Vom E-Auto unter 20.000 Euro reden viele – Dacia hat es längst. Der Spring ist weiterhin einfach, billig, aber erfüllt prima seinen Zweck.
Die Philosophie der Renault-Tochter Dacia ist seit jeher sehr präzise: Mögen die anderen nach was auch immer streben – bei Dacia zählt allein der Preis. So halten es die Rumänen auch bei ihrem Elektro-Auto. Der frisch geliftete Spring kostet in der Einstiegsvariante gerade einmal 16.900 Euro und bleibt selbst in der Top-Version hauchdünn unter der magischen Grenze von 20.000. Das ist eine echte Ansage an die schöne neue Akku-Welt, in der ganz locker sogar sechsstellige Summen aufgerufen werden. Einfach elektrisch fahren – besser kann man den Anspruch von Dacia nicht beschreiben.
Wobei sparen gar nicht mal spartanisch bedeutet. Der Ansatz ist schlicht der umgekehrte der Premium-Hersteller. Dort läuft in Dauerschleife der Versuch, das technisch Machbare ins Auto zu bekommen – bei Dacia schwebt über allem die Frage nach dem notwendigen Minimum. In der Folge darf man von dem 3,70 Meter kleinen Gefährt keine Wunderdinge erwarten, noch nicht mal Umschäumtes im Interieur. Andererseits: Für einen elektrischen City-Flitzer taugt’s mehr als dicke. Und so hat sich das Modell 2023 in Deutschland rund 12.400 mal verkauft. Nicht selten übrigens als Zweit- oder gar Drittwagen.
Nur das Dach ist gleich gelieben
Für seine zweite Lebenshälfte hat Dacia dem Spring eine neue Ummantelung verpasst. Geblieben ist gerade mal das Dach – und zum Glück die knuffige Erscheinung. Mit dicken Bäckchen, viel Luft über den 15-Zöllern in den beplankten Radkästen und neuem Markengesicht ist er optisch noch näher an den Duster gerückt. Der Anschluss für den Stecker verbirgt sich auch weiterhin nicht verschämt unter seitlicher Klappe, sondern prangt mittig in der Front. Die Botschaft: Ich bin stolz, ein E-Auto zu sein.
Herzstück des Basis-Spring ist weiterhin ein E-Motörchen mit 33 kW (44 PS), das aus einer 27,4-kWh-Batterie unter den Rücksitzen gespeist wird. Reicht nach WLTP für 230 Kilometer. Der nicht allzu üppige Radius gehört – siehe oben – zur Philosophie. Kleinere Stromspeicher bedeuten weniger Rohstoffe, geringeres Gewicht, niedrigeren Verbrauch. Am Ende ist es der Spagat zwischen Sparen und Spanne. Und so weit der Akku trägt, fahren die allermeisten Dacia-Käufer pro Tag schließlich nicht annähernd. Nach einer internen Erhebung bringen sie es im Schnitt auf 37 Kilometer.
Dass es der Spring in 19 Sekunden auf Tempo 100 schafft, ist ein eher theoretischer Wert – auch dass maximal 125 km/h drin sind. Denn wie stets gilt Buch eins der Batterie-Bibel: Dynamik und Distanz gehen nicht zusammen. Wichtiger ist da schon der Eco-Modus, der den Vortrieb zugunsten der Reichweite auf 31 PS begrenzt. Wer einen Hauch zügiger unterwegs sein will, findet auch für das aufgefrischte Modell die Motorisierung mit 48 kW (65 PS). Da wird’s im Tacho dann schon nach 14 Sekunden dreistellig.
Noch deutlich unter einer Tonne
Dabei profitiert das ursprünglich aus China stammende Dongfeng-Derivat natürlich von seinem vergleichsweise geringen Gewicht. Mit gerade mal 964 Kilo bei Vollausstattung nimmt der Spring für sich in Anspruch, das einzige vollwertige reine Elektroauto in Europa zu sein, das unter einer Tonne bleibt. Auch das der krasse Gegensatz zu all den Akku-Panzern, die sich mittlerweile locker beim Doppelten und darüber bewegen.
Trotzdem ist auch beim Spring der Saft irgendwann alle. Mit Gleichstrom (30 kW) lassen sich 80 Prozent Kapazität in unter einer Stunde in die Zellen pressen. An einer Wallbox dauert die volle Ladung achteinhalb Stunden, an der normalen Steckdose gut einen halben Tag. Es geht aber dank Vehicle-to-load auch andersherum. Das Top-Modell kann über einen Adapter Haushaltsstrom bis 3 kW liefern – genug, um abseits der nächsten Steckdose einen Elektrogrill oder eine Kaffeemaschine zu betreiben.
Platz hat’s trotz der um drei Zentimeter geschrumpften Gesamtlänge auskömmlich. Sogar hinten, wo man zwar erhobenen Hauptes sitzen kann, aber nicht allzu lange Beine haben sollte. Das Gepäckabteil (über dem erfreulicherweise vollwertigen Ersatzrad) ist sogar um 18 auf 308 Liter gewachsen, mit umgeklappter Rücklehne packt der Spring sogar einen guten Kubikmeter weg – und optional ist lässt sich nun ein Staufach unter der Fronthaube ordern.
„Haben geschafft, wovon andere nur sprechen“
Auch den Spring gibt es künftig in den bei anderen Dacia-Modellen üblichen Varianten. „Essential“ und „Expression“ verfügen über eine digitale Instrumententafel, auf der Medieninfos und Anrufe anzeigt werden, „Extreme“ bietet einen zentralen 10-Zoll-Touchscreen mit Navi und Daten in Echtzeit. Je nach Ausstattung erkennt der Spring Verkehrszeichen, wacht über Spur und Aufmerksamkeit – und zur Not bremst er auch automatisch. Serienmäßig ist das gute Gefühl, sich nicht um den Akku sorgen zu müssen. Für acht Jahre (bis 120.000 Kilometer) garantiert Dacia 70 Prozent der Kapazität.
Deutschland-Chef Thilo Schmidt jedenfalls sieht Dacia mit dem Spring gut gerüstet – auch wenn der Elektro-Markt derzeit eher über taktische Kanäle wie Tageszulassungen am Leben gehalten werde. Dennoch müssten die geltenden Flotten-Grenzwerte erfüllt werden. Bei einem Gramm mehr an CO2 kämen da für einen größeren Hersteller schnell dreistellige Millionenbeträge zusammen. Entscheidend sei daher die bezahlbare E-Mobilität. „Wir sind froh, in dem Segment unter 20.000 Euro etwas geschafft zu haben, wovon viele Marken seit langem nur sprechen“, sagt Schmidt nicht ohne Stolz.
Allerdings habe die aktuelle Regierung in Sachen E-Mobilität viel Vertrauen verspielt. Bei der Förderung über Nacht den Stecker zu ziehen, sei auch schlecht für die natürliche Nachfrage gewesen. „Der Bund gibt Ziele aus, steht aber nicht mal selber dazu“, so Schmidt. Das sei ein fatales Signal. Er würde sich für Deutschland stattdessen Ideen wie in Frankreich wünschen, wo der Staat für Einkommensschwache die Leasing-Raten eines E-Autos bezahlt.
Trotz des schwierigen Umfelds in Deutschland wird der Spring wohl nicht das einzige E-Auto von Dacia bleiben. Um 2028 steht die Neuauflage des Bestsellers Sandero an, für den aktuell ein „Multi-Energy-Ansatz“ geplant ist, was schwer nach einem Stromer-Derivat klingt. Fest steht mit einiger Sicherheit: Der Preis dürfte auch bei diesem Modell kaum zu schlagen sein.