Die BMW F 800R ist ein Motorrad für Puristen. Sie macht weniger durch ihr Aufsehen auf sich aufmerksam, als durch ihre Fahrleistungen. Und die sind so, wie man es von den Münchnern kennt: überzeugend.
Von Thomas Mendle
Wer hätte das gedacht, dass BMW einmal Motorräder vom Schlage einer F 800R bauen würde. Es ist noch nicht allzu lange her, dass BMW just die altbackenen Modelle auf die Räder stellte, die die damalige Klientel der Weißblauen haben wollte. Das hat sich gründlich gewandelt. Und prompt stellte sich dank einer bedeutend breiteren Käuferschicht der Erfolg auf dem heimischen Markt ein.
Grimmig kommt die F daher, fast wie ein Cyberbot guckt das Bike aus der Wäsche mit seinen beiden ungleich großen Scheinwerfern. Sicher liegt Schönheit stets im Auge des Betrachters, doch eines ist die F 800R sicher nicht: ein Bike wie jedes andere. Das Styling polarisiert. Was aussieht wie ein Tank ist die Abdeckung des Luftfilterkastens, getankt wird in die rechte Flanke des Bikes. Am Heck schmiegt sich der bullige Endschalldämpfer eng ans Fahrzeug. Das kleine Windschild ums Cockpit herum ergänzt die Streetfighteroptik à la Triumph Speed Triple ideal
Aufsteigen und wohl fühlen
Aufsteigen und wohl fühlen heißt das Motto, sobald man den Rücken der F erklommen hat. Die Fußrasten sind relativ weit hinten montiert, was aber den Fahrerrücken spürbar entlastet. Damit die F 800R für alle Fahrer passt, gibt es die Sitzbank neben der standardmäßigen Höhe von 80 Zentimetern auch 2,5 Zentimeter niedriger und höher. So erreichen kürzere Fahrer den Boden sicher, und für größere Biker wird damit der Kniewinkel nicht zu unangenehm.
Mit einem Druck auf den Starterknopf nimmt der 64 kW/87 PS starke Reihenzweizylinder seine Arbeit auf. Was der Motor dabei in den Schalldämpfer entlässt, ist nicht von schlechten Eltern - ein blechern-kehliger Klang, der selbst den Boxern aus gleichem Hause gut zu Gesicht stehen würde. Gang einlegen und schon schiebt der bei Rotax gebaute Motor bereits ab Leerlaufdrehzahl sanft, aber mit Nachdruck voran.
Die F hängt dabei sauber am Gas und setzt jegliche Befehle der rechten Hand willig um. Gasaufreißen im oberen Drehzahlbereich quittiert sie mit einem durchdringenden Hämmern aus dem Ansaugtrakt. Der Bayern-Fighter macht in allen Lebenslagen Spaß, auch wenn er einen Tick mehr Power vertragen könnte. Einzige Ausnahme ist die Autobahn, denn der Gleichläufer-Twin entlässt bei mittleren Drehzahlen enorme Vibrationen in den Lenker. So enorm, dass dem Fahrer bereits nach kurzer Distanz die Hände einschlafen. Hier sollte der Hersteller dringend nachbessern.
Landstraße ist Metier der F 800R
Doch das Metier der 11 245 Euro teuren F 800R ist ohnehin eher die Landstraße. Je winkeliger das Geläuf, desto besser. Beeindruckend leichtfüßig lässt sich die Bajuwarin von einer Kurve in die nächste werfen. Allenfalls derbe Stöße dringen bis zum Kreuz des Fahrers durch. Treibt man es auf holperigen Strecken zu bunt, so muss hin und wieder schon einmal der unter dem Lenkkopf montierte Lenkungsdämpfer das eine oder andere Lenkerschlagen aus dem Fahrwerk fischen. Nicht so stur wie andere BMW-Getriebe, aber dennoch recht knochig zu schalten, präsentiert sich die Transmission der F 800R.
Ein Meisterstück sind die Bremsen, die zwar vehement zupacken, aber stets feinfühlig zu dosieren sind. Und kommen die Räder dabei an die Blockiergrenze, so greift das einwandfrei regelnde, doch aufpreispflichtige ABS (710 Euro) ein.
Für die Sozia muss die Liebe zum Fahrer allerdings groß sein, denn der Sitzkomfort in der zweiten Reihe reicht für den Weg zur Eisdiele, größere Strecken malträtieren das untere Rückenstück arg. Das Grinsen - zumindest beim Fahrer - kehrt jedoch an der Zapfsäule zurück. Bei verhaltener Landstraßenfahrt gehen noch nicht einmal vier Liter Superbenzin pro 100 Kilometer durch die Einspritzdüsen, zieht man etwas mehr am Kabel, so werden es 4,5 und auf der Autobahn lässt sich der Bayern-Fighter mit gerade einmal 5,5 Liter bewegen.
Unterm Strich hat BMW mit der F 800R ein agiles, gutmütiges und überaus sparsames Mittelklassemotorrad in seinem Programm, mit dem es sich trefflich durch Berg und Tal räubern lässt. Wer hingegen längere Autobahnetappen überbrücken können will, sollte eher zu einem anderen Bike greifen.(mid)