Der Zulieferer Hitachi Astemo baut an einer vollelektrischen Bremse ohne Hydraulik. Ab 2028 soll das wartungsfreie System in Serie gehen.
Getriebe, Kolben, Ventile – ein Verbrennungsmotor besteht aus bis zu 2.000 Teilen. Kosten, welche die Autohersteller beim Bau von Elektrofahrzeugen einsparen. Doch wegen der teuren Akkus sind Stromer immer noch deutlich teurer als Benziner. Deshalb suchen die Ingenieure nach Wegen, Produktionskosten zu senken. Möglichst viele mechanische Systeme sollen durch elektronische ersetzt werden.
So entwickelt der japanische Zulieferer Hitachi Astemo eine vollelektrische Bremse, die ohne Flüssigkeit und Leitungen auskommt. Der Bremskraftverstärker sowie die ESP-Einheit entfallen. Stattdessen löst der Druck aufs Pedal einen elektrischen Befehl aus, den die vier softwaregesteuerten Bremseinheiten direkt in Verzögerung umsetzen.
Ab 2028 soll die sogenannte smarte Bremse in Serie gehen, als 100prozentiges Brake-by-wire-System. Das gibt es im Ansatz bereits – bei der Parkbremse. Über einen Schalter im Cockpit pressen Stellmotoren an den Bremssätteln die Beläge an die Scheiben. Ansonsten schickt der Fahrer mit seinem rechten Fuß das elektrische Signal nur an den Bremskraftverstärker. Ab hier finden mechanische Vorgänge statt, bis die Bremsbeläge zupacken.
Pedalsimulator plus Software
Die smarte Bremse geht weiter. „Sie braucht keine Hydraulikkomponenten und damit auch kein komplexes Betätigungssystem mehr“, sagt Bernd Schmer, der bei Hitachi Astemo die Bremsentwicklung leitet. „Stattdessen bekommt das Auto einen Pedalsimulator, ein Steuergerät oder eine im zentralen Rechner integrierte Software. Das Ganze wird mit den Aktuatoren an den Rädern verbunden. Diese steuern blitzschnell jedes Rad individuell an und setzen dort den Bremsbefehl des Fahrers um.“
Das System beschleunigt aber nicht nur die Produktion des Autos und senkt die Kosten, sondern soll auch dem Kunden Vorteile bringen. „Mit der Smart Brake nähern wir uns dem wartungsfreien Auto. Das betrifft auch die Diagnose von möglichen Fehlern, die das Fahrzeug selbst übernimmt“, erklärt der Bremsenprofi. Das mag den Servicebetrieben nicht gefallen, dem Endverbraucher aber schon.
Hitachi Astemo nennt noch mehr Gründe, die für die vollelektrische Bremse sprechen: Sie reagiere viel schneller als eine Hydraulik, und verringere so den Bremsweg. Und weil jedes Rad einzeln angesteuert wird, lassen sich ESP und andere Fahrsicherheitssysteme sensibler abstimmen. Zu guter Letzt verbessert die neue Bremse auch das Zusammenspiel mit dem Rekuperationssystem. (SP-X)