«Wollen Markt mit langem Atem und Demut für uns entwickeln»

BYD-Managerin Maria Grazia Davino

«Wollen Markt mit langem Atem und Demut für uns entwickeln»
Maria Grazia Davino ist Regional Managing Director bei BYD Europe und damit für Deutschland verantwortlich. © Mertens

Der chinesische Autobauer BYD setzt in diesem Jahr auf dem deutschen Markt auf Wachstum. Damit das gelingt, will BYD-Managerin Maria Grazia Davino das Händlernetz deutlich ausbauen.

Der chinesische Autobauer BYD will in diesem Jahr auf dem deutschen Markt seinen Absatz deutlich steigern und setzt dazu auf einen Ausbau seines Händlernetzes. «So, wie wir momentan aufgestellt sind, bieten wir noch keine zufriedenstellende Marktpräsenz. Schon gar nicht im Vergleich mit unseren Wettbewerbern. Deshalb ist unser Ziel ein deutlicher Ausbau des Händlernetzes. Hier stehen wir mit unseren 28 Vertriebsstützpunkten, also unseren Points-of-Sale, erst am Anfang», sagte BYD-Managerin Maria Grazia Davino in einem Interview mit der Autogazette und dem Magazin electrified. Als Regional Managing Director BYD Europe verantwortet die Italienerin auch den deutschen Markt .

«Um die Marke BYD in Deutschland erfolgreich zu entwickeln, brauchen wir ein großes Händlernetz, eine entsprechende Vertriebsstruktur. Die bauen wir nicht nur in Deutschland auf, sondern auch in allen anderen Ländern», fügte Davino hinzu.

Nächster Schritt sind 120 Händler

Wie die BYD-Managerin sagte, plane sie als nächsten strategischen Schritt den Ausbau des Händlernetzes auf 120 Partner. «Mit dem will ich mich aber nicht zufriedengeben. Doch diese 120 Händler sind ein erster wichtiger Meilenstein für die Entwicklung und den Erfolg der Marke BYD in Deutschland.» Der Ausbau des Händlernetzes auf 120 Betriebe solle «so schnell wie möglich» erreicht werden. Allerdings gehe es nicht darum, «schnell Verträge mit neuen Händlern zu schließen. Die Professionalität steht im Vordergrund. Deshalb werden wir uns viel Mühe bei der Auswahl unserer zukünftigen Partner geben. Geschwindigkeit muss immer mit Qualität einhergehen».

Perspektivisch schwebt der Managerin zur Abdeckung des deutschen Marktes ein Netz in der Größenordnung von 400 Händlern vor.

«Noch haben wir nur 28 Stores in Deutschland»

Mit dem Atto 2 steigt BYD ins wichtige B-Segment ein. Foto: BYD

Autogazette: Frau Davino, BYD ist weltweit der größte Hersteller von Elektroautos, aber in Deutschland fehlt es der Marke vor an Sichtbarkeit. Wie wichtig sind für die Wahrnehmung der Marke solche City-Stores wie der in Berlin, in dem wir auch unser Gespräch führen?

Maria Grazia Davino: Wichtig, sehr wichtig sogar. Noch haben wir nur 28 Stores in Deutschland. Davon aber viele in Innenstädten wie dieser City Store hier in Berlin, der auch der größte ist. Mit diesen Stores haben wir als neue Marke auf dem deutschen Markt eine erste Sichtbarkeit geschaffen. Deshalb sind sie für uns so wichtig. Diesen Weg werden wir konsequent fortsetzen.

Autogazette: Sie sind geholt worden, um die Absatzsituation auf den von Ihnen verantworteten Märkten zu verbessern. Spielt dafür der Ausbau des Händlernetzes die maßgeblich Rolle?

Davino: Absolut. So, wie wir momentan aufgestellt sind, bieten wir noch keine zufriedenstellende Marktpräsenz. Schon gar nicht im Vergleich mit unseren Wettbewerbern. Deshalb ist unser Ziel ein deutlicher Ausbau des Händlernetzes. Hier stehen wir mit unseren 28 Vertriebsstützpunkten, also unseren Points-of-Sale, erst am Anfang. Um die Marke BYD in Deutschland erfolgreich zu entwickeln, brauchen wir ein großes Händlernetz, eine entsprechende Vertriebsstruktur. Die bauen wir nicht nur in Deutschland auf, sondern auch in allen anderen Ländern.

«Geschwindigkeit muss immer mit Qualität einhergehen»

Der Innenraum des BYD Atto 2 ist sehr wertig, der Touchscreen kann gedreht werden. Foto: BYD

Autogazette: Wie viele Händlerbetriebe peilen Sie denn im nächsten Schritt an?

Davino: So um die 120. Das ist mein nächster strategischer Schritt. Mit dem will ich mich aber nicht zufriedengeben. Doch diese 120 Händler sind ein erster wichtiger Meilenstein für die Entwicklung und den Erfolg der Marke BYD in Deutschland.

Autogazette: Wollen Sie diese 120 Händlerbetriebe bereits in 2025 erreichen?

Davino: So schnell wie möglich. Doch hier geht es mir nicht darum, schnell Verträge mit neuen Händlern zu schließen. Die Professionalität steht im Vordergrund. Deshalb werden wir uns viel Mühe bei der Auswahl unserer zukünftigen Partner geben. Geschwindigkeit muss immer mit Qualität einhergehen.

Autogazette: Sie sprechen von zunächst 120 Händlern. Wie viele Händlerbetriebe brauchen Sie denn, um den Markt in der Fläche abzudecken? Viele etablierte Hersteller haben so um die 400 Händler. Ist das perspektivisch das, was Ihnen vorschwebt?

Davino: Warum nicht? Perspektivisch bin ich bei einer ähnlichen Größenordnung. Genau das ist es, was mich antreibt. Ich habe mir dazu nicht einfach eine Excel-Tabelle angeschaut – sondern mir genau überlegt, wie und wo wir in der Fläche vertreten sein wollen. Ich glaube fest an eine Händler-Distribution.

Autogazette: Als die ersten chinesischen Hersteller auf den europäischen und deutschen Markt kamen, hieß es, dass sie den Markt überrollen werden. Davon kann mit Blick auf den Absatz keine Rede sein. Hat man zum Start den Markt nicht verstanden?

Davino: BYD ist weltweit ein Gigant. Das Schöne an unserem Geschäft ist, dass wir zügig gegensteuern können. Wir passen uns den Marktgegebenheiten an – und das möglichst schnell mit der entsprechenden Qualität in der Händlernetzentwicklung.

«Befinden uns mitten im Aufbau der Marke»

Neuwagen von BYD im Hafen von Bremerhaven. Foto: dpa

Autogazette: Im Vorjahr kam BYD in Deutschland auf gerade einmal 2891 Neuzulassungen. Wie ernüchternd war für Sie dieser Aufschlag in der Realität?

Davino: Natürlich können wir damit nicht zufrieden sein. Aber die Frage nach der Zufriedenheit ist eigentlich nicht die richtige Frage, denn wir befinden uns mit unserer Langfriststrategie mitten im Aufbau der Marke. Ich bin mit meinem Team und meinen Händlern jetzt dabei, die Grundlagen für den zukünftigen Erfolg in Deutschland und anderen europäischen Ländern zu legen. Wir sind angetreten, den Markt zu bereichern. Mit Blick auf den Absatz im Vorjahr verweise ich darauf, dass wir da gerade einmal 25 Points-of-Sale hatten. Damit waren wir vor Ort in der Fläche bei den Kunden so gut wie nicht vertreten. Unsere Händler haben dennoch einen guten Job gemacht – denn das bemesse ich nicht nur an den Zulassungszahlen.

Autogazette: Von einer Eroberung des Marktes sprechen Sie aber nicht mehr?

Davino: Das Wort der ‚Eroberung‘ des Marktes ist eines der Narrative, die ständig kursieren. Es kommt aber nicht von uns. Wir wollen den Markt mit langem Atem und mit viel Demut für uns entwickeln. Das braucht Zeit, das wird vielleicht Jahre dauern. Doch wir sind unermüdlich und gehen mit Vollgas an diese Aufgabe.

Autogazette: Mit welchen Erwartungen schauen Sie auf dieses Jahr, nachdem der Markt 2024 unter der Nachfrageschwäche bei der Elektromobilität litt und die Zulassungen von BEVs um 27 Prozent einbrachen?

Davino: Der Rückgang ist insbesondere auf den Wegfall der Kaufprämie zurückzuführen. Diese hat den Absatz künstlich befeuert. Das sieht man auch auf anderen europäischen Märkten, dass der Absatz durch eine Kaufprämie angeheizt wurde. Fällt sie weg, brechen die Verkäufe ein. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur spielt ebenso eine Rolle. Die Kosten eines E-Autos und die wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten ebenfalls. All das hat die Verbraucher verunsichert. Wir brauchen verbesserte Voraussetzungen wie eine noch bessere Ladeinfrastruktur und günstigere Preise für Fahrstrom in Deutschland.

«Bieten starke Produkte mit innovativen Technologien»

Autogazette: Sorgt die Branche nicht selbst mit der Diskussion über Technologieoffenheit oder der Abkehr vom Verbrenner-Aus 2035 mit für die Verunsicherung?

Davino: Sicherlich, auch diese Diskussionen führen mit zu einer Verunsicherung bei den Kunden. BYD hat sich vom reinen Verbrenner bereits vor Jahren verabschiedet. Wir setzen konsequent auf die Elektromobilität.

Autogazette: Nach einer Studie des Beratungsunternehmens Escalent erwarten europäische Kunden, dass chinesische Autos günstiger sind als die heimischen Modelle. Doch das ist nicht der Fall. Sind sie mit der falschen Preisstrategie unterwegs?

Davino: BYD ist am Markt nicht angetreten, um der günstigste Anbieter zu sein. Wir bieten starke Produkte mit innovativen Technologien an. Unsere Fahrzeuge sind schon in den Basisversionen außergewöhnlich gut ausgestattet. Deshalb muss man die Preise unserer Produkte ausstattungsbereinigt betrachten und bewerten.

Autogazette: Mit dem Atto 2 steigen Sie ins B-Segment ein. Er kostet im Einstieg mindestens rund 30.000 Euro. Ist er damit im Vergleich zu einem Citroen e-C3 für 23.300 Euro nicht zu teuer? Der Kunde schaut doch zunächst auf den Preis, nicht die Ausstattung.

Davino: Ja, dessen sind auch wir uns bewusst. Viele Kunden kennen unsere Autos schlicht noch nicht und sagen dann, dass ein Konkurrenzmodell günstiger sei. Für uns bedeutet das, dass wir die Kunden in unsere Autos bekommen müssen. Sie sollen eine Probefahrt machen und sich dabei von den Stärken und dem Mehrwert unserer Technologien und Fahrzeuge überzeugen. Deshalb habe ich meinem Team mit auf dem Weg gegeben, den Kunden genau zu vermitteln, was sie für den Preis als Gegenwert bekommen. Und da bieten wir ein besseres Angebot als die Konkurrenz.

«Unsere Preisstrategie ist nicht von Zöllen beeinflusst»

Autogazette: Ist der Preis des Atto 2 auch durch die Strafzölle beeinflusst?

Davino: Unsere Preisstrategie ist nicht von Zöllen beeinflusst .

Autogazette: Ende des Jahres nimmt die Fabrik in Ungarn die Produktion auf. Wird dann der Preis des Atto 2 sinken?

Davino: Wer über Ungarn spricht, spricht dabei zumeist über günstigere Preise im Zusammenhang mit dem Wegfall von Zöllen. Doch es geht uns um Lokalisierung. Mit dem Werk in Ungarn schlagen wir unsere ersten Wurzeln in Europa. BYD ist ein globaler Hersteller. Und wir möchten in jedem Markt die Nähe zu unseren Kunden schaffen.

«Der Bedeutung des Leasings sind wir uns bewusst»

Der BYD Sealion 7 ist auch als Allrad zu bekommen. Foto: BYD

Autogazette: Das Leasing spielt gerade bei E-Autos eine wichtige Rolle. Schaut man sich ihre Leasingkonditionen an, sind diese recht hoch. Müssen Sie da nachjustieren?

Davino: Der Bedeutung des Leasings sind wir uns bewusst – und deshalb werden wir uns auch unsere Leasingkonditionen immer wieder genau anschauen. Dabei werden wir aber auch die Restwerte im Blick haben. Wir sind aber überzeugt davon, dass die Leasingraten mit Blick auf das, was wir mit unseren Modellen bieten, wirklich gut sind.

Autogazette: BYD setzt auf seine Technologiekompetenz, bietet beispielsweise eine Blade-Batterie oder eine Cell-to-Body-Bauweise an. Aber bei der Ladeleistung sind es gerade einmal 65 kW. Ist das noch wettbewerbsfähig?

Davino: Wir bieten beispielsweise mit dem Atto 2 ein Auto für die Stadt mit 312 Kilometer Reichweite an. Die meisten Kunden laden ein solches Modell zu Hause, im Büro oder öffentlich mit 11kW AC. Die maximale DC-Ladeleistung ist bei Stadtautos nachrangig. Der Atto 2 kommt außerdem noch in diesem Jahr mit einer weiteren Version.

Autogazette: …damit zielen sie auf die Variante mit stärker Batterie und höherer Ladeleistung ab?

Davino: Genau. Wir sind mit unseren Autos in den verschiedenen Segmenten unterwegs – und das reicht von Performance-SUV wie einem BYD Sealion 7 mit 230 kW Ladeleistung bis zu einem Plug-in-Hybriden wie dem BYD Seal U DM-i mit über 1.000 km Reichweite. Nun geht es mit dem Atto 2 in kleinere Segmente. Das ist ein wichtiges Fundament für unser weiteres Wachstum.

Autogazette: Sie sprechen die PHEVs an. Welche Rolle spielt diese Technologie für Sie?

Davino: Das Thema PHEV ist nicht nur für Flotten interessant, sondern auch für Kunden, die noch nicht sicher sind, ob sie schon bereit für ein rein elektrisches Fahrzeug sind. Wir bieten mit unserer Dual-Model PHEV Technologie ein effizientes Produkt an; auch damit will ich den Markt überzeugen. Das zeigt auch unsere Technologiekompetenz: Wir kaufen keine Verbrennungsmotoren ein, sondern entwickeln und bauen sie selbst. Damit bieten wir Gesamtreichweiten von über 1000 Kilometern – und das nicht deshalb, weil wir große Tanks einbauen, sondern weil unsere Hybride so effizient arbeiten.

«Alle Pläne sind auf Wachstum ausgerichtet»

Autogazette: Mit welchen Absatzerwartungen blicken Sie denn ins Jahr 2025?

Davino: Konkrete Zahlen werde ich Ihnen nicht nennen. Doch alle Pläne sind auf Wachstum ausgerichtet. Ich bin geholt worden, um die Grundlagen für dieses Wachstum zu schaffen. Dazu gehört der Aufbau einer nationalen Vertriebsorganisation. Wir stärken existierende Vertriebspartner und nehmen neue Händler mit an Bord; große wie auch kleine. Dabei ist mir immer wichtig, auch ‚Local Heros‘ zu haben, also Händler, die auf ihren Märkten besonders erfolgreich sind.

Autogazette: Der Verband der Automobilindustrie geht in seiner Jahresprognose angesichts der CO2-Regulatorik von einem Wachstum von 75 Prozent bei den BEVs und einem Anteil bei den Zulassungen von 24 Prozent aus. Gehen Sie bei dieser Prognose mit?

Davino: Nach meinen in Großbritannien gemachten Erfahrungen gehe ich davon aus, dass das ansatzweise passen dürfte. In Großbritannien haben die Hersteller zu 80 Prozent das geschafft, was der Regulator vorgegeben hat. Wir werden sehen, welche Einflüsse die CO2-Regulatorik auf die Industrie hat. Wir werden da mitgehen. Die CO2-Regulatorik bietet uns auch Chancen, denn mit unseren E-Modellen werden wir vom Kunden stärker wahrgenommen. Vor diesem Hintergrund erwarte ich für uns eine sehr realistische Wachstumschance.

«Als BYD bieten wir die Technologie, die Kunde verlangt»

Der BYD Seal U DM-i hat je nach Variante eine elektrische Reichweite von bis zu 125 km. Foto: BYD

Autogazette: Deutsche Hersteller fordern einen Stopp der CO2-Regulatorik und ein Aussetzen des Verbrenner-Aus 2035. Sie auch?

Davino: Wir sollten weiter die Entwicklung der E-Mobilität unterstützen – und dazu dient die Regulatorik.

Autogazette: Und, sollte das Verbrenner-Aus 2035 gestoppt werden?

Davino: Ich kann diese Frage nicht beantworten, da ich die politischen Vorgaben nicht beeinflussen kann. Wir als BYD bieten die Technologie an, die der Kunde verlangt. Rein elektrisch oder als Plug-in-Hybrid.

Autogazette: Es wird viel von einem Auto für 20.000 Euro gesprochen. Wann wird denn ein Auto wie der Seagul nach Deutschland kommen?

Davino: Es ist klar, dass wir ein preiswertes Fahrzeug auch im A-Segment bringen. Zu Preis und Zeitpunkt kann ich aber noch nichts sagen. Wir werden in den kommenden Monaten mit vielen neuen Produkten aufwarten. BYD wird eine Bereicherung für die europäische Automobillandschaft sein.

Das Interview mit Maria Grazia Davino führte Frank Mertens

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