Jährlich durchschnittlich 1430 Exemplare der F 700 GS hat BMW in den fünf Jahren auf dem deutschen Markt absetzen können. Nach fünf Jahren kommt nun die BMW F 750 GS.
Nun kommt also die neue Generation der F-Baureihe auf den Markt, bei der alles – Motor, Rahmen, Fahrwerk, Bremsen – grundlegend neu ist. Zudem werden die Ausstattungsumfänge, serienmäßige wie optionale, erheblich ausgeweitet. Insbesondere die aktuellen Möglichkeiten der Elektronik hat BMW voll ausgeschöpft und auf ein in diesem Fahrzeugsegment bislang unbekanntes Niveau angehoben.
Der Zweizylinder-Reihenmotor der BMW F 750 GS weist nun einen Hubzapfenversatz auf, was das Aggregat so wirken lässt, als wäre es ein V2. Maximal werden zwei PS mehr als bei der F 700 GS geliefert, nämlich 77 PS. Die Drehwilligkeit des neuen Motors ist wesentlich ausgeprägter als bisher und die Kraftausbeute etwas höher, denn der Reihentwin stellt mit 83 Nm Drehmoment auch etwas mehr Kraft zur Verfügung als der frühere Motor (77 Nm).
BMW F 750 GS wurde schwerer
Wirklich dynamischer ist die 750er – ihr Hubraum beträgt übrigens 853 Kubikzentimeter – nicht geworden; die geringfügige Mehrleistung wird vom rund 15 Kilogramm höheren Gewicht egalisiert. Die Motorcharakteristik in Verbindung mit der sonoren Tonlage der Edelstahl-Auspuffanlage lässt die 750er immerhin gefühlt etwas stärker sein.
Vorbildlich niedrig fällt der Benzinkonsum mit einer Werksangabe von lediglich 4,1 Liter pro 100 Kilometer im WMTC-Test aus; dieser Wert lässt sich in der Praxis durchaus verifizieren. Wie bei jedem Fahrzeug ist der Verbrauch jedoch stark von der Gashand abhängig. Dass unser Gesamtverbrauch von durchschnittlich 5,1 Litern/100 km einen vollen Liter höher lag, ist dem hohen Anteil sehr schnell gefahrener Autobahn geschuldet: Bei einem Autobahnschnitt von 130 km/h saugt die Einspritzanlage knapp sechs Liter pro 100 Kilometer aus dem Tank.
Zügig-gleitend auf Landstraßen gefahren, genügen 4,1 bis 4,4 Liter, womit man mit dem Tankinhalt von 15 Litern deutlich über 300 Kilometer weit kommt. Die Verbrauchs- wie auch die Reichweitenanzeige gefallen ob ihrer Exaktheit ausgezeichnet.
Leichtgängige Kupplung
Die leichtgängige Kupplung mit Antihopping-Funktion, die Getriebeabstufung und die Schaltung vermögen durchweg zu überzeugen. Für einen Zweizylindermotor ungewöhnlich gut funktioniert der optionale Schaltassistent, der beide Richtungen beherrscht. Auch das Fahrwerk der F 750 GS lässt keine Wünsche offen: Die Fahrstabilität mit beladenen Koffern ist selbst jenseits der von BMW maximal empfohlenen 160 km/h tadellos, Einlenken in Kurven ist genauso einfach wie Bremsen in Schräglage, denn ein nennenswertes Aufstellmoment trat mit den montierten Bridgestone-Reifen nicht auf.
Ein insgesamt überzeugender Nachweis hoher Fahrwerks-Kompetenz des BMW-Entwicklungsteams. Auch die Dreischeiben-Bremsanlage, beim Testfahrzeug um ein optionales Kurven-ABS ergänzt, überzeugte. Auf für BMW gewohnt hohem Niveau liegen Ergonomie, Bedienbarkeit, Ausstattung und Finish der F 750 GS: Sitzposition, Polsterung, Rasten, Lenker sowie Schalter und Hebel sind untadelig.
Besonders hervorzuheben sind neben vier möglichen Sitzhöhen die neuen, im Volumen leicht verstellbaren Gepäckkoffer, die, ganz im Stil der Boxer-GS, praktisch unsichtbar am Motorrad fixiert werden können. Wissen muss man als potenzieller Kunde, dass der Windschutz des kleinen Windschilds begrenzt ist; die etwas höhere Scheibe der F 850 GS gibt’s als Zubehör. Dass die Zubehörliste ähnlich lang ist wie bei den großen Schwestermodellen, ist Segen und Fluch zugleich: Wer sich nicht mäßigen will oder kann, vermag den Kaufpreis von 9570 Euro problemlos auf über 13.000 Euro zu treiben.
Gut ablesbares Display
Die meisten Positionen sind auf vier Pakete verteilt, viele „nice to haves“ sind aber auch einzeln erhältlich. Besondere Erwähnung verdient das neue, unter allen Umständen exzellent ablesbare TFT-Display im Cockpit, mit dessen Hilfe eine totale Smartphone-Einbindung möglich ist. 600 Euro Zuzahlung klingen zwar happig, aber die Möglichkeiten dieses Teils sind überzeugend. So funktioniert auch die mittels einer kostenlosen BMW-App mögliche Pfeilnavigation vorzüglich. Die Bedienung erscheint nach etwas Eingewöhnung absolut logisch und deshalb einfach; es genügen das Betätigen der Menü-Taste und des Drehrings, beide links am Lenker. Als nützlich haben wir auch das Keyless-Startsystem mit Einbindung des Tankverschlusses sowie die Temporegelung empfunden.
Im Grunde ist die BMW F 750 GS, mit einigen Hightech-Features angereichert, nicht mehr der Mittelklasse zugehörig, und zwar weder preislich noch technologisch – und auch nicht vom Gewicht her sowie vom Empfinden des Fahrers. Wer nie eine R 1200 GS gefahren ist, wird im Umgang mit der „Kleinen“ zumindest als Solist nichts vermissen. 190 km/h Spitze und eine Beschleunigung von null auf hundert in vier Sekunden sagen eigentlich alles. Die Auslieferung der F 750 GS hat zwar bereits begonnen, stockt aber derzeit wieder: Ein Teil der in China hergestellten F-Motoren ist fehlerbehaftet; bis genügend einwandfreie Triebwerke am Produktionsband in Berlin zur Verfügung stehen, dauert es wohl noch bis Herbst. (SP-X)