BMW R 18 Classic: Stilvoll auf Touren

BMW R 18 Classic: Stilvoll auf Touren
Die BMW R 18 Classic leistet 91 PS. © Jahn/BMW

Nach der BMW R 18 kommt nun auch die R 18 Classic auf den Markt. Mit ihr setzt der Münchner Motorradhersteller auf nostalgischer Touren.

Das soll die Kernkompetenz der BMW R 18 Classic sein. Wie die R 18 trägt auch die R 18 Classic den mit gut 1.800 Kubikzentimeter bei weitem größten Boxermotor im stählernen Rahmen, den die Bayern jemals gebaut haben.

Im Großen und Ganzen entspricht die Classic der Grundversion, technisch finden sich Unterschiede beim fetten Vorderrad sowie der Ausrüstung mit einer Temporegelungsanlage, optisch infolge zusätzlicher Ausstattung mit einem voluminösen Windschild, ledernen Satteltaschen und einer stark gestuften Zweipersonen-Sitzbank. Auch die stets chromglänzende Auspuffanlage präsentiert sich verändert, um Platz für die wohldimensionierten Gepäckbehälter zu schaffen. Dass das Ausstattungsplus den Kaufpreis reduzieren würde, wird niemand erwartet haben. So kostet die R 18 Classic als in einigen Details besonders liebevoll ausgestattete „First Edition“ 25.100 Euro. Wer sich jemals für ein zweirädriges Schwergewicht aus den USA interessiert hat, wird deshalb die Contenance nicht verlieren.

Passanten bleiben stehen

Kein Stopp an einer Ampel und kein Halt an einer Tankstelle vergehen, ohne dass Passanten Kontakt suchen. Der wahrhaft ikonische Motor mit seinen chromglänzenden Röhren der Stößelstangen auf der Oberseite, die beim Testfahrzeug chromglänzende Vorderseite des Triebwerks (im BMW-Jargon „Heldenbrust“ genannt), die offen rotierende Kardanwelle, der tropfenförmigen Tank mit den feinen Doppellinien – das und noch mehr ist großes Kino, und es löst die Zungen der der Betrachter. So wird der Fahrer stets aufs Neue bewundernd angesprochen. Man muss das aushalten können, sonst leidet die Freude an diesem gewaltigen Motorrad.

Gut daran tut der Fahrer, das Touren tatsächlich im Ruhepuls anzugehen, nostalgisch, wenn man so will. Die R 18 als Classic-Version erfüllt ihrem Fahrer jedweden Wunsch, egal wie weit die zurückzulegende Distanz ist, egal ob das zu durchfahrende Gelände eben, hügelig oder bergig ist.

Kurvenräubern wird schwierig

Nur eines beherrscht sie nicht: Kurvenräubern. Bei 30 Grad Schräglage ist Schluss, dann nehmen die Fußrasten Kontakt mit dem Asphalt auf. Ende Gelände. Deshalb ist „nostalgisch Touren“ tatsächlich der Ansatz der Wahl. Weist der Fahrer die Reife auf, an dieser Art der Fortbewegung tiefe Freude zu entwickeln, ist alles in Butter und das – auch zügige – Fahren der R 18 Classic funktioniert wie geschmiert. Denn zumindest als Durchschnittsmann von 1,76 Metern Länge sitzt man gut, hat die R 18 auch mittels der Oberschenkel am wohlgeformten Tank bestens im Griff.

Dennoch ist die R 18 von der immensen Lässigkeit, die das Fahren eines großen Harley-Tourers ausmacht, ein gutes Stück entfernt: Die beiden dicken Zylinder machen die Platzierung der Füße ein Stück weiter vorne nicht möglich. Die R 18 fährt sich deshalb aktiver, direkter. Die optionalen Trittbretter ermöglichen übrigens keinen entscheidenden Lässigkeits-Vorsprung gegenüber den Serien-Fußrasten.

91 PS Leistung

Die BMW R18 Classic ist optisch gelungen. Foto: Jahn/BMW

Der unglaublich durchzugsstarke 1,8 Liter-Boxer (91 PS) produziert Kraft im Überfluss bei bescheidenen Drehzahlen, schnell ist man im sechsten, über Land in fast allen Situationen passenden Gang. Das Getriebe flutscht, die Kupplungskraft ist ok. Die R 18 Classic lässt sich auch mit ihrem wulstigen Vorderrad zumindest von erfahrener Hand leicht und zielgenau dirigieren. Der Fahrkomfort kann logischerweise mit dem von modernen Reiseenduros bekannten „Fliegender-Teppich-Gefühl“ nicht mithalten, ist aber keinesfalls spartanisch, sondern harmoniert gut mit nostalgischem Touren. Die Dreischeiben-Bremsanlage weist trotz des hohen Fahrzeuggewichts beinahe Zweifinger-Qualität auf, wobei die hintere Bremse sich bestens ins Zeug zu legen vermag. Wer beim Kauf 970 Euro in die optionale Rückfahrhilfe investiert hat, freut sich trotz der niedrigen Sitzhöhe beim Rangieren in beengter Umgebung.

Natürlich macht BMW es R 18-Interessenten schwer, die Euros in der Geldbörse zu halten. Der Konfigurator lockt mit zahllosen „Nice to haves“ vom abschließbaren Tankdeckel (50 Euro) über das Headlight Pro mit „ikonischem Tagfahrlicht“ (390 Euro) bis hin zu diversen Radsätzen für bis zu 3.500 Euro. Man scheint in München gut aufgepasst zu haben, wie man jenseits des großen Teichs die Kunden umschmeichelt.

Egal wie es die Kunden halten: Das Fahren der BMW R 18 Classic ist bei passender Einstellung der Fahrerpsyche ein hocherfreuliches. Man muss nicht in dieser Art Motorradfahren. Aber man kann. Und zwar gut. (SP-X)

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