BMW schickt am 19. März die K 1600 GT und GTL an den Start. Das Flaggschiff der Münchner bringt alles mit, um im Tourermarkt für Unruhe bei den Mitbewerbern zu sorgen. Und das nicht nur wegen des neuen Sechszylinder-Motors.
Von Frank Mertens
Noch sind die neue BMW K 1600 GT und die K 1600 GTL gar nicht auf dem Markt. Doch die Kunden der Münchner scheinen auf die ersten 6-Zylinder Reihenmotoren in einem BMW-Motorrad geradezu gewartet zu haben.
So liegen bereits vor dem europaweiten Marktstart am 19. März 2000 Vorbestellungen für die neuesten Topmodelle von BMW vor. Angesichts eines Basispreises von 19.900 Euro für die GT und 21.850 Euro für die GTL müssen die Begehrlichkeiten der Kunden schon hoch sein, eine Maschine zum Preis eines anständig ausgestatteten Kompaktautos zu bestellen, ohne mit ihr auch nur einen Testkilometer zurückgelegt zu haben.
Mehr Sportlichkeit auf BMW K 1600 GT
Diejenigen, die diesen Mut aufgebracht haben, können beruhigt sein. Sie müssen ihre Entscheidung nicht bereuen. Die beiden Maschinen bieten alles, was ein anspruchsvoller Tourenfahrer erwartet. Dabei bedienen die Bayern gleich zwei Fraktionen: Während die GT mit ihrer nach vorn geneigten Sitzposition eher den dynamisch orientierten Fahrer anspricht, ist die GTL eher für das Klientel gedacht, das Touren in seiner Urform bevorzugt und sich nach noch mehr Komfort sehnt: Aufrechte Sitzposition, eine Sitzhöhe von 75 Zentimetern (sechs Zentimeter weniger als bei der GT) und eine Basisausstattung, die neben ABS und Xenon-Licht auch eine Geschwindigkeitsregelanlage, beheizbare Griffe und eine beheizbare Sitzbank aufweist.
Zur Serienausstattung gehört auch das elektrisch verstellbare Windschild, das den Fahrer und Mitfahrer vor unangenehmen Verwirbelungen schützt. So lassen sich lange Strecken ausgesprochen entspannt zurücklegen, auch für den Mitfahrer. Er kann sich auf der GTL dann auch über eine Rückenlehne freuen. Jetzt fehlen dem Sozius nur noch die Armstützen – und er fühlt sich nicht mehr wie auf einem Motorrad, sondern wie auf der Sofalandschaft im heimischen Wohnzimmer. Wer unbedingt einen solchen Wunsch verspürt, kein Problem, im Zubehörprogramm wird man fündig.
Audiosystem und integriertes Navi
Dort lässt sich beispielsweise für 1100 Euro auch ein Audiosystem mit der Vorbereitung für ein Navigationssystem mit 5,7-Zoll Farbdisplay ordern. So kann man unterwegs nicht nur bequem Radio hören, sondern sich auch seine Lieblingsmusik auf einen USB-Stick ziehen, den man dann nur noch in den in der Seitenverkleidung befindlichen Slot stecken muss. Einfacher geht es nicht. Eine prima Sache ist das fest in die übersichtliche Instrumententafel integrierte Touchscreen-Navi. Es weist einen nicht nur optisch äußerst genau den Weg, sondern informiert den Fahrer auch mittels Ansage über die einzuschlagende Route. Das ist auch nötig, denn je nach Sonnenstand ist das Display des Navis nur bedingt ablesbar.
Niedriger Schwerpunkt
Doch bei allen Ausstattungsfeatures ist das Highlight der K 1600 GT/GTL ihr Sechszylinder-Motor. Er bietet bei einem Hubraum von 1649 ccm eine Leistung von 160 PS und ein maximales Drehmoment von satten 175 Newtonmetern. Dabei sollen mehr als 70 Prozent des maximalen Drehmoments bereits ab 1500 Umdrehungen zur Verfügung stehen. Das sind die reinen Zahlen: Doch wie agiert dieses kompakt verbaute Aggregat in der Praxis? Souverän! Der gerade einmal 102,6 Kilogramm leichte Motor – laut BMW der leichteste Sechszylinder-Reihenmotor in Serie – bietet eine beeindruckende Leistungsentfaltung.
Dank des satten Drehmoments lässt es sich auch bequem im fünften oder sogar sechsten Gang durch die Stadt fahren. Eigentlich schade, denn die Sechsgangschaltung ist gut abgestimmt, verrichtet einen prima Job. Wer es beim Touren auch dynamischer mag, kein Problem. Auch hier kommt der GT-Kunde auf seine Kosten. Trotz des stattlichen Gewichts von 319 Kilogramm (ohne Koffer wohlgemerkt) lässt es sich auf der GT erstaunlich sportlich unterwegs sein. Dafür sorgt zum einen ein niedriger Schwerpunkt, zum anderen eine gute Gewichtsverteilung von 52 Prozent auf dem Vorder- und 48 Prozent auf dem Hinterrad.
Wer den Blick auf die Daten wirft, kann auch zufrieden sein. In 3,2 Sekunden ist auf der GT Tempo 100 erreicht (die GTL braucht 3,4 Sekunden) und die Spitzengeschwindigkeit liegt über 200 km/h. Nicht zu verstecken braucht sich dieser Tourer beim Verbrauch. Hier standen nach fast 300 Testkilometern 5,4 Liter auf dem Display des Bordcomputers, ein sehr guter Wert.
Natürlich fehlen auch bei der GT/GTL nicht die vielen elektronischen Helfer, die man bereits aus anderen Maschinen der Bayern kennt. So gibt es neben der elektronischen Fahrwerksanpassung ESA (Aufpreis 740 Euro) auch die Möglichkeit, das Motorrad an die verschiedenen Straßenverhältnisse und Fahrweisen anzupassen. So kann der Fahrer zwischen den drei Einstellungen Rain, Road und Dynamic wählen.
Weltneuheit adaptives Kurvenlicht
Während in der Einstellung Rain nicht die gesamte Motorleistung bereitgestellt wird, steht im Modus Road wieder die komplette Power des Sechszylinders zur Verfügung; zudem spricht der Motor schneller an. Für die sportlichen Kunden steht der Dynamic Modus bereit: er soll dem Fahrer durch den späten Eingriff des Schleuderverhinderers sogar Driftbewegungen ermöglichen.
Eine Weltneuheit präsentiert BMW mit dem adaptiven Kurvenlicht, dass die Straße auch in Schräglage ausleuchtet und so ein deutliches Plus an Sicherheit bietet. Die 850 Euro, die BMW dafür in Kombination mit der Traktionskontrolle DTC und der Reifendruck-Überwachung aufruft, sind gut investiertes Geld.
Hauptmärkte des neuen Flaggschiffes von BMW werden Frankreich, Deutschland und die USA sein. Hier wird die K 1600 GT/GTL jedoch erst im Mai eingeführt. Auch wenn die BMW-Verantwortlichen sich zu Absatzerwartungen ihrer beiden neuen Flaggschiffe nicht äußern wollen, steht nach den Testfahrten eines fest: Beide Maschinen werden den Tourermarkt mächtig aufmischen.