Bezahlbare Elektroautos hat man insbesondere von den chinesischen Herstellern erwartet. Doch die ließen darauf warten. Jetzt ist es soweit: BYD schickt den Dolphin Surf an den Start.
Dieses Modell ist nicht irgendein Modell. Es ist der Bestseller von BYD, dem größten Hersteller von Elektroautos weltweit. Die Rede ist vom Seagull. Der elektrische Kleinwagen ist in China das meist verkaufte Auto. Mit einem Preis von umgerechnet 8900 Euro ist es dort ein Preisbrecher. In anderen Ländern firmiert er als Dolphin Mini.
Nun kommt der Seagull in abgewandelter Form und unter dem Namen Dolphin Surf nach Europa. Am Mittwoch wurde die Europapremiere zeitgleich in mehreren europäischen Metropolen wie Berlin und Rom gefeiert. Mit dem gerade einmal 3,99 Meter langem Stromer will BYD das schaffen, was bisher nicht gelang: endlich Absatz jenseits homöopathischer Zahlen zu machen. Im Referenzmarkt Deutschland kam BYD im Vorjahr gerade auf einmal 2891 Neuzulassungen. Per April hat man mit 2791 Neuzulassungen bereits nach vier Monaten fast das Ergebnis der Vorjahres erreicht.
Dolphin Surf ab sofort bestellbar
Der Aufwärtstrend soll mit dem Dolphin Surf fortgesetzt werden, der ab sofort bestellbar ist. Mit ihm wollen die Chinesen die Kundinnen und Kunden dazu bewegen, sich für ein Elektroauto zu entscheiden. Damit das gelingt, hat man technisch nicht nur alles aufgeboten, was das Konzernregal an Innovationen zu bieten hat, sondern setzt auch auf eine aggressive Preispolitik – insbesondere in der Startphase bis zum 30. Juni. Denn bis dahin bietet BYD seinen neuen Einstiegsstromer zu rabattierten Preisen an. Los geht es für die Einstiegsvariante Active bei 19.900 Euro. Ein Preis von unter 20.000 Euro ist in einem preissensiblen Markt wie dem der Kleinwagen ebenso eine Ansage wie die nach dem Ende des Aktionszeitraums geltenden regulären 22.900 Euro.
Zur Erinnerung: VW als Europas größter Autobauer kommt erste 2026 mit dem ID.2 mit einem Stromer für um die 25.000 Euro auf den Markt – und der ID.1 (er soll um die 20.000 Euro kosten) kommt sogar erst 2027. Entsprechend aufmerksam wird man auch in Wolfsburg auf die Präsentation des Dolphin Surf geachtet haben.
Das neue BYD-Modell tritt dabei in Konkurrenz zu Fahrzeugen wie dem Hyundai Inster, dem Renault 5, dem Fiat 500e oder auch dem Leapmotor TE03. Im Vergleich zu diesen Modellen will BYD durch eine Ausstattung punkten, die Features wie beispielsweise LED-Tagfahrleuchten, ein Keyless-Entry-System oder V2L aufweist. Damit ist das Aufladen externer Geräte wie beispielswese einem E-Bike möglich. „Wir bieten Ausstattungsdetails bereits in der Serie an, für die man bei unseren Mitkonkurrenten einen Aufpreis verlangt“, sagte Vertriebschef Patrick Schulz am Mittwoch bei der Vorstellung des Dolphin Surf in Berlin. Im Wettbewerbsvergleich mit Modellen wie dem Hyundai Inster, Fiat 500e, Dacia Spring oder Leapmotor TE03 würde man das beste Preis-Leistungsverhältnis bieten, so der Vertriebschef. „Wir machen Elektromobilität bezahlbar“, so Schulz. Ob die regulären Preise nach der Einführungsphase reichen, um das Modell zum Gamechanger werden zu lassen, werden die kommenden Monate weisen.
Reichweite liegt zwischen 220 und 322 Kilometer
Der Dolpin Sport wird von BYD in zwei Leistungsstufen (65 kW und 115 kW) und zwei Batteriegrößen (30 kWh/43,2 kWh) angeboten. BYD setzt übrigens auf LFP-Akkus. Die Reichweiten liegen dabei bei 220 Kilometer Active beziehungsweise 322 Kilometer (Boost/22.490 Euro/danach 26.990 Euro) und 310 Kilometer bei der Comfort-Variante (24.990 Euro/30.990 Euro), die als einzige über 115 kW verfügt. Mit der Tovariante kann man dann auch durchaus flott unterwegs sein. Auf Tempo 100 km/h sprintet der Kleinwagen in 9,1 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei allen Modellen bei 150 km/h. Vor allem erwies sich der Dolphin bei der Stadtfahrt in Berlin als effizient: der Bordcomputer zeigte einen Verbrauch von 13,1 kWh/100 km.
Und die Ladeleistung? Die liegt beim Active bei 65 kW, bei Boost und Comfort lässt sich mit bis zu 85 kW laden. Damit vergehen für die Aufladung von 10 auf 80 Prozent an einem Schnelllader 30 Minuten. An einer Wallbox sind bis zu 11 kW möglich. Ist eine Ladeleistung von deutlich unter 100 kW aber noch zeitgemäß? Darüber lässt sich streiten. Doch BYD steht auf dem Standpunkt, dass das für ein urbanes Fahrzeug wie die Dolphin reicht, dessen Nutzer ihn zumeist an der heimischen Wallbox aufladen und eher nicht für Langstreckenfahrten nutzen.
Platz für zwei Erwachsene im Fond
Bei der ersten kurzen Ausfahrt in Berlin hinterließ der Dolphin Surf ein erwachsenen Eindruck. Mit seinem Radstand von 2,50 Meter liegt der kleine gut auf der Straße und ist dabei durchaus straff, aber nicht unkomfortabel gefedert. Vor allem ist er wendig – und darauf kommt es bei einem solchen Stadtflitzer an. Er lässt sich angenehm durch die vollen Straßen der Hauptstadt bewegen – und mit seiner Länge von knapp unter vier Metern findet sich auch gut ein Parkplatz. Trotz seiner überschaubaren Abmessungen können im Fond dank der cleveren Nutzung der e-Plattform 3.0 auch zwei Erwachsene durchaus bequem Platz nehmen. So variabel wie ein Hyundai Inster, dessen Sitze sich komplett umklappen lassen und dessen Rückbank verschiebbar ist, ist der Dolphin Surf aber nicht.
Mit einem Kofferraumvolumen von 308 Litern lässt sich im Dolphin Surf aber erstaunlich viel Gepäck für ein Fahrzeug in dieser Klasse verstauen. So etwas findet man sonst nur bei Modellen im B-Segment. Mit seinen Abmessungen, die Breite liegt übrigens bei 1,72 Meter und die Höhe bei 1,59 Meter, bewegt sich das jüngste BYD-Modell zwischen A- und B-Segment. Zur Serienausstattung gehören neben den bereits genannten Features daneben noch ein 10,1-Zoll-Touchscreen-Infotainmentsystem (übrigens drehbar), Parksensoren hinten, ein adaptiver Tempomat und elektrisch verstellbare Außenspiegel. Um das Zutrauen der Kundinnen und Kunden in die Marke BYD zu stärken, gewähren die Chinesen eine umfangreiche Garantie von sechs Jahren oder 150.000 Kilometer. Auf die Blade-Batterie gibt es acht Jahre oder 200,000 Kilometer.
Händlernetz wird ausgebaut
Doch so wichtig die Technologie ist, so wichtig ist auch ein entsprechendes Händlernetz. In Deutschland hatte BYD im ersten Quartal gerade einmal 28. Bis Ende des Jahres sollen es bereits 120 sein, wie Maria Grazia Davino sagte, die unter anderem den deutschen Markt verantwortet. BYD hat die Managerin von Stellantis abgeworben, um die Marke im starken Wettbewerbsumfeld zum Erfolg zu führen.
Zur Strategie von Davino gehört dabei nicht nur, dass das Händlernetz nach und nach ausgebaut wird, sondern auch, dass das Markenimage stimmt. Dazu gehört auch, dass BYD „innerhalb der kommenden fünf Jahre als europäische Marke wahrgenommen wird“, so Davino. Dazu beitragen soll der Umstand, dass der Dolpin Surf ab Ende des Jahres in Ungarn produziert wird. In Budapest, der ungarischen Hauptstadt, wird BYD übrigens auch seine neue Europazentrale samt einem Standort für Forschung und Entwicklung errichten.