Robert Irlinger verantwortet bei BMW die Elektromobilität. Im Interview mit der Autogazette spricht der Leiter von BMW i über kommende Modelle, die Ansprüche der Kunden und darüber, weshalb es klare regulatorische Vorgaben des Gesetzgebers bedarf.
Der Autobauer BMW sieht sich bei der Elektromobilität im Vergleich zur Konkurrenz besser aufgestellt. «Wir sind bei der Elektrifizierung bereits in die Breite gegangen – haben 8 Modelle im Markt und sind mit 21 Prozent Marktanteil in Europa weiter als alle anderen. Und wir haben noch viel mehr vor», sagte der Leiter von BMW i, Robert Irlinger, im Interview mit der Autogazette.
BMW bringt 25 elektrifizierte Modelle bis 2025
Wie der Manager hinzufügte, werde BMW bis 2025 insgesamt 25 elektrifizierte Modelle auf den Markt bringen. Darunter würden sich zwölf vollelektrische Modelle und 13 mit Plug-in-Hybrid befinden. Der Weg dorthin sei klar umrissen, nachdem man derzeit bereits den BMW i3, i3s, den i8 sowie sechs Plug-in-Hybride im Angebot habe. «Im kommenden Jahr bringen wir den i8 Roadster, in 2019 den vollelektrischen Mini. In 2020 kommt der vollelektrische X3. Der nächste große Innovationssprung wird der iNext 2021 sein.» Dieses Fahrzeug werde dann auf komplett neuen Baukästen beruhen. «Danach kommt der BMW Vision Dynamics.»
«Wir setzen auf einer guten Basis auf»
Autogazette: Herr Irlinger, wer sich die Ankündigungen auf der IAA angehört hat, könnte der Meinung sein, dass sich die Autobranche neu erfindet. Ist es eine Neuerfindung?
Robert Irlinger: Es war eine Messe, in der die Elektrifizierung im Mittelpunkt stand. Ist es eine Neuerfindung? Für uns ist es keine Neuerfindung, vielmehr ein positiver Schub, nachdem wir bereits vor vier Jahren in die Elektromobilität eingestiegen sind. Wir setzen auf einer guten Basis auf.
Autogazette: Ist das nicht sehr beschönigend? Bislang haben Sie mit dem i3 nur ein reines Elektroauto im Angebot. Sieht so ein großes Zutrauen in eine Zukunftstechnologie aus?
Irlinger: Sie klammern unsere Plugin-Hybride aus. Wir sind bei der Elektrifizierung bereits in die Breite gegangen – haben 8 Modelle im Markt und sind mit 21 Prozent Marktanteil in Europa weiter als alle anderen. Und wir haben noch viel mehr vor.
Autogazette: Was haben Sie genau vor? Ich habe von der BMW Group auf der IAA einen Elektro-Mini, den neuen i3, einen X7 und den BMW i Vision Dynamics gesehen. Es sind bis auf den i3 nur Showcars.
Irlinger: Bis 2025 werden Sie von BMW 25 elektrifizierte Modelle sehen. Zwölf vollelektrische und 13 mit Plug-in-Hybrid. Der Weg dorthin ist klar umrissen. Aktuell haben wir schon den BMW i3, i3s und den i8, sowie 6 Plug-In-Hybride. Im kommenden Jahr bringen wir den i8 Roadster, in 2019 den vollelektrischen Mini. In 2020 kommt der vollelektrische X3. Der nächste große Innovationssprung wird der iNext 2021 sein. Er basiert dann auf komplett neuen Baukästen. Danach kommt der BMW Vision Dynamics.
«Wir agieren aus Perspektive der BMW Group»
Autogazette: Auch wenn der Elektro-Mini nicht in Ihren Verantwortungsbereich fällt: Ist das nicht arg spät, dieses Auto erst 2019 zu bringen? Schließlich steht Mini für urbane Mobilität.
Irlinger: Nein, denn wir agieren an dieser Stelle immer aus der Perspektive der BMW Group. Nachdem wir mit i3 und i8 einen guten Grundstein gelegt haben, sehen wir, dass jetzt die Zeit reif ist, vollelektrisch auch in die Kern- und Volumenmodelle zu gehen. Den Anfang macht der Mini in 2019.
Autogazette: Sie bringen in Kürze das Facelift des i3 auf den Markt. Doch mehr Reichweite hat er nicht bekommen. Warum nicht?
Irlinger: Wir haben dem i3 erst vor einem Jahr 50 Prozent mehr Reichweite auf jetzt 300 Kilometer im NEFZ gegeben. Damit können Sie mit diesem Fahrzeug jetzt im Alltagsbetrieb leicht 200 Kilometer weit fahren. Da wir den i3 nach wie vor als Fahrzeug im urbanen Umfeld sehen, sehen wir für eine weitere Reichweitensteigerung derzeit keine Notwendigkeit. Aber wir schließen nicht aus, dass da über die Jahre noch etwas kommt.
Autogazette: Neben dem i3 bringen Sie nun mit dem i3s eine Sportversion auf den Markt. Können Sie mir die Sinnhaftigkeit dieses Autos erklären, der durch seine höhere Leistung auf 20 Kilometer weniger Reichweite kommt?
Irlinger: Am Ende des Tages bestimmt der Kunde, was er haben will. Neben mehr Reichweite - was wir im vergangenen Jahr erfüllt haben – wollte er mehr Dynamik. Das bieten wir ihm nun mit dem i3s. Ein BMW i ist ein BMW und auch er steht für Freude am Fahren. Wir bedienen damit eine spezifische Kundengruppe, die bereit ist, für mehr Fahrdynamik auf etwas Reichweite zu verzichten.
«Planen mit Reichweiten von 500 Kilometern»
Autogazette: An welcher Reichweite orientieren Sie sich denn zukünftig?
Irlinger: Abseits der urbanen Mobilität Fahrzeuge planen wir mit Reichweiten von 500 Kilometern.
Autogazette: Wie lange braucht es, um Ihre Produktion auf einen Markthochlauf der E-Mobilität vorzubereiten?
Irlinger: Sobald wir unsere nächsten Modelle wie den elektrischen BMW X3 und Mini bringen werden, werden wir die Möglichkeit haben, unsere Produktion der Nachfrage anzupassen. Von 2020/2021 an sind wir in der Lage, flexibel zu reagieren, weil dann alle unsere Fahrzeuge – also Verbrenner, E-Autos und Plug-in-Hybride - von einem Produktionssystem kommen werden. Steigt die Nachfrage nach der E-Mobilität, können wir problemlos in der Produktion mehr Gas geben. Alle Fahrzeuge werden dann unabhängig von ihrem Antrieb am gleichen Band produziert.
Autogazette: Ab wann glauben Sie, einen wirklich spürbaren Anteil an Elektroautos zu produzieren. Fast alle Hersteller erwarten ab 2025 einen Anteil von 15 bis 25 Prozent am Gesamtabsatz.
Irlinger: Bei uns ist das ähnlich: Auch wir erwarten ab 2025 einen spürbaren Anteil an E-Autos am Gesamtabsatz. Diese Prognose von 15 bis 25 Prozent zeigt aber auch, dass niemand genau weiß, wie sich der Markt genau entwickeln wird.
«Tesla ist nur anders in den Markt eingestiegen»
Autogazette: Die deutschen Hersteller sehen sich immer mit dem Vorwurf konfrontiert, dass Tesla bei der E-Mobilität viel weiter ist. Ist man das?
Irlinger: Tesla hat eine Top-down-Strategie gewählt. Doch sind sie weiter oder besser? Nein, Tesla ist nur anders in den Markt eingestiegen. Wir sind da eingestiegen, wo Elektrofahrzeuge heute schon Sinn machen – im urbanen Bereich, und zünden nun die zweite Phase und bringen 2020 den X3 vollelektrifiziert.
Autogazette: Für das Model 3 von Tesla liegen über 400.000 Bestellungen vor. Warum gelingt so etwas nicht den deutschen Herstellern mit ihren Modellen?
Irlinger: Wir können unseren i3 nicht mit einem Model 3 vergleichen, denn Tesla steigt damit in das Segment mittelgroßer Limousinen ein. Das hat ein größeres Potenzial für den Marktanteil.
Autogazette: Freut Sie derzeit eigentlich die Diskussion um Dieselfahrverbote? Schließlich könnte das einen Schub für die E-Mobilität bedeuten.
Irlinger: Das freut uns nicht. Denn wir halten Fahrverbote für den falschen Weg. Aber wir wünschen uns vom Gesetzgeber klare regulatorische Vorgaben, die sich nicht im jährlichen Rhythmus ändern. Man sollte es dem Kunden überlassen, für welche technische Lösung er sich entscheidet. Wir sehen im Diesel nach wie vor einen Weg in die Zukunft.
«Wir setzen auf Verbesserung der Ladeinfrastruktur»
Autogazette: Gerade wurde der Mobilitätsfonds auf eine Milliarde Euro aufgestockt. Versprechen Sie sich davon etwas für die E-Mobilität in Deutschland?
Irlinger: Wir setzen derzeit vor allem auf die Verbesserung der Ladeinfrastruktur, um der E-Mobilität zu einem weiteren Schub zu verhelfen. Wir hoffen natürlich, dass über Förderprogramme und den Mobilitätsfonds Geschwindigkeit aufgenommen wird. Das gleiche betrifft die Vorschrift für den Ausbau der Lademöglichkeit bei Neubauten, Stichwort: Ladepunkte in Gemeinschaftseigentum. So etwas braucht man, will man einen weiteren Schub erzeugen. Dort muss die Politik Randbedingungen vorgeben. Wir erhoffen uns hier in der Tat mehr.
Autogazette: Ursprünglich wollte das Konsortium aus Daimler, VW, Ford und BMW bereits in diesem Jahr Hunderte Schnellladestationen schaffen, ehe es ab 2018 Tausende sind. Um dieses Projekt ist es ja ziemlich ruhig geworden?
Irlinger: Es gab eine kurze Verzögerung. Jetzt sind alle rechtlichen Hürden genommen. Klar, wir hätten es uns gewünscht, wenn das früher begonnen hätte. Doch wir sind zuversichtlich, dass wir noch in 2017 die ersten Ladestationen sehen werden.
«i3 ist in vielen Haushalten ein Zweitfahrzeug»
Autogazette: Als der BMW i3 auf den Markt kam, wollte man dem Käufer für längere Strecken wie Fahrten in den Urlaub ein Auto mit Verbrenner kostenlos ausleihen. Warum gibt es dieses Angebot nicht mehr?
Irlinger: Jeder BMW i-Kunde bekommt in Deutschland eine Sixt-Gold-Card. Das bedeutet einen Rabatt von 20 Prozent auf den Basistarif. In anderen Ländern wie England oder den USA erhält der Kunde für eine vorwählbare und vorausbezahlte Anzahl von Tagen im Jahr vom Händler ein konventionelles und größeres Langstrecken-Fahrzeug. In Deutschland ist es so, dass der i3 in vielen Haushalten das Zweit- oder sogar Drittfahrzeug läuft. Die Kunden brauchen also wenig weitere Add-on-Mobility.
Das Interview mit Robert Irlinger führte Frank Mertens