BMW iX: Hoffen auf den großen Wurf

BMW iX: Hoffen auf den großen Wurf
Der Preis für den BMW iX xDrive40 startet bei 77.300 Euro. © BMW

Der BMW iX wird das neue Elektro-Flaggschiff der Münchner sein. Wir durften neben Projektleiter Johann Kistler auf dem Beifahrersitz Platz nehmen.

Es ist ein Abschluss, den sich Johann Kistler nicht schöner hätte vorstellen können. „Für mich begann bei BMW alles mit der Elektromobilität und jetzt endet es auch damit.“
Anfang der 1980er-Jahre arbeitete Kistler als junger Ingenieur mit seinen Kollegen an dem Forschungsprojekt „Elektroauto mit Hochenergiebatterie“. Mit ihm sollte die damals neuartige Natrium-Schwefel-Batterie ausprobiert werden.

Gut 40 Jahre später fährt Kistler bei seinem Besuch in Berlin mit dem BMW iX vor. Es ist das neue Elektroflaggschiff der Münchner – und Kistler ist der Projektleiter des ersten Modells, das auf dem modular skalierbaren Zukunftsbaukastens des Konzerns basiert. Der iX ist zugleich das letzte Auto, das Kistler als Projektleiter verantwortet.

Anschluss an die Konkurrenz finden

Im Innenraum des BMW iX werden nachhaltige Materialien verwendet. Foto: BMW

Bevor der 64-Jährige im kommenden Jahr in Rente geht, fiel ihm mit seinen Kolleginnen und Kollegen die Aufgabe zu, ein Auto auf den Weg zu bringen, mit dem BMW wieder Anschluss findet an die Konkurrenz. Sie ist dem Autobauer bei der Elektromobilität enteilt. Nicht wenige Experten werfen den Münchnern vor, ihren Vorsprung bei der Elektromobilität verspielt zu haben, nachdem man 2013 mit dem i3 noch zu den Vorreitern bei der E-Mobilität gehört hat.

Doch seither gab es kein neues reines E-Auto mehr aus München, nur noch Plug-in-Hybride, sieht man einmal vom iX3 ab. Dieses Modell baut allerdings – der Strategie „Power of Choice“ folgend – auf einer Verbrennerplattform auf. Der BMW iX wurde zwar als reines E-Auto konzipiert, bildet aber keine reine Elektroplattform. Die wird es bei BMW erst ab 2025 geben. Allerdings soll auch sie noch in der Lage sein, auch Verbrennungsmotoren integrieren zu können.

Schaut man abseits von Tesla auf die deutsche Premiumkonkurrenz, dann kann Audi seinen Kundinnen und Kunden neben dem Oberklasse-SUV e-tron auch den e-tron GT und neuerdings den Q4 e-tron bieten, der auf dem Modularen Elektrifizierungsbaukasten des VW-Konzern basiert. Bei Mercedes hat man gerade den EQS präsentiert und bei Porsche freut man sich über den Erfolg des Taycan. Jeweils Modelle mit reinen E-Architekturen.

Batterietechnologie weiterentwickelt

Der BMW i4 soll ebenfalls dieses Jahr auf den Markt kommen. Foto: BMW

Dass man BMW vorwirft, den Weg in die E-Mobilität verschlafen zu haben, kann Kistler aber nicht nachvollziehen. Er verweist darauf, dass sein Arbeitgeber in den zurückliegenden Jahren die Batterietechnologie immer weiter verbessert habe. „Mittlerweile kommt bei uns schon die fünfte Generation zum Einsatz“, sagt Kistler. Elektromotor, Getriebe und die Leistungselektronik befinden sich dabei in einem gemeinsam genutzten Gehäuse. Diese kompakte Bauweise soll auch den Wirkungsgrad des Antriebs optimieren.

Dieser Antrieb kommt auch im iX zum Einsatz, der Ende des Jahres zu einem Einstiegspreis von 77.300 Euro auf den Markt kommen wird. Damit liegt er auf dem Preisniveau eines vergleichbaren X5. Zum Marktstart werden zwei Varianten eingeführt: der iX xDrive 40 mit 326 PS und der iX xDrive 50 mit 523 PS. Es ist auch das Modell, mit Kistler uns zu einer Mitfahrt durch den Süden Berlins abholte.

Der iX ist ein wahres Trumm von Auto – und er wirkt mit seiner Größe im Stadtverkehr und seinem arg groß dimensionierten Grill doch etwas abschreckend. Musste es unbedingt ein SUV sein und dasnn noch eines in dieser Größe? „Wissen Sie“, sagt Kistler, „unsere Kunden verlangen nach viel Platz – und den bieten wir ihm mit diesem Auto. Zugleich bedienen wir damit die nach wie vor starke Nachfrage nach SUVs“, sagt Kistler. Wer es kleiner mag, für den bieten wir ja auch den i4 an“, fügt er hinzu.

Luftiger Innenraum

Der BMW-Ingenieur, der auch den 7er, 5er und den X5, X6 und X7 verantwortet hat, mag die Dimensionen des iX. „Hier finden selbst Großgewachsene ausreichend Platz vor.“ Im Fond, so zeigt er es uns später, kann man sich mit den Knien auch leicht versetzt hinsetzen, ohne daran vom Vordersitz gehindert zu werden.

Im Innenraum des 4,95 Meter langen iX geht es entsprechend luftig zu, dieser Eindruck wird durch das riesige Glaspanorama-Dach verstärkt. Das Cockpit wird von einem großen, gut ablesbaren Display bestimmt, das etwas mehr als die Hälfte der Fahrzeugbreite einnimmt. Das sieht alles ebenso schick aus, wie das fast schon eckige Lenkrad. Es liegt, wie wir später im Stand ausprobieren können, gut in der Hand.

Dass man im iX Wert auf die Verwendung von nachhaltigen Materialien gelegt hat, verstehe sich von selbst, sagt Kistler. Das Thema Nachhaltigkeit spiele für das gesamte Fahrzeug eine herausgehobene Rolle, berichtet der Projektleiter. Er verweist darauf, dass man dabei einem ganzheitlichen Ansatz gefolgt sei, der unter anderem auch die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards bei der Rohstoffgewinnung vorsehe.

Über 600 Kilometer Reichweite

Doch wie lässt sich die Größe eines solchen Autos und dessen Gewicht (2,5 Tonnen) mit der Effizienz verbinden? Es ist natürlich eine Gratwanderung, die man mit Blick auf die Verbrauchswerte aber augenscheinlich durch eine Vielzahl von Maßnahmen wie beispielsweise einem cW-Wert von 0,25 gut gelöst hat. Sie soll bei gerade einmal 19 kWh liegen. Bezogen auf die 105,2 kW starke Batterie im iX 50 (71 kWh im iX40) ergeben sich damit Reichweiten von bis zu 630 Kilometer.

Wie immer kommt es aber dabei darauf an, wie man fährt. Wer meint dank der zwei E-Motoren an Vorder- und Hinterachse in 4,6 Sekunden auf Tempo 100 beschleunigen zu müssen und 200 km/h schnell fahren zu müssen, der wird damit locker weit über 20 kWh liegen. Wer es indes verhaltener angehen lässt, der kann dieses Dickschiff auch unter 20 kWh bewegen, wie der Blick vom Beifahrersitz auf den Bordcomputer nach unserer rund einstündigen Spritztour durch den Berliner Süden zeigte.

Verzicht auf 800 Volt

Der BMW iX hat eine Reichweite von mehr als 600 Kilometer. Foto: BMW

Damit auch die unterschiedlichen Fahrertypen wissen, wie weit sie kommen, kann man sich im Display einen Reichweitenkorridor anzeigen lassen. Er zeigt an, wie weit man mit einem sportlichen und wie weit man mit einem verhaltenen Fahrstil kommen kann. Das animiert dann schnell zu einem nicht ganz so sportlichen Fahrstil. Wer an die Ladestation muss, der kann mit einer Leistung von maximal 200 kW laden. An einer Schnellladestation lässt sich der Akku so in 35 Minuten von 10 auf 80 Prozent aufladen.

Ob der iX nun dazu beitragen wird, dass BMW bei der E-Mobilität wieder Anschluss an die Konkurrenz findet, bleibt abzuwarten. Der Kunde wird darüber ab Ende des Jahres entscheiden. Kistler jedenfalls zeigt sich zufrieden mit dem, was er mit seinen Kolleginnen und Kollegen auf den Weg gebracht hat. Der Ruhestand kann kommen.

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