Dacia-Chef: Der Markt kommt zu uns, nicht wir zum Markt

Markenchef Denis Le Vot

Dacia-Chef: Der Markt kommt zu uns, nicht wir zum Markt
Dacia-Chef Denis Le Vot mit dem neuen Bigster. © Dacia

Dacia ist auf Erfolgskurs – und das nicht nur in Deutschland, wo die Marke besser performt als Renault. Im Interview mit der Autogazette spricht Dacia-Chef Denis Le Vot über das Vorjahr und die Herausforderungen für 2025.

Hinter der Autobranche steckt ein herausforderndes Jahr. Viele Hersteller mussten im zurückliegenden Jahr bei der Vorstellung ihrer Quartalszahlen Gewinnwarnungen aussprechen. Und die Aussichten werden nicht besser: Die E-Mobilität schwächelt, der chinesische Markt wird angesichts der erstarkten einheimischen Konkurrenz für die Europäer zunehmend schwieriger.

Doch es gibt Hersteller, die trotz der erschwerten Rahmenbedingungen besser performen als andere – und voller Zuversicht ins neue Jahr schauen. Zu ihnen gehört Dacia. Die Renault-Tochter konnte im zurückliegenden Jahr 676.340 Fahrzeuge Fahrzeuge absetzen. Das ist ein Zuwachs von 2,5 Prozent im Vergleich zu 2023. Zum Vergleich: die Kernmarke Renault liegt bei 1,57 Millionen Fahrzeugen (+1,8 Prozent).

Deutschland wichtigster Markt

Der Mann, der Dacia derart erfolgreich durch die zurückliegenden Krisenjahre geführt und auf Wachstum getrimmt hat, ist Markenchef Denis Le Vot. Das Branchenmagazin „Automobilwoche“ hat ihn Ende vergangenen Jahres zum „CEO des Jahres“ gekürt. „Ich freue mich sehr über diese Auszeichnung, persönlich, aber auch für die Marke“, sagte Le Vot im Interview mit der Autogazette. „Es ist eine Anerkennung dafür, was wir in den zurückliegenden Jahren auf dem Automobilmarkt erreicht haben – und für das, was wir noch vorhaben.“

Le Vot freut sich gerade auch deshalb über diese Auszeichnung, weil sie von einer deutschen Publikation kommt. Schließlich sei Deutschland der wichtigste Markt für Dacia – und damit zugleich ein ganz wichtiger Baustein für die weitere Reise der Marke. Wie wichtig Deutschland für Dacia ist, zeigt der Blick auf die Zulassungszahlen: In 2025 kam die Marke in Deutschland auf 71.424 Neuzulassungen (+4,1 Prozent). Die Kernmarke Renault liegt weit abgeschlagen bei 54.349 Neuzulassungen, ein Minus von 20,4 Prozent.

Bigster entscheidend für Wachstumsziele

Der Bigster ist das erste Modell von Dacia im C-Segment.

Geht es nach Le Vot, soll sich diese Performance auch in diesem und den kommenden Jahren fortsetzen. Dazu beitragen soll vor allem der Bigster, der im Frühjahr in Deutschland auf den Markt kommt. Es ist das erste Dacia-Modell im C-Segment – und wird derzeit als TCe 140 für einen Einstiegspreis von 23.990 Euro angeboten. „Dieses Modell ist entscheidend für unsere weiteren Wachstumsziele“, so der Dacia-Chef. „Er wird ganz neue Kunden zur Marke bringen.“

Dass die Marke europaweit und insbesondere in Deutschland derart gut performt, läge aber nicht nur daran, dass man den Kunden „attraktive und preislich erreichbare Fahrzeuge anbiete“, sondern auch daran, dass diese die Marke immer besser verstehen würden. Dacia werde längst nicht mehr als Billigmarke gesehen, sondern als Marke mit einem hervorragenden Preis-Leistungsverhältnis.

Dazu hätte insbesondere das neue Branddesign beigetragen. Es hat Dacia von Beginn an einen zusätzlichen Schub verliehen. „Der Markt kommt zu uns, nicht wir zum Markt. 60 Prozent unserer Kunden sind Eroberungen, Kunden also, die zuvor bei einer anderen Marke waren.“ Dass das neue Markendesign derart erfolgreich war, freut Le Vot auch aus einem anderen Grund besonders: „Design kostet uns kein zusätzliches Geld.“

Viele Bestellungen für den Duster

Auf Wunsch der Kunden nicht größer geworden: die dritte Generation des Dacia Duster. Foto: Dacia

Wie erfolgreich die Modelle bei der Kundschaft ankommen, zeigt gerade der neue Dacia Duster. „Für ihn liegen uns bereits nach gerade einmal vier bis fünf Monaten mehr als 110.000 Orders vor.“ Wer meint, dass die Dacia-Kunden vor allem zum Einstiegsmodell greifen, irrt. Sie sind sind zahlungsbereit: „85 Prozent der Kunden des neuen Duster bestellen die Topausstattung.“ Dass zeige, dass Dacia längst keine „Low-Cost-Marke“ mehr ist, so Le Vot. Darüber hinaus hätte man eine sehr treue Kundschaft.

Dass man mit seinen Autos den Nerv der Kundschaft getroffen habe, zeige insbesondere ein Modell wie der Sandero, der in Europa das meistverkaufte Modell auf dem Privatkundenmarkt ist.. Auch wenn Le Vot es so nicht sagt, gehört die Marke zu den Gewinnern der zurückliegenden multiplen Krisen, die die Branche vor Herausforderungen gestellt – und zu steigenden Autopreisen geführt hat. „Während sie vor fünf Jahren ein Crossovermodell im C-Segment noch für 30.000 Euro kaufen konnten, sind es nun mindestens 35.000 Euro.“

Ingredenzien des Renault-Konzerns

In Zeiten wie diesen sei Dacia indes in der Lage, ein Auto wie den neuen Bigster zu einem Preis von unter 24.000 Euro mit den „Ingredenzien“ aus dem Renault-Konzern anzubieten. „Wir bieten den Kunden genau das, was sie brauchen – und für das sie bezahlen wollen, nicht mehr, aber auch nicht weniger.“ So verweist Le Vot darauf, dass die Modelle von Dacia über nicht allzu große Motoren verfügen würden – und damit in der Folge auch über ein geringes Gewicht.

Trotz der Beschränkung aufs Wesentliche müssen die Kunden von Dacia bei den Antrieben keinen Verzicht üben, so Le Vot. So biete man Fahrzeuge wie den Jogger, den Duster oder jetzt auch den neuen Bigster mit „einem effizienten Hybridantrieb für unter 30.000 Euro an“. Für Dacia, so sagt Le Vot, spiele der Hybrid zusammen mit Autogas eine ganz entscheidende Rolle im Antriebsmix – gerade auch vor dem Hintergrund der ab diesem Jahr geltenden neuen CO2-Grenzwerte. Hersteller, die sie verpassen, müssen drastische Strafen zahlen.

Le Vot hält mit Blick auf die neue CO2-Regulatorik mit seiner Meinung auch nicht hinter dem Berg. Er hält davon nichts. Nicht deshalb, weil er nichts für die CO2-Reduktion tun will, sondern aufgrund der Nachfrageschwäche bei der E-Mobilität. Sie habe sich leider nicht so entwickelt, wie man es bei der Verabschiedung dieser Grenzwerte prognostiziert hatte. Entsprechend wünscht er sich eine Anpassung der Regulatorik an die Marktentwicklung.

Spring mit Einbußen

Schon äußerlich macht der geliftete Dacia Spring in allen Varianten einen großen Sprung. Foto: Dacia

Und wie schaut es mit der E-Mobilität aus? Hier hat Dacia bisher nur ein einziges E-Auto im Angebot, den Spring. Der Stromer wird für 16.900 Euro angeboten, ist damit das günstigste E-Auto auf dem Markt. Natürlich, so räumt Le Vot ein, verfüge der Spring nicht über riesige Displays wie andere E-Autos, auch nicht über eine große elektrische Reichweite. Doch darum geht es Dacia auch nicht. „Wir wollen den Kunden erreichbare, bezahlbare Mobilität bieten, gerade auch bei der Elektromobilität.“

Der Spring, so unterstreicht Le Vot, ist ein Fahrzeug für die Stadt, für die Fahrt zum Einkauf, für die Fahrt der Kinder in die Schule – und dafür reicht die Reichweite von bis zu 230 Kilometer aus. Die Kunden goutieren das, nicht nur in Deutschland, sondern europaweit. Seit dem Marktstart der ersten Spring-Generation im Herbst 2021 hat sich das Modell in Europa 160.000 Mal verkauft. Seit Oktober 2024 ist die neue Generation im Handel. Doch die Nachfrageschwäche bei der E-Mobilität hat auch der Spring zu spüren bekommen: in 2024 wurden von ihm 22.884 Einheiten verkauft, ein Minus von 63 Prozent.

Keine Preissteigerung trotz Strafzöllen

Und, wie schaut es mit den Strafzöllen aus, die die EU auf in China produzierte Fahrzeuge verhängt hat? Müssen sich die Kunden auf höhere Preise beim Spring einstellen? „Nein“, beruhigt Le Vot, „die Preise werden deshalb nicht steigen. Wir haben das alles bereits im Vorfeld berücksichtigt.“ Entsprechend bleibt der Spring auch trotz neuer, in diesem Jahr auf den Markt kommender Modelle, das günstigste E-Auto im A-Segment. Und natürlich soll es nicht beim Spring als einziges E-Auto von Dacia bleiben. Der Sandero wird als E-Version folgen. Wohl 2027.

Und, wie denkt Le Vot über das von der EU für das Jahr 2035 vorgesehene Verbrenner-Aus? Sollte es dazu kommen, sei man darauf als Renault Group vorbereitet. „Wir hätten damit gar kein Problem, wir haben dafür die Technologie und das Line-up.“

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