BMW R 1200 R: Großes Kino

Roadster mit 125 PS

BMW R 1200 R: Großes Kino
Die BMW R 1200 R bietet ein glänzendes Handling. © BMW

Wer sich für die BMW R 1200 R entscheidet, dem ist eines gewiss: eine Menge Fahrspaß. Denn der Roadster der Bayern bietet nicht nur eine ausreichende Leistung, sondern auch ein überzeugendes Handling.

Dass unverkleidete Motorräder auf kurvigen Landstraßen hohen Fahrspaß bieten, ist keine Überraschung. Da BMW die Fahrpräsentation Anfang Dezember 2014 in einem spanischen Kurvengewürm angesetzt hatte, war den Bayern die unmittelbare Anerkennung der angereisten Journalisten gewiss.

Inzwischen sind wir die Roadster mit dem wassergekühlten 125 PS-Boxermotor auch hierzulande ausgiebig gefahren: Auf Land- und Bergstraßen genau wie auf der Autobahn, solo und auch mit Sozia. Ohne jegliches Gepäck wie auch mit Seitenkoffern und zusätzlichem Topcase. Egal wie stark beladen der Roadster und das Geläuf beschaffen war: Für den Fahrspaß konnte es nur eine glatte Eins geben.

125 PS und sattes Drehmoment

Mehr als allen anderen Boxer-Bikes hat die Umstellung vom luftgekühlten auf den wassergekühlten Motor die Dynamik bei der BMW R 1200 R beeinflusst. Natürlich positiv. Denn mit 231 Kilogramm ist sie die leichteste Boxer-BMW, da nimmt man die Mehrleistung von 15 PS klarerweise am deutlichsten wahr - 92 kW/125 PS/ stehen jetzt zur Verfügung. Vor allem das mächtige Drehmoment von 125 Nm ist es aber, das die Roadster bei Bedarf enorm nach vorne drückt – und zwar keineswegs erst in der Gegend von 6.500Touren wenn der Drehmoment-Bestwert anliegt, sondern bereits weit, weit darunter.

Schon zwischen 2.000 und 3.000 Touren schnalzt die R 1200 R geradezu aus den Kurven heraus. Ganz großes Kino! Sofern die Sozia keine Einwände erhebt, ist das auch im Zweipersonenbetrieb in fast derselben Weise möglich, denn 70 Kilo mehr oder weniger scheinen diese BMW nicht zu beeindrucken.

Der Tacho der BMW R 1200 R
Das Cockpit der R 1200 R BMW/Künstle

Das Fahrverhalten ist dicht an der Perfektion angelangt: Agil einerseits, stabil sowohl in Kurven wie bei höchstem Tempo andererseits; auch die Seitenkoffer – egal ob leer oder beladen – stören kein bisschen. Die Testmaschine ist – wie praktisch alle in Deutschland ausgelieferten Fahrzeuge dieses Typs – mit dem semiaktiven Fahrwerksregelsystem Dynamic-ESA ausgerüstet, das sich ganz vorzüglich in Szene setzt und trotz vielfältiger Einstellmöglichkeiten einfach bedienbar ist. Alles, inklusive der Vorspannung des Zentralfederbeins, passiert auf Knopfdruck. Wer auf ruppigen Untergrund gerät, kann sogar in Fahrt auf „fliegender Teppich“ umschalten, und wer’s besonders eilig hat, klickt auf „Sport“, was die Dämpfung strafft.

Hervorragende Bremsen

Eine Macht ist die R 1200 R auch beim Bremsen: Kürzere Bremswege als mit ihr sind kaum realisierbar, und das bei einer vorbildlichen Stabilität! Die Auslegung der Dreischeiben-Bremsanlage (mit Teilintegral-System, bei dem der Handhebel auch auf die Hinterradbremse wirkt) mit radial angelenkten Bremszangen und Hinterrad-Abhebeerkennung beim ABS ist perfekt geglückt. Bedauern mag man lediglich, dass das ABS Pro mit der Zusatzfunktion „Kurven-ABS“ im Modelljahr 2016 bei der R 1200 R noch nicht verfügbar ist. Ansonsten ist die Roadster auf den absolut letzten technischen Stand.

Das Testbike überzeugt aber auch optisch. Die Style 1-Ausführung (350 Euro Aufpreis) mit rotlackiertem Rahmen, weißer Lackierung, rot-schwarzen Graphics und Gold eloxierten Bremssätteln, weißem Motorspoiler, Edelstahl-Tankblende und Cockpitblende „Pure“gülden lässt die Roadster schon im Stand so dynamisch wirken, wie sie sich tatsächlich fährt. Verschiedene Styles offeriert auch das große Zentralinstrument: Im vollständigen Modus (Style 0) können in den beiden Anzeigenbereichen die Fahrzeuginformationen individuell angeordnet oder angezeigt werden. Der sportliche Modus (Style 1) bietet eine Balkenanzeige der Motordrehzahl, der touristische Modus (Style 2) reduziert den Informationsumfang und stellt die Geschwindigkeitsanzeige in den Mittelpunkt. Wer dies als Spielerei abtut, hat nur teilweise Recht, denn beim entspannten Bummeln in der tempobegrenzten Schweiz beispielsweise braucht man bei diesem superelastischen Triebwerk wirklich keinen Drehzahlmesser.

Wer mehr als nur Tagesausflüge unternehmen will kann auf das neu entwickelte Koffersystem zurückgreifen. Es lässt sich vorbildlich einfach bedienen, die silbermetallic lackierten Koffer sitzen eng am Fahrzeug und sind bestens nutzbar; Innentaschen von sehr guter Qualität sind zusätzlich zu haben. Das identisch lackierte Topcase ist gleichermaßen funktional und harmoniert recht gut mit der Maschine (sofern man diese Eigenschaft den Heckbehältern überhaupt zuschreiben kann). Die Fahrstabilität wird durch das Topcase überhaupt nicht beeinflusst. Ein sehr gutes Stück ist der wasserdichte Tankrucksack: Passgenau gearbeitet ist er und sehr einfach zu befestigen.

Einwandfreie Bedienung

Die BMW R 1200 R
Die R 1200 R hat 125 PS BMW/Martinez

Dass ein Navigationsgerät im Bereich des Lenkkopfs niemals perfekt untergebracht ist, weiß man; bei einem Nakedbike, das ja keine Scheibe bzw. Verkleidung aufweist, gibt es aber nun mal keine andere Möglichkeit. Die Bedienung sämtlicher Tasten, Wippen und Hebel ist einwandfrei, die Zuordnung logisch. Für wichtige Funktionen muss man sich vorteilhafterweise nicht durch ein voluminöses Menü zappen, sondern kann eine separate Taste nutzen.

Diesbezüglich ist BMW fraglos führend. Sehr gut gelungen ist auch das bestens sichtbare Tagfahrlicht, das die markante Form eines Knochens aufweist. Auch dem gegen Aufpreis erhältlichen Keyless Ride gebührt ein Lob, weil es den Tankdeckel in den Funktionsumfang der Schließanlage integriert – wenn schon, denn schon! Ein besonders feines „Nice-to-have“ ist der Schaltassistent Pro: Für Gangwechsel genügt einfach „Fußeln“, die Kupplungshand bleibt in Ruhestellung – blitzschnelle Gangwechsel praktisch ohne Zugkraftunterbrechung sind gewährleistet. Auch das Herunterschalten „einfach so“ klappt bestens.

Man muss sich mit Pingeligkeiten begnügen, wenn man die BMW R 1200 R kritisieren will: Ja, es gab schon unauffälligere Seitenkoffer-Befestigungen bei BMW als bei der Roadster. Und: Ja, es zieht kräftig oberhalb von 180 km/h. Aber das muss so sein bei einem Nakedbike – außerdem kann man die R 1200 R ohnehin weit besser über die Autobahn prügeln als die meisten anderen „Nackten“. Wichtig ist, die richtige Sitzbank auszuwählen: Wer für die Seriensitzbank zu groß ist, muss sich arg zusammenfalten. Aber auch das hat der Käufer selbst in der Hand. (SP-X)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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