Wer über Innovationen in der Automobilbranche spricht, spricht selten über die Zulieferer wie Bosch oder Continental. Dabei sind sie es, die zumeist für die Neuerung verantwortlich sind.
Und wer hat's erfunden? Im Automobilbereich ist die Frage nicht einfach zu beantworten. Denn der Fahrzeughersteller nimmt sich das Recht, mit Innovationen zu werben. Der Automobilzulieferer kommt erst an zweiter Stelle, auch wenn die innovative Technik in Wahrheit auf deren Konto geht.
So glauben beispielsweise nicht wenige Menschen, dass der elektronische Schleuderschutz ESP bei Mercedes entwickelt worden. Dem ist freilich nicht so. Wer die Fährte zurückverfolgt, landet unweigerlich bei Bosch, dem größten Automobilzulieferer weltweit. Das Stuttgarter Unternehmen zeigt bei der IAA in Frankfurt neben weiteren Zulieferern eine ganze Reihe von Neuheiten, die zwar nicht unbedingt die Tragweite von ESP haben, aber dennoch viel Potenzial für eine bessere automobile Zukunft haben.
Bosch bei Diesel-Hybrid von Peugeot beteiligt
Und dabei muss es sich nicht immer um einzelne Produkte handeln. Bosch etwa nutzt seine in 125 Jahren erworbene Systemkompetenz, um das komplexe Zusammenspiel von Verbrennungsmotoren, E-Motoren und Kupplung zu optimieren. So sind die Schwaben maßgeblich am ersten Diesel-Hybrid aus dem PSA-Konzern beteiligt. Viele weitere Entwicklungen sichern den Fortschritt: Der Einpark-Assistent der zweiten Generation soll mehr können und arbeite intelligenter, schneller und sicherer. Ein erweitertes Start- Stopp-System spart noch mehr Kraftstoff, weil es den Motor schon beim Ausrollen abschaltet und das Fahrzeug widerstandsfrei "segeln" lässt. Der verbesserte Notbremsassistent kann bei unter 30 km/h selbsttätig unfallfrei verzögern.
Das Gemeinschaftsunternehmen Bosch Mahle Turbo Systems produziert ab Ende 2011 Turboladersysteme mit optimiertem Ansprechverhalten, die im Zuge des Trends zum „Downsizing“ bei kleineren Motoren für höhere Leistung sorgen. Solche kleineren Motoren erfordern höhere Einspritzdrücke: Diesel arbeiten zukünftig mit bis zu 2500 bar. Bei den Benzinern bereitet das Einspritzsystem „Motronic“ mit 200 bar Einspritzdruck das Gemisch noch effizienter auf. Das spart Kraftstoff und mindert Emissionen. Auch für den Einsatz alternativer Kraftstoffe wie Erdgas und Ethanol bietet Bosch maßgeschneiderte Motorsteuerungssysteme an. Doch am wohl augenscheinlichsten wird der Fortschritt bei der neuen Displaytechnik der Schwaben. Die Monitore werden immer größer und somit übersichtlich. Die im Fahrzeug dargestellten Informationen können künftig dank hoher Grafikleistung auch dreidimensional dargestellt werden können.
Continental mit vielen Neuigkeiten
Als weiterer großer Player der internationalen Automobilzulieferer hat auch Continental auf der Branchenschau Wichtiges zu vermelden: Die Großserienproduktion des ersten fremderregten Elektromotors, der in großen Stückzahlen an Renault geliefert wird. Dessen Wirkungsgrad soll sehr hoch sein. Die ebenfalls vorgestellte neue elektro-hydraulische Bremse ist kompakter, leichter und arbeitet schneller. Eine neue Generation von Turboladern trägt ebenfalls dem Trend zum Downsizing Rechnung. Zudem ist der Konzern mit seiner großen Reifensparte in der glücklichen Lage, auch die Schnittstelle Fahrzeug/ Fahrbahn bedienen zu können: Eine speziell für Elektrofahrzeuge entwickelter Pneu, der „eCar Tire“, soll deren Reichweite beträchtlich erhöhen.
Delphi, ist ein weiterer Zulieferer von Elektronik und anderen High-Tech-Produkten für Autos. Als solcher hat der Hersteller für Direkteinspritzer eine Mehrfachzündung entwickelt, mit der die Zündkerze pro Verbrennungsvorgang mehrere Funken erzeugt. Dies soll die Stabilität der Verbrennung verbessern, was wiederum zu einem ruhigeren Laufverhalten und weniger Emissionen beim Kaltstart führt.
So etwas wie der heimliche Star der Zulieferer auf der IAA ist der Antriebs- und Fahrwerksspezialist ZF Friedrichshafen AG, der mit 117 Produktionsgesellschaften in 26 Ländern und rund 70 000 Mitarbeitern zu den zehn größten Automobilzulieferer weltweit zählt. An ihrem Stand zeigen die Friedrichshafener unter anderem ein Automatgetriebe mit neun Gängen für Pkw mit quer eingebautem Frontmotor. Es ermöglicht laut Hersteller Einsparungen von bis zu 16 Prozent im Vergleich zu den heute üblichen Sechsgang-Automatiken, weil der Motor immer im verbrauchsoptimalen Drehzahlbereich läuft.
Optimiert worden ist das bewährte elektronische Dämpferprogramm Continuous Damping Control (CDC): In seiner vierten Generation besitzt es ins Steuergerät integrierte Sensoren. Das verringert den Komponenten- und Montageaufwand und spart Platz. ZF ist zudem ein international bedeutender Produzent automatisierter Schaltgetrieben (ASG): Mit Steuerungselektronik von ZF können laut den Ingenieuren in der Praxis zwischen drei und acht Prozent Kraftstoff gegenüber manuellen Getrieben gespart werden. Sollten diese sich durchsetzen, könnte es gut sein, dass in einigen Jahren keiner mehr weiß, wer sie erfunden hat. (mid)