Chevrolet befindet sich auf Erfolgskurs. Im Interview mit der Autogazette spricht der neue Deutschland-Chef Jürgen Keller über neue Modelle, die Absatzerwartung und alternative Antriebe.
Die GM-Tochter Chevrolet befindet sich unverändert auf Wachstumskurs. In Deutschland will die Marke auch in diesem Jahr trotz eines schwierigen Marktumfeldes weiter zulegen. «Wir sind eine Marke mit Wachstumspotenzial, da wir unsere Produktpalette weiter ausbauen», sagte Deutschland-Chef Jürgen Keller im Interview mit der Autogazette.
«Aveo wird uns nach vorne bringen»
«In diesem Jahr bringen wir mit dem Aveo, dem Nachfolger des Kalos, das zweitwichtigste Volumenmodell auf den Markt, damit wird es nach vorne gehen», fügte Keller hinzu, der sein Amt am 1. Februar angetreten hatte. Bis zum Jahr 2012 plant Chevrolet, seine gesamte Produktpalette zu erneuern und neue Segmente zu erschließen.
«Wäre fatal, alles über den Haufen zu werfen»
Autogazette: Herr Keller, Sie sind seit dem 1. Februar neuer Deutschland-Chef von Chevrolet. Was wollen Sie anders machen als Ihr Vorgänger?
Jürgen Keller: Ich muss gar nicht so viel anders machen. Ich will den erfolgreichen Weg von Chevrolet fortführen. Wir waren 2007 in Europa die Marke mit dem größten Wachstum. In Deutschland haben wir entgegen dem Trend fast zehn Prozent zugelegt. Entsprechend fatal wäre es, alles über den Haufen zu werfen. Aber es gibt Dinge, die man verbessern kann, aber auch Dinge, die man ausbauen kann.
Autogazette: Und was wäre das?
Keller: Wir haben ein starkes Händlernetzwerk mit 600 Partnern, darunter 400 Vertriebs- und zusätzlich 200 Servicepartner. Von diesen Partnern vertreten rund 65 Prozent auch noch andere GM-Marken.
«Marke mit viel Potenzial»
Autogazette: Wo ist man denn nicht so gut aufgestellt?
Keller: Wir sind sicher beim Händlernetz gut aufgestellt, doch es wird in diesem Jahr so sein, dass wir uns von einigen Partnern einvernehmlich trennen werden und sie durch neue ersetzen, weil man merkt, dass die Zusammenarbeit doch nicht so gut klappt.
Autogazette: Im zurückliegenden Jahr konnten Sie in Deutschland 25.441 Fahrzeuge verkaufen. Mit welcher Absatzerwartung gehen Sie in dieses Geschäftsjahr?
Keller: Wir sind eine der Marken, die viel Potenzial hat. Über unsere internen Planungen möchte ich jetzt indes nichts verraten. Doch es wird am Ende des Jahres gut ausschauen.
Autogazette: Ihr ehemaliger Vertriebschef sprach bei der Vorstellung des Aveo vor einigen Wochen von 26.000 Einheiten.
Keller: Ich werde keine Zahlen nennen.
Autogazette: Aber Sie dementieren eine solche Zahl auch nicht, schließlich wollen auch Sie mehr erreichen als im Vorjahr?
Keller: Es ist selten der Fall, dass man eine solche Position übernimmt und sich zum Ziel setzt, weniger als im Vorjahr abzusetzen.
«Der Markt wird freundlicher»
Autogazette: Woher nehmen Sie trotz der schlechten Absatzlage diese Zuversicht?
Keller: Der Markt wird etwas freundlicher als im Vorjahr sein, auch wenn der März nicht ganz so erfreulich war. Die Zuversicht kommt aus der inneren Stärke. Wir sind eine Marke mit Wachstumspotenzial, da wir unsere Produktpalette weiter ausbauen. In diesem Jahr bringen wir mit dem Aveo, dem Nachfolger des Kalos, das zweitwichtigste Volumenmodell auf den Markt, damit wird es nach vorne gehen. Am 11. April bringen wir die fünftürige Variante zu den Händlern, die dreitürige kommt im Sommer.
Autogazette: Wann kommt der Dreitürer genau?
Keller: Nach den derzeitigen Planungen im Juni oder Juli.
Autogazette: Ist der Aveo das Auto, das die Marke deutlich nach vorn bringen wird?
Keller: Der Aveo ist das Auto, was uns einen enormen Schwung verschaffen wird. Mit dem HHR haben wir zwar ein Auto im Programm, dass kein großes Volumen generiert, aber für das Image enorm wichtig ist, weil er das Image der Marke mit seiner tollen Historie repräsentiert.
«Toller Start in ersten drei Monaten»
Autogazette: Wo liegt der Absatz des HHR?
Keller: Wir haben ungefähr 450 Fahrzeuge in den Zulassungen. Mit Blick auf das neue Jahr können wir festhalten, dass wir einen tollen Start in den ersten drei Monaten hingelegt haben.
Autogazette: Wie viele Fahrzeuge sind es insgesamt?
Keller: Es sind mehr als 5500 Fahrzeuge in den ersten drei Monaten.
Autogazette: Wie sehen die mittelfristigen Planungen aus? Bis zum Jahr 2012 will die Marke ja eine komplett neue Produktpalette anbieten?
Keller: Ja, das ist richtig. Wir werden uns bis dahin komplett neu aufstellen und auch neue Segmente erschließen?
Autogazette: Welche?
Keller: Sie kennen unsere Palette, wir sind bereits gut aufgestellt. Doch im Monocab-Bereich haben wir Potenzial, hier ist Platz im Portfolio. Mit dem Captiva sind wir gut unterwegs und entsprechend kann man sich im näheren Umfeld auch noch einiges vorstellen.
Alleinstellungsmerkmal Autogas
Autogazette: Chevrolet bietet seinen Kunden für alle Modelle für einen Aufpreis von 2350 Euro die Umrüstung auf Autogas an. Wie viele Ihrer Kunden entscheiden sich für eine solche Version?
Keller: Jeder zehnte Kunde entscheidet sich für Autogas. Damit sind wir in diesem Bereich führend. Wir sind auch die einzigen, die über die gesamte Modellpalette eine solche Umrüstung anbieten können. Das ist ein tolles Alleinstellungsmerkmal.
Autogazette: Worauf führen Sie diese Quote beim Autogas zurück?
Keller: Das liegt ohne Frage am Steuervorteil, der bis zum Jahr 2018 festgeschrieben ist und an den Treibstoff-Kosten, die um 50 Prozent niedriger sind. Zudem haben wir mit über 3500 Tankstellen eine gute Abdeckung.
Autogazette: Die Klimadiskussion dürfte das Thema nochmals befördert haben
E85 kommt auch bei Chevrolet
Keller: Ohne Frage, denn wir haben ungefähr 18 Prozent weniger CO2-Ausstoß. Das passt in die heutige Diskussion. Hier haben wir den Vorteil, in den GM-Konzern eingebettet zu sein, da GM weltweit führend bei der Entwicklung alternativer Antriebe ist.
Autogazette: Erdgas spielt für Sie keine Rolle?
Keller: Doch, in anderen Ländern bieten wir Erdgasvarianten an. Auch das kann man sich für Chevrolet in Deutschland vorstellen. Daneben gibt es den Antrieb mit Bioethanol, dem E85. Bis 2010 werden wir bei GM in jeder unserer Marken entsprechende Angebote im Programm haben. Also auch bei Chevrolet.
Autogazette: Wie wichtig wäre es für Sie angesichts der Klimadiskussion, schnell ein Elektrofahrzeug im Angebot zu haben?
Keller: Wir werden es dann bringen, wenn es für den Kunden bezahlbar ist und sich entsprechend in großen Stückzahlen verkaufen lässt.
Autogazette: Das heißt, dass beispielsweise ein Elektrofahrzeug nicht viel teurer sein dürfte als ein herkömmliches Auto?
Keller: Ich glaube, dass das Gros der Kunden nicht bereit ist, mehr für das Auto zu zahlen, nur um damit umweltschonender von A nach B zu kommen. Die Alternativ-Technologie darf nur soviel mehr kosten, wie der Kunde durch einen Minderverbrauch auch sparen kann.
Das Interview mit Jürgen Keller führte Frank Mertens