Dacia rüstet auf: neue Hybrid-Antriebe, neue Akku-Technik beim Spring, neues E-Auto im A-Segment – und obendrein vielleicht noch ein Hipster…
Die Philosophie von Renaults Billig-Tochter ist seit je so überschaubar wie präzise: Mögen die anderen nach was auch immer streben – bei Dacia zählt allein der Preis. Und der Erfolg gibt den Sparfüchsen recht. In Sachen Markentreue ihrer Kunden liegen die Rumänen weit vorne. Damit das so bleibt, wollen sie fürs kommende Jahr bei ihren Modellen ordentlich aufrüsten. Optisch, mechanisch – aber auch elektrisch.
Das gilt für die beiden Spitzenmodelle Duster und Bigster ganz besonders. Der erstere der beiden Offroader ist seit 15 Jahren und mehr als 2,2 Millionen Exemplaren so etwas wie der Markenbotschafter der andere Dacias Türöffner ins heiß umkämpfte C-Segment, in dem aktuell jeder fünfte Neuwagen abgesetzt wird. Beide bekommen für einen besseren Auftritt neben der Spur zum Jahresende neue Antriebe und einen neuen 4×4-Strang.
Zwei Gänge für E-Motor im Heck
Dabei verrichtet – unterstützt von einem 48-Volt-Generator mit 16 PS – ein 1,2 Liter großer Dreizylinder-Turbo den klassischen Kolbendienst und reicht seine 140 PS über einen neuen Sechs-Gang-Doppelkuppler an die Vorderräder. Für den zeitweisen Antrieb an der Hinterachse sorgt ein 48-Volt-Elektromotor mit 23 kW (31 PS), der seinen Strom aus einem luftgekühlten 0,8-kWh-Akku zieht. Insgesamt kommen so 154 PS Systemleistung zusammen. Der Clou allerdings ist ein kleines Getriebe an der E-Maschine. Kurzer erster Gang für maximale Beschleunigung und Gelände, langer zweiter ab Tempo 70 für bestmögliche Effizienz. Derlei Finessen gab es lange Zeit nur im Porsche Taycan – und der fährt bekanntlich am anderen Ende des Klassements.
Und weil sie bei Dacia sogar beim Treibstoff auf den Preis schauen, hat der Antrieb mit Flüssiggas schon Tradition. Den Hybrid-4×4 gibt es deshalb noch vor der Benzin-Version Mitte kommenden Jahres schon ab sofort als bivalentes Modell. Zusätzlich zum normalen 50-Liter-Benzinvorrat unter der Rücksitzbank findet hier noch ein 50 Liter fassender LPG-Tank in der Reserveradmulde Platz. Per Tastendruck kann man dabei von einem Kraftstoff auf den anderen wechseln. Das reicht dann in Kombination für rund 1500 Kilometer und damit den ganz langen Trip.
Spring-Akku wandert nach unten
Neuer Schwung kommt auch in das E-Auto Spring. Mit gerade mal 16.900 Euro und selbst in der Top-Version hauchdünn unter der magischen Grenze von 20.000 noch immer die rollende Kampfansage schlechthin an die schöne neue Akku-Welt, in der ganz locker auch sechsstellige Summen aufgerufen werden. Wobei sich an der Ummantelung fast gar nichts ändert, unterm Blech jedoch so ziemlich alles. Für Vortrieb sorgt künftig erstmals in der Renault-Gruppe ein LFP-Akku mit 24,3 kWh, der nun auch aus dem Heck dahin gewandert ist, wo er bei Stromern üblicherweise sitzt: flach zwischen den Achsen. Bei den neuen Motoren erlaubt sich Dacia mit einem Plus von gut 50 Prozent geradezu eine Leistungsexplosion. Aus ehedem 33 kW (45 PS) werden künftig 52 kW (70 PS), aus der Variante mit 48 kW (65 PS) sogar 75 kW (100 PS).
Trotzdem versprechen die Rumänen einen Durchschnittsverbrauch von lediglich 12,4 kW pro 100 Kilometer und eine Reichweite bis 225 Kilometer. Der nicht allzu üppige Radius gehört zur Philosophie. Kleinere Stromspeicher bedeuten weniger Rohstoffe, geringeres Gewicht, niedrigeren Verbrauch. Am Ende ist es der Spagat zwischen Sparen und Spanne. Und so weit der Akku trägt, fahren die allermeisten Spring-Kunden pro Tag schließlich nicht annähernd.
Ein Stabilisator an der Vorderachse, eine präziser abgestimmte Lenkung und neue 15-Zoll-Räder sollen die bislang eher überschaubaren Fahreigenschaften des Spring auf ein höheres Niveau heben. Was allerdings wenig Erfolg haben dürfte, so lange Dacia an der spätestens bei Feuchtigkeit schier unfahrbaren Bereifung mit chinesischen Linglong-Gummis festhält. Manchmal sparen sogar Preisbewusste an der falschen Stelle. Wer dem Frieden nicht traut, oder sich trotz des unschlagbar günstigen Preises für ein Derivat des chinesischen Autobauers Dongfeng generell nicht erwärmen mag, dem hilft nur ein wenig Geduld. Für Anfang 2027 verspricht Dacia ein neues E-Auto im A-Segment.
Hipster: Kein Platz für Überfüssiges
Definitiv wird dieses Modell allerdings nicht der Hipster sein, den Dacia derzeit noch als Concept-Car führt. Ein zweitüriges E-Mobil im Lego-Design mit steilen Scheiben, das entfernt an einen zu heiß gewaschenen Ford Bronco erinnert und – ähnlich dem Ur-Mini – auf gerade mal drei Metern Länge vier Sitzplätze plus Kofferraum (70 bis 500 Liter) bieten soll.
Für Überhänge an den Achsen ist da kein Raum mehr – und für Überflüssiges kein Platz. Denn selbstverständlich soll der Hipster so wenig wie nur möglich wiegen. Dacia spricht von einer Diät gegenüber dem aktuellen Spring von 20 Prozent. Der schlicht umgekehrte Ansatz der Premium-Hersteller. Dort läuft in Dauerschleife der Versuch, das technisch Machbare ins Auto zu bekommen – für Dacia steht über allem die Frage nach dem notwendigen Minimum. In der Folge muss etwa der Türgriff einem Gurt weichen, und der gläserne Part der waagerecht geteilten Heckklappe dient nebenbei als Abdeckung für die Rückleuchten.
Spartanisch wie im Motorsport
Womöglich haben sich die Ingenieure derlei spartanische Lösungen bei den Kollegen vom Sandrider abgeschaut, mit dem Dacia bei Wüsten-Rallyes unterwegs ist. Motorsportler wissen schließlich ebenso wie Puristen und Werkstattmeister: Was nicht verbaut ist, wiegt nicht bloß nichts – es kann auch nicht kaputtgehen. Design-Chef Romain Gauvin sieht das etwas firmenphilosophischer „Dies ist das Dacia-typischste Projekt, an dem ich je gearbeitet habe“, sagt er über die ultra-essentielle Vision von E-Mobilität. „Es hat den gleichen Einfluss auf die Gesellschaft wie der Logan vor 20 Jahren. Es geht darum, etwas zu erfinden, das es heute noch nicht gibt.“
Wie viel vom Concept Car es in eine mögliche Serienfertigung schaffen könnte, ist derzeit nicht heraus. Hinter vorgehaltener Hand heißt es allerdings: Wenn überhaupt Hipster, dann wohl weitgehend unverändert. Es täte der tristen Szene gleichförmiger Stromer mehr als gut.

