BMW F 900 R: Ungetrübter Fahrspaß

BMW F 900 R: Ungetrübter Fahrspaß
Die neue BMW F 900 R ist ein reinrassiger Roadster. © BMW

Mit der BMW F 900 R bringen die Münchner einen neuen Roadster auf den Markt. Bei ersten Fahrtests hinterließ das Bike einen guten Eindruck.

Roadster stehen für Purismus beim Motorradfahren. Keine Verkleidung stört bei ihnen den Fahrgenuss. Zwei Räder, ein Motor, ein Sitz, ein Lenker und reichlich Fahrtwind: das sind die Grundzutaten freudvollen Genießens der Fortbewegung auf zwei Rädern.

Ganz nach diesem Rezept war schon die bisherige BMW F 800 R gestrickt, die im BMW-Modellprogramm dazu ausersehen war, die bayerische Flagge im Segment der preisgünstigen Allroundbikes hochzuhalten. Das ist ihr in den zehn Jahren ihrer Existenz gelungen, ohne freilich jemals brillieren zu können. Zu stark war stets das Wettbewerbsumfeld, zu aggressiv die Preispolitik vor allem der japanischen Wettbewerber. Nun schlägt BMW ein neues Kapitel auf: Die F 900 R ist zwar weiterhin ein Roadster, tritt aber deutlich selbstbewusster auf – und ist mit einem Preis von knapp 9000 Euro so im Wettbewerb platziert, dass sie nicht leicht übersehen werden kann.

Sound erinnert an einen V2-Motor

Der vom bekannten 850er-Twin abgeleitete 900er-Motor darf als prächtig gelungen bezeichnet werden: Dank seiner speziellen Zündfolge erinnert sein Sound an einen V2-Motor, dazu hängt er bestens am Gas, lässt sich feinfühlig dosieren und zählt zu den durchzugsstarken Triebwerken.

Egal ob 2000 oder 4500 Touren anliegen: Ein kurzer Dreh am Gasgriff genügt und die F 900 R stürmt nach vorne. Auch bei mittleren und hohen Drehzahlen konnten wir keine störenden Vibrationen feststellen. Weil auch noch der Benzinkonsum mit um die fünf Liter Benzin pro 100 flott bis sehr flott gefahrene Kilometer stimmt, gilt für den Antrieb der F 900 R „Daumen hoch“.

Die BMW F 900 R verfügt über ein Farb-TFT-Display. Foto: BMW

Das Lob gilt aber nicht allein dem Motor, sondern auch Kupplung und Getriebe. Die beim Gangwechsel aufzubietenden Kräfte sind ausgesprochen gering, die Zahnräder wechseln ihre Position geschmeidig und ohne jegliches Hakeln. Der optionale Quickshifter arbeitet in der R spürbar weicher, als er das in der motorisch ja sehr ähnlichen F 850 GS tut. Zusammengefasst: Nicht nur in punkto Leistung bietet die F 900 R einen erklecklichen Mehrwert, sondern auch in punkto Laufkultur und Geschmeidigkeit.

211 Kilogramm Leergewicht

Auch die neue F 900 R ist ein handliches Motorrad; mit 211 Kilogramm Leergewicht gehört sie zwar nicht zu den leichtesten Angeboten in diesem Segment, doch ihr ausgewogenes Wesen überzeugt. Von Vorteil wäre freilich, wenn der Lenkungsdämpfer bei sehr niedrigen Geschwindigkeiten etwas unauffälliger agieren würde. Man muss sich ein wenig an ihn gewöhnen. Auf Land- und Bergstraßen geht flottes, souveränes Fahren leicht von der Hand: Einlenken, durchziehen und aus den Biegungen nach Belieben rauszischen – der Fahrspaß mit der F 900 R ist in engen wie weiten Kurven ein großer.

Als Sänfte taugt die F 900 R erwartungsgemäß weniger; sie vermittelt direkten Kontakt zur Straße, ohne deshalb aber als unziemlich hart zu erscheinen. Sehr präzise arbeitet die Dreischeiben-Bremsanlage; weder am Bremsendurchmesser noch an den Radial-Bremssätteln hat BMW gespart. Kommt man in den Regelbereich des ABS, demonstriert die F 900 R eindrucksvoll, wie sensibel aktuelle Systeme die Fahrstabilität gewährleisten und dabei höchste Verzögerungen realisieren. Ein Kurven-ABS liefert BMW nur demjenigen, der gegen Zuzahlung das Aktiv-Paket ordert. Dann sind auch eine dynamische Traktionskontrolle sowie zwei weitere Fahrprogramme an Bord. Mit einer Motorschleppmoment-Regelung sowie einer dynamischen Bremskontrolle dringt BMW weiter in den Bereich Assistenzelektronik vor.

Serienmäßiges Farb-Display

Einen großen Fortschritt gegenüber dem Vormodell F 800 R stellt das serienmäßige Farb-TFT-Display im Cockpit dar. Die Ablesbarkeit ist vorbildlich, der Kontrast selbst bei direkter Sonneneinstrahlung zumindest gut. Zudem lässt sich der Darstellungsmodus wählen, so dass mehr oder auch weniger Informationen geliefert werden. Selbstverständlich verfügt das System über die Möglichkeit, das Smartphone einzubinden und mit Hilfe der kostenlosen BMW-App eine Pfeilnavigation auszuführen.

Angesichts der umfangreichen Möglichkeiten ist die Bedienung, nicht selbsterklärend, aber doch logisch, sodass man sich auch im Bedienungsmenü schnell zurechtfindet. Umständlich ist alleine das Nullen des Tageskilometerzählers; hier wäre ein direkter Zugang von Vorteil.

Gute Ergonomie

Die F 900 R von BMW bietet eine gute Ergonomie. Foto: BMW

Viel Wert hat BMW bei der F 900 R auf eine gute Ergonomie gelegt. Um Personen mit 1,65 Meter Körpergröße ähnlich gut wie 1,95-Meter-Riesen unterzubringen, hat BMW gleich vier verschiedene Sitzbänke entwickelt, mit denen die Sitzhöhe um volle zehn Zentimeter beeinflusst werden kann. Kleiner gewachsene Fahrer haben also gute Chancen, beim Anhalten den Boden sicher zu erreichen und größer Gewachsene dürfen einen zumindest halbwegs entspannten Kniewinkel erwarten. Der Lenker greift sich gut an, die Sicht in den Spiegeln ist tadellos.

Dass die F 900 R für die Herausforderungen der kommenden Jahre gut gerüstet ist, verdeutlicht auch die Ausrüstung mit LED-Scheinwerfern; das Licht strahlt nicht nur hell, sondern auch ausgewogen. Wer sich für Nachtfahrten noch besser rüsten will, erhält gegen Zuzahlung ein adaptives Kurvenlicht, das in den Scheinwerferkörper integriert ist und bei Schräglage drei Zusatzbrenner zündet.

Mit ihrem souveränen, durchzugsstarken und drehwilligen Motor, dem fahraktiven Fahrwerk, der ausgezeichneten Ergonomie sowie ihrem umgänglichen Wesen erscheint die neue BMW F 900 R als Sympathieträger; BMW demonstriert mit diesem mit 8.800 Euro relativ preiswerten Modell, dass man es in München versteht, zielgruppengerechte Angebote auf die Räder zu stellen – und sie so zu gestalten, dass Interessenten gerne auf sie zugehen. (SP-X)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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