Die GM-Tochter Chevrolet startet mit hohen Zielen ins neue Jahr. «Ich gehe von einem Wachstum von 20 Prozent aus», sagte Deutschland-Geschäftsführer Steffen Raschig im Interview mit der Autogazette.
Die GM-Marke Chevrolet will in diesem Jahr ihren Wachstumskurs auf dem deutschen Markt unverändert fortsetzen. «Ich gehe von einem Wachstum von 20 Prozent aus», sagte Deutschland-Chef Steffen Raschig im Interview mit der Autogazette. «Ich gehe von einem Zielkorridor von mindestens 33.000 bis zu 36.000 Einheiten aus, je nach Verlauf der Konjunktur», fügte Raschig hinzu. Im Vorjahr konnte Chevrolet in Deutschland knapp über 30.000 Fahrzeuge absetzen.
«Verfügen über volle Produktverfügbarkeit»
Trotz der verschlechterten Konjunkturdaten hält Raschig dieses hohe Wachstum für erreichbar. «Wenn ich mir unser Wachstum von 23 Prozent im Vorjahr anschaue, was unter erschwerten Bedingungen zustande kam, ist das sehr realistisch. Zudem verfügen wir in diesem Jahr über die volle Produktverfügbarkeit, sodass wir ebenfalls in diesem Bereich wachsen wollen.» Wie Raschig hinzufügte, werde die Marke zudem in diesem Jahr durch die Einführung des Chevrolet Cruze Kombi und des Malibu weiter profitieren. «Entsprechend gehe ich für dieses Jahr von einem Wachstum von 20 Prozent aus.» Mittelfristig will Raschig die größte GM-Marke in Deutschland «auf einen Marktanteil von 1,3 bis 1,5 Prozent bringen».
Zugleich hält Raschig an seinem Ziel fest, mit Chevrolet in Deutschland mittelfristig 45.000 bis 60.000 Fahrzeuge verkaufen zu wollen. Erreicht werden solle dieses Ziel frühestens 2014, spätestens 2016. «Wenn uns der Markt wegen einer Rezession unter den Füßen wegbrechen sollte, ist die Zahl von 45.000 Fahrzeugen anders zu bewerten. Doch wie gesagt: Derzeit steht dieses Ziel.»
«Wir haben unser Ziel nur knapp verpasst»
Autogazette: Herr Raschig, Sie hatten sich für 2011 angesichts von sieben Modellneuheiten hohe Ziele gesetzt. Sie wollten mindestens 30.000 Fahrzeuge absetzen, geworden sind es 29.762. Sind Sie sehr enttäuscht?
Steffen Raschig: Die Zahl stimmt nicht ganz. Es sind 30.149 Fahrzeuge gewesen. Diese Differenz kommt deshalb zustande, weil das Kraftfahrt-Bundesamt noch Fahrzeuge unter der Rubrik Sonstiges aufgeführt hat.
Autogazette: Das ändert indes nichts daran, dass Sie Ihre Zielsetzung verfehlt haben.
Raschig: Für mich ändert das schon etwas, denn ich hatte nicht nur von der absoluten Zahl von mindestens 30.000 Fahrzeugen gesprochen, sondern diese Zahl auch in Verbindung mit dem Marktanteil genannt. Und hier wollte ich ein Prozent erreichen . . .
Autogazette: . . . was Sie auch nicht ganz geschafft haben.
Raschig: Na ja, wir sind bei 0,95 Prozent herausgekommen, haben unser Ziel damit nur ganz knapp verpasst. Wenn ich mir das letzte Jahr anschaue, dann lagen wir übrigens über fünf Monate über einem Prozent Marktanteil. Wir hatten im Vorjahr mit einer Dieselverknappung beim Orlando wegen der Naturkatastrophe in Japan zu kämpfen. In der Folge konnten wir nicht so viele Orlando und Captiva wie ursprünglich geplant verkaufen. In Summe wurden wohl 2000 Dieselfahrzeuge weniger als gedacht verkauft.
«Marktanteil von 1,3 bis 1,5 Prozent angepeilt»
Autogazette: Sie haben im Juni des vergangenen Jahres eine ambitionierte Wachstumsstrategie für Chevrolet ausgegeben. Mittelfristig wollen Sie 45.000 bis 60.000 Autos absetzen. Halten Sie trotz der schwächelnden Konjunktur an diesem Ziel fest?
Raschig: Ja, wenngleich man sicherlich aufgrund der veränderten Konjunkturdaten seine Ziele anpassen muss. Sprich: Man muss sehen, in welchem Zeitkorridor dieses Ziel zu erreichen ist. Primär geht es um ein wirtschaftliches Wachstum. Wenn uns der Markt wegen einer Rezession unter den Füßen wegbrechen sollte, ist die Zahl von 45.000 Fahrzeugen anders zu bewerten. Doch wie gesagt: Derzeit steht dieses Ziel. Ich will Chevrolet in Deutschland auf einen Marktanteil von 1,3 bis 1,5 Prozent bringen.
Autogazette: Frühestens wollen Sie dieses Ziel 2014 erreichen, spätestens jedoch 2016. Das bedeutet, dass sie jedes Jahr mindestens ein Wachstum von 25 Prozent hinlegen müssen, um in den Bereich von 45.000 Einheiten zu kommen. Überschätzen Sie da nicht Ihr Produktportfolio?
Raschig: Nein, keineswegs. Wenn ich mir unser Wachstum von 23 Prozent im Vorjahr anschaue, was unter erschwerten Bedingungen zustande kam, ist das sehr realistisch. Zudem verfügen wir in diesem Jahr über die volle Produktverfügbarkeit, sodass wir ebenfalls in diesem Bereich wachsen wollen. Dazu beitragen wird sicherlich der neue Chevrolet Cruze Kombi, aber auch der Malibu. Entsprechend gehe ich für dieses Jahr von einem Wachstum von 20 Prozent aus.
«Autos müssen sich erst am Markt durchsetzen»
Autogazette: 2011 konnten Sie gleich sieben Neuheiten auf den Markt bringen, in diesem Jahr sind es mit dem Malibu und dem Cruze Kombi nur zwei Fahrzeuge. Sind das die Fahrzeuge, die die Marke wirklich vom Volumen nach vorne bringen werden?
Raschig: Wenn man sieben neue Modelle auf den Markt bringt, ist das wie mit einem bunten Blumenstrauß. Er entfaltet seine Wirkung auch noch in den Tagen nach dem Kauf. Das ist bei unseren Neuheiten des Vorjahres nicht anders: Die Autos müssen sich erst am Markt durchsetzen, bei den Kunden bekannter werden. Zugleich bringen wir neue Motoren auf den Markt, beispielsweise den 1.4 Liter Turbobenziner. Es gibt genügend Instrumente, um diese 45.000 Fahrzeuge auch zu erreichen.
Autogazette: Von der Fließheck-Variante und der Limousine des Cruze wurden im Vorjahr 4356 Autos verkauft. Welche Absatzerwartung haben Sie von dem Kombi, den Sie im März auf dem Autosalon in Genf vorstellen werden?
Raschig: Ich bin kein Freund absoluter Zahlen: Der Markt geht rauf, der Markt geht runter, doch der Kombi wird in unserem Modellmix um die fünfzig Prozent der Verkäufe ausmachen. 30 Prozent dürften dann auf den Fünftürer, der Rest auf die Limousine entfallen.
Autogazette: Mit dem Cruze Kombi treten Sie im Segment beispielsweise gegen den Opel Astra Sports Tourer, den Ford Focus Turnier oder den Skoda Octavia Combi an. Können Sie gegen diese etablierte Konkurrenz nur durch einen attraktiven den Preis punkten?
Raschig: Das denke ich schon. So wie wir den Cruze heute eingepreist haben, die Limousine startet bekanntlich bei 15.990 Euro, ist er ein sehr attraktives Angebot. Wenn wir den Cruze Kombi auf den Markt bringen, wird es einen Aufpreis für die Karosserievariante geben.
Autogazette: Ein Preis von 16.500 Euro scheint für den Kombi realistisch zu sein . . .
Raschig:. . .dazu sage ich Ihnen jetzt noch nichts.
«Wollen Ziele auf gesunder Grundlage erreichen»
Autogazette: Im Januar konnte Sie ein Plus von 18 Prozent erzielen, in absoluten Zahlen entspricht dies jedoch nur 1400 Fahrzeugen. Berauschend ist das nicht. Was soll Ende des Jahres erreicht werden?
Raschig: Ich sagte bereits, dass wir mindestens um 20 Prozent wachsen wollen. Ich gehe von einem Zielkorridor von mindestens 33.000 bis zu 36.000 Einheiten aus, je nach Verlauf der Konjunktur. Eines ist dabei aber wichtig: Es geht nicht nur um den reinen Marktanteil, sondern darum, dass wir unsere Ziele auf einer gesunden wirtschaftlichen Grundlage erreichen. Es nutzt einem nichts, einen guten Sprint hinzulegen, um dann einfach umzufallen.
Autogazette: Wie groß ist die Verunsicherung bei Ihren Kunden, nachdem im Vorjahr ein Chevrolet Volt in den USA drei Wochen nach einem Crashtest in Brand aufgegangen ist?
Raschig: Sie werden mir meine Aussage kaum glauben: Aber bei unseren Kunden ist keine Verunsicherung wegen dieses Vorfalls feststellbar. Die Leute, die sich mit einem solchen Auto beschäftigen, interessieren sich sehr genau für die technischen Details. Entsprechend haben sie verstanden, dass das Auto nicht während des Crashtests in Flammen aufgegangen ist, sondern drei Wochen nachher. Wenn ein Elektrofahrzeug einen Unfall hat, muss die Batterie entladen werden. Das kommunizieren wir den Kunden jetzt auch noch einmal ganz klar. Es kommt ja auch niemand auf die Idee, den Tank eines Benzinfahrzeuges nach einem schweren Unfall nicht zu entleeren.
Autogazette: Chevrolet gehört wie Opel zu GM. Wie sehr beunruhigen Sie die Gerüchte um Werksschließungen bei der Schwestermarke?
Raschig: Generell vertraue ich darauf, dass die GM-Führung die richtigen Entscheidungen für unser weltweites Geschäft trifft.
Das Interview mit Steffen Raschig führte Frank Mertens