Privates Carsharing ist im Kommen

Teilen mit dem Nachbarn

Ökologisch, sozial und noch nicht einmal teuer: Sich das Auto mit anderen Menschen zu teilen, hat viele Vorteile. Internet-Plattformen bringen private Autobesitzer und Mietinteressenten zusammen – als Alternative zu herkömmlichen Angeboten.

Von Roland Koch

Ein Auto kostet - schon im Stehen. Der Wertverlust schlägt zu Buche, ebenso die Versicherung und die Steuer. Auch für den Betrieb muss der Besitzer tief in die Tasche greifen. Neben den Kosten für den Treibstoff, fallen Wartungen und Reparaturen an. Pro Monat kommen da schnell einige hundert Euro für einen Mittelklassewagen zusammen. Wer so viel Geld nicht ausgeben möchte, kann sich Fahrzeug und Kosten mit anderen teilen.

Alternative zu kommerziellen Anbietern

Dabei bestehen mehrere Möglichkeiten: Fahrer können die Autos von Carsharing-Anbietern nutzen. Auch wer ein Fahrzeug mietet, nutzt es letztlich gemeinsam mit anderen. Oder man teilt sich ein Auto schlicht mit dem Nachbarn und nennt das dann privates Carsharing. Neuerdings ist dies in organisierter Form über das Internet möglich: Nachbarschaftsauto, Tamyca oder Autonetzer heißen Anbieter. Sie wollen eine Alternative zu kommerziellen Fahrzeugvermittlern sein.

Christian Kapteyn ist Geschäftsführer des Berliner Unternehmens Nachbarschaftsauto. Für ihn ist die Art und Weise, wie Autos in der Regel genutzt werden, Ressourcenverschwendung: «Vor allem, wenn man bedenkt, dass private Autos am Tag durchschnittlich nur eine Stunde bewegt werden.» Dieser Stillstand brachte ihn auf die Idee zu dem Online-Angebot. Private Anbieter und Nutzer aus der Nachbarschaft können sich darüber zum Autoteilen zusammenfinden.

Kostenlose Startphase

Das Ganze funktioniert so: Ein potenzieller Auto-Leiher gibt nach einer Registrierung an, wo, wann und für wie lange er ein Fahrzeug sucht. Aus der Datenbank werden dann passende Angebote herausgesucht und die Kontaktaufnahme ermöglicht. Werden sich Leiher und Verleiher handelseinig, schließen sie einen Überlassungsvertrag.

Neben günstiger Miete sei vor allem die Nähe der Nutzer zueinander ein Vorzug gegenüber anderen Anbietern, sagt Kapteyn. Im Idealfall leihe man sich ein Auto von jemandem, der in der gleichen Straße wohnt. Nach ihrer kostenlosen Startphase wollen Nachbarschaftsauto und Autonetzer jedoch bald eine Servicegebühr erheben.

Grundvertrauen wird benötigt

Lob für die Projekte kommt vom ökologisch orientierten Verkehrsclub Deutschland (VCD). Gerade in ländlichen Regionen sowie in kleinen und mittleren Städten könnten sie kommerzielles Carsharing ergänzen. Denn gerade auf dem Land funktioniere die Idee des herkömmlichen Carsharings oft nicht - mangels Angebot.

Bei der Versicherung gehen die Anbieter für privates Carsharing unterschiedliche Wege. Bei Nachbarschaftsauto ist der Verleiher so abgesichert, dass seine eigentliche Autoversicherung im Schadensfall nicht in Anspruch genommen wird. Bei Autonetzer tritt der Halter einer speziellen Carsharing-Versicherung bei, die alle Schäden von Carsharing-Fahrten sowie Privatfahrten abdeckt.

Kritik an dem neuen Angebot übt der ADAC. Jurist Klaus Heimgärtner hält den finanziellen Vorteil für den Halter für fraglich. Den Einnahmen stehe die Abnutzung des Autos und der damit verbundene Wertverlust durch die zusätzlich gefahrenen Kilometer entgegen. Zudem überlasse man einem fremden Menschen einen wertvollen Gegenstand. Dieses Risiko sieht auch Kapteyn: «Ein gewisses Grundvertrauen muss man als Verleiher schon mitbringen.» Ein Bewertungssystem auf der Website soll letzte Zweifel zerstreuen.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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