«Es geht dabei nicht um Drohszenarien»

Mercedes-Vertriebschef Joachim Schmidt

«Es geht dabei nicht um Drohszenarien»
Mercedes-Vertriebschef Joachim Schmidt rechnet mit einem Rekordabsatz. © Daimler

Joachim Schmidt peilt für dieses Jahr für Mercedes-Benz einen neuen Absatzrekord an. Im Interview mit der Autogazette spricht der Vertriebschef über Absatzziele, neue Zielgruppen und die Kleinwagenmarke Smart.

Mercedes-Vertriebschef Joachim Schmidt rechnet für dieses Jahr mit einer Abschwächung des Wachstums in China. «Fest steht, dass ein deutlicher Teil unseres Wachstums auch dieses Jahr wieder aus China kommen wird; ich gehe dort von einem zweistelligen Wachstum aus. Aber die extrem hohen Wachstumsraten des vergangenen Jahres, in dem wir über 100 Prozent zulegen konnten, werden wir dieses Jahr nicht mehr sehen», sagte Schmidt im Interview mit der Autogazette.

«Nach Januar und Februar liegen wir auf Kurs»

Für Mercedes-Benz geht Schmidt davon aus, dass die Marke dieses Jahr einen neuen Absatzrekord aufstellen wird, «der im Jahr 2007 bei 1,185 Millionen Autos für Mercedes-Benz lag. Nach dem Januar und Februar liegen wir auf Kurs und sind optimistisch, dass wir diese Marke knacken werden». Mit Blick auf die einzelnen Märkte sagte der Manager, dass er in Deutschland nach den starken Rückgängen im letzten Jahr ein Wachstum erwarte, «aber in West-Europa insgesamt wird sich der Absatz wohl nur auf Vorjahresniveau bewegen. Außerhalb West-Europas rechnen wir mit Wachstum beispielsweise in den USA, Russland, Indien, Brasilien oder in China».

«Wollen neuen Absatzrekord aufstellen»

Autogazette: Herr Schmidt, in diesem Jahr wird für den globalen Pkw-Markt mit einem Wachstum zwischen fünf und sieben Prozent gerechnet. Wie stark wollen Sie mit Mercedes-Benz in diesem Jahr wachsen?

Joachim Schmidt: Wir wollen in diesem Jahr einen neuen Absatzrekord aufstellen, der im Jahr 2007 bei 1,185 Millionen Autos für Mercedes-Benz lag. Nach dem Januar und Februar liegen wir auf Kurs und sind optimistisch, dass wir diese Marke knacken werden.

Autogazette: Welcher Gesamtabsatz ist für Mercedes Benz-Cars – also zusammen mit Smart - nach den 1,285 Millionen Einheiten im Jahr 2007 möglich?

Schmidt: Für Mercedes-Benz Cars insgesamt wollen wir die Rekordmarke von 1,285 Millionen Fahrzeugen aus dem Jahr 2007 übertreffen.

Autogazette: Mit welcher Gesamtmarktentwicklung rechnen Sie beispielsweise in Deutschland, USA oder China?

Schmidt: In Deutschland werden wir nach den starken Rückgängen im letzten Jahr sicherlich ein Wachstum erleben, aber in West-Europa insgesamt wird sich der Absatz wohl nur auf Vorjahresniveau bewegen. Außerhalb West-Europas rechnen wir mit Wachstum beispielsweise in den USA, Russland, Indien, Brasilien oder in China.

«Deutlicher Teil des Wachstums in China»

Der neue Mercedes SLK Daimler

Autogazette: Bislang war immer die Rede davon, dass Mercedes bis zum Jahr 2015 1,5 Millionen Autos ohne die Hinzurechnung des Smart verkaufen wolle. Können Sie dieses Ziel angesichts der jetzigen Performance nicht schon eher erreichen?

Schmidt: Das Jahr 2015 haben wir ja bewusst deshalb genannt, weil wir bis dahin alle Varianten unserer neuen Kompaktfahrzeuge auf dem Markt haben werden. Dazu kommt die neue C-Klasse auf den Markt, die im Jahr 2015 voll verfügbar sein wird.

Autogazette: Im Vorjahr konnten Sie in China 148.400 Autos verkaufen, ein Plus von fast 112 Prozent. Sind 250.000 Autos in diesem Jahr möglich?

Schmidt: Fest steht, dass ein deutlicher Teil unseres Wachstums auch dieses Jahr wieder aus China kommen wird; ich gehe dort von einem zweistelligen Wachstum aus. Aber die extrem hohen Wachstumsraten des vergangenen Jahres, in dem wir über 100 Prozent zulegen konnten, werden wir dieses Jahr nicht mehr sehen.

«Großer Sprung kommt mit neuer Kompaktklasse»

Die Mercedes C-Klasse Daimler

Autogazette: Mercedes ist die Marke für die Generation Plus 50, nun wollen Sie eine jüngere Zielgruppe für die Marke gewinnen. Mit einer neuen B-Klasse allein dürfte Ihnen das kaum gelingen.

Schmidt: Wir sind keineswegs unglücklich darüber, dass wir ein von Land zu Land unterschiedliches Altersspektrum bei unseren Kunden haben. In den USA und China sind die Kunden viel jünger, in West-Europa, das gebe ich zu, im Schnitt etwas älter. Wir freuen uns über jeden Kunden, ob jung oder alt. Um aber weltweit jüngere Kunden anzusprechen, werden wir neben unseren Marketingaktivitäten vor allem die entsprechenden Produkte mit einem für diese Zielgruppe hoch attraktiven Design anbieten. Über das Design unserer neuen Fahrzeuge öffnen wir die Marke. Das tun wir beispielsweise mit dem neuen C-Klasse Coupé oder dem neuen SLK. Aber der große Sprung kommt mit der neuen Kompaktklasse, die auch eine andere, jüngere Klientel ansprechen wird.

Autogazette: Ist unterhalb der A-Klasse ein Modell vorstellbar?

Schmidt: Wir haben nicht vor, zwischen der A-Klasse und dem smart ein anderes Modell zu bringen.

Autogazette: Smart konnte im Vorjahr nur 97.500 Autos absetzen und eine Besserung ist angesichts fehlender neuer Produkte nicht in Sicht. Warum hält man partout an der Marke fest, nur wegen der positiven Aspekte für den Flottenverbrauch?

Schmidt: Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass uns der smart eine Reihe von Vorteilen neben der Klimabilanz und der Elektromobilität bietet. Er ermöglicht es uns beispielsweise, neue Kunden zu gewinnen, die wir sonst nur schwerlich erreichen würden. Außerdem ist er Vorreiter bei innovativen Mobilitätskonzepten wie beispielsweise mit dem Projekt car2go.

«Smart-Einbruch resultiert aus den USA»

Ein Smart des Car2go-Projektes Daimler

Autogazette: Das täuscht aber nicht über einen Absatzeinbruch von fast 17 Prozent hinweg.

Schmidt: Dieser Einbruch resultiert vor allem aus den USA, wo kleine Autos derzeit weniger gefragt sind. In Deutschland liefert sich der smart ein Kopf-an-Kopf Rennen mit dem Mini und war im Februar den 12. Monat in Folge Marktführer in seinem Segment.

Autogazette: Die Kooperation mit Renault wird für Smart fast schon als Heilsbringer verkauft. Sehen Sie hier für die Marke nicht auch eine Gefahr?

Schmidt: Ich sehe da überhaupt keine Gefahr. Wir haben zwar die gleiche Architektur, aber ansonsten wird man das nicht erkennen. Der smart fortwo Nachfolger und der kommende Viersitzer haben beide ein Heckmotorkonzept und sind deshalb besonders kurz. Dank ihrer typischen Proportionen sind sie auch sofort als smart erkennbar und zeigen die beste Raumökonomie in ihren Segmenten.

Autogazette: Wie schaut Ihre Absatzerwartung für den Smart in diesem Jahr und bis zum Jahr 2014 aus, wenn der neue Smart kommen wird?

Schmidt: Unser Ziel ist es, den Absatz des smart zu stabilisieren. Für dieses Jahr rechnen wir mit 90.000 plus x.

Autogazette: Ernst Lieb, der Chef von Mercedes in den USA, ließ gerade wissen, dass es mit der Marke Smart auch nach der Übernahme durch Daimler nicht steil aufwärts gehen werde, vielmehr ginge es um eine Stabilisierung der rückläufigen Verkäufe. Zuversicht in eine Marke sieht anders aus?

Schmidt: Sicherlich wird es 2011 in den USA nicht steil nach oben gehen, doch strategisch ist es besser, die Marke in eigenen Händen zu haben, um Synergien für Marketing und Vertrieb optimal zu nutzen.

Autogazette: Ihr Kollege Thomas Weber hat im Januar in Detroit angekündigt, dass man seine Elektroautos wie den Smart, die A-Klasse oder auch die B-Klasse zeitnah in die Preisliste aufnehmen werde. Wann ist es denn soweit?

Schmidt: Das soll mit der nächsten elektrisch fahrenden Generation des jetzigen smart erfolgen. Final entschieden ist es noch nicht, aber ich hoffe, dass wir den Preis des Elektro-Smart bereits in diesem Jahr auf der IAA ankündigen können.

«Es geht nicht um Drohszenarien»

Aufladung eines Elektro-Smarts Daimler

Autogazette: Ihr Chef Dieter Zetsche fordert vehement staatliche Kaufanreize für Elektroautos und hat sogar die Abwanderung entsprechender Technologie zur Sprache gebracht, sollte sich die Regierung hier nicht bewegen. Glauben Sie, dass man mit solchen Drohszenarien zum Ziel kommt?

Schmidt: Es geht dabei nicht um Drohszenarien. Die Elektroantriebe sind nun einmal teuer. Und es gibt Staaten wie Frankreich und andere, die solche Kaufanreize gewähren. Letztlich hängt die schnelle Einführung von Elektroantrieben davon ab, wie viel der Kunde bereit sein wird, für die Technologie zu bezahlen.

Das Interview mit Joachim Schmidt führte Frank Mertens

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