stephan Rammler sagte. Dazu gehört auch, dass man nicht nur Auto fährt sondern beispielsweise auch Rad. "Fahrradpolitik ist günstige Politik", stellte Rammler fest.

Doch auch der Kunde müsse sein Verhalten ändern, um zu einer Mobilitätswende zu kommen. "Muss ich denn das ganze Jahr über Erdbeeren essen? fragte Rammler und zielte damit auf die Zunahme des Güterverkehrs ab. Ebenso würde das E-Commerce, also die Bestellungen über das Internet, zu einer Zunahme des innerstädtischen Transportverkehrs führen.

Güter aufs Rad verlagern

Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, müsse sich nur das persönliche Verhalten ändern, sondern auch die Art des Transports. Wie Rammler sagte, gäbe es bereits heute Elektroräder mit einer Tragkraft von 350 Kilogramm. Dadurch könnten 30 bis 50 Prozent der Güter aufs Fahrrad verlagert werden. Die restlichen Güter müsste dann von Fahrzeugen mit E-Antrieb transportiert werden. Mit Blick auf die Zukunft schlägt Rammler zudem vor, innereuropäische Flüge statt mit dem Flugzeug mit dem Luftschiff zurückzulegen, das mit einer Brennstoffzelle angetrieben wird. Für diese Art des Reisens braucht man dann zwar mehr Zeit, aber man hinterlässt zumindest einen CO2-freien Footprint.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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