«Elektromobilität wichtig für Energiewende»

BMW-Entwicklungschef Herbert Diess

«Elektromobilität wichtig für Energiewende»
BMW-Entwicklungsvorstand Herbert Diess. © AG/Mertens

Herbert Diess sieht in der Elektromobilität einen wichtigen Baustein für die Energiewende. Im Interview spricht der BMW-Entwicklungsvorstand über CO2-Grenzwerte und die Notwendigkeit von Anreizsystemen.

Herbert Diess sieht das Ziel der Bundesregierung von einer Million Elektroautos bis 2020 als «absolut realistisch» an. Das Erreichen dieses Ziels werde jedoch «entscheidend von den politischen Rahmenbedingen abhängen», sagte der BMW-Entwicklungsvorstand im Interview mit der Autogazette. Deshalb müsse es wie in anderen Ländern auch in Deutschland entsprechende Anreizsysteme geben.

«Begrüße Änderungen im Jahressteuergesetz»

Der Manager verwies darauf, dass Mobilität ein stark regulierter Markt sei, bei dem die Entscheidung beispielsweise für ein Diesel-, Benzin- oder Erdgasfahrzeug stark von der Besteuerung abhänge. Hier seien Elektrofahrzeuge bisher noch benachteiligt gewesen.

«Wir haben beispielsweise bei den Dienstwagen eine hohe Besteuerung für die Anschaffungswerte – und die sind bei Elektrofahrzeugen höher. Von daher begrüße ich die am gestrigen Donnerstag vom Bundestag getroffenen Änderungen beim Jahressteuergesetz 2013, die diesen steuerlichen Nachteil bei der Nutzung eines Elektroautos als Firmenwagen ausgleicht und auch Klarheit bei der Befreiung von der Kfz-Steuer schafft. Das wird dazu beitragen, Elektroautos für den Kunden attraktiver zu machen.»

«Erreichen langsam Grenzen des physikalisch Machbaren»

Der BMW i3 BMW

Autogazette: Herr Diess, haben Sie EU-Kommissar Oettinger bereits einen Dankesbrief geschrieben?

Herbert Diess: Wieso sollte ich?

Autogazette:Weil die EU im Juli keine verbindlichen CO2-Grenzwerte für die Zeit nach dem Jahr 2020 festgelegt hat.

Diess: Ich kenne keine derartige Entscheidung und ich kenne auch keine solche Aussage von Kommissar Oettinger. Ich gehe von einer Fortsetzung der Gesetzgebung aus. Die Inhalte für die Jahre 2025 oder 2030 sind jedoch heute noch völlig offen. Nun sieht sich die Automobilbranche erst einmal der großen Herausforderung gegenüber, die anspruchsvollen CO2-Ziele der EU für 2020 zu erfüllen. Sie sehen eine CO2-Reduktion auf 95 Gramm pro Kilometer bis 2020 vor. Ein Wert, der insbesondere uns als Premiumhersteller besonders fordert. Für das Erreichen dieses ambitionierten CO2-Ziels spielt die Elektromobilität eine wichtige Bedeutung.

Autogazette: Ohne Elektroautos werden Sie dieses Ziel nicht erreichen können?

Diess: Wir sehen Elektromobilität als große Chance. Wir werden auch hier Fahrzeuge fertigen, die die BMW-typische Freude am Fahren bereiten. BMW i wird der Inbegriff von vollkommen neu aufgebauten Elektrofahrzeugen sein. Daneben werden wir aber auch den Verbrauch bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor weiter reduzieren.

«Sind mit unseren Marken hervorragend aufgestellt»

Autogazette: Sie sprachen unlängst davon, dass die aktuelle CO2-Gesetzgebung dazu führen würde, dass die Autos für die Kunden zwischen 30 bis 40 Prozent teurer würden. Ist das nicht Panikmache?

Diess: Mit dem CO2-Grenzwert von 95 Gramm pro Kilometer und den sich weiter abzeichnenden Verschärfungen erreichen wir als Hersteller so langsam die Grenzen des physikalisch Machbaren. Gerade für Premiumhersteller sind hier die Herausforderungen nochmals größer.

Autogazette: Also sehen Sie eine Verteuerung von 30 bis 40 Prozent auf Ihre Kunden zukommen?

Diess: Um den Flottenmix zu erreichen, sind bestimmte Maßnahmen notwendig. Dazu gehört beispielsweise, dass man unterschiedliche Segmente besetzen und verschiedene Fahrzeuggrößen anbieten muss. Wir sind mit unseren Marken, mit BMW, BMW i und MINI hervorragend aufgestellt. Dazu kommen innermotorische Maßnahmen – ich nenne als Beispiel unseren Dreizylindermotor und die Elektrifizierung. Mit diesem Maßnahmenbündel können wir das von der EU festgelegte Ziel von 95 g/km bis 2020 erreichen...

Autogazette: ...derzeit liegt der der Flottenverbrauch bei 145 g/km ...

Diess: Richtig. Vereinzelt wird es auch Fahrzeuge geben, die in der Größenordnung etwas teurer als vergleichbare Modelle sind, um letztlich den CO2-Grenzwert von 95 g/km zu erreichen – etwa wenn sie statt einem konventionellem Antrieb einen Plug-In Hybrid verwenden. Wir werden aber unsere Fahrzeuge immer zu einem wettbewerbsfähigen Preis anbieten.

«Werden um jedes Gramm CO2-Reduktion kämpfen müssen»

Umweltminister Altmaier (l.) und Herbert Diess.
Bundesumweltminister Altmaier (r.) und Herbert Diess dpa

Autogazette: Wie sieht Ihr Zeitplan für die Erreichung des CO2-Ziels genau aus?

Diess: Auf die einzelnen Jahre bis 2020 kann ich Ihnen das jetzt nicht sagen, doch wir werden bis 2020 auf eine weitere Verbrauchsreduzierung kommen. Doch eines ist klar: Wir werden um jedes Gramm CO2-Reduktion kämpfen müssen: Wir werden weiter die Aerodynamik verbessern, den Leichtbau vorantreiben und den Antrieb weiter optimieren. Und natürlich werden auch die E-Fahrzeuge einen wesentlichen Beitrag dazu leisten.

Autogazette: Die Bundesregierung hält am Ziel von einer Millionen Elektroautos bis 2020 fest, lehnt Kaufprämien aber nach wie vor ab. Halten Sie dieses Ziel überhaupt noch für realistisch?

Diess: Ich halte dieses Ziel für absolut realistisch, doch das wird entscheidend von den politischen Rahmenbedingen abhängen. Mobilität ist ein sehr stark regulierter Markt. Die Entscheidung für ein Diesel-, Benzin- oder Erdgasfahrzeug hängt ganz stark von der Besteuerung ab. Hier sind Elektrofahrzeuge derzeit noch benachteiligt. Wir haben beispielsweise bei den Dienstwagen eine hohe Besteuerung für die Anschaffungswerte – und die sind bei Elektrofahrzeugen höher. Von daher begrüße ich die am gestrigen Donnerstag vom Bundestag getroffenen Änderungen beim Jahressteuergesetz 2013, die diesen steuerlichen Nachteil bei der Nutzung eines Elektroautos als Firmenwagen ausgleicht und auch Klarheit bei der Befreiung von der Kfz-Steuer schafft. Das wird dazu beitragen, Elektroautos für den Kunden attraktiver zu machen.

Autogazette: Damit meinen Sie nicht ausschließlich Kaufprämien?

Diess: Nein. Man kann ja genau sehen, wo neue Technologien erfolgreich implementiert worden sind: nämlich dort, wo es ein Maßnahmenpaket gibt. So können in einigen Ländern von Elektroautos beispielsweise Busspuren genutzt werden oder es werden Parkplätze unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Die Politik kann nicht erwarten, dass sich Elektromobilität von alleine durchsetzt. Der Kunde allein wird nicht bereit sein, den Mehrpreis für ein Elektroauto zu bezahlen, wenn es nicht derartige Anreizsysteme gibt. Diese dürfen aber keine Einmalaktionen à la Abwrackprämie sein, sondern müssen nachhaltig verlässlich wirken und Vertrauen beim Kunden schaffen.

«Wir erleben hier einen Technologiewandel»

Der BMW i8 Spyder.
Der BMW i8 Spyder dpa

Autogazette: Die Nationale Plattform Elektromobilität geht selbst nur noch von 600.000 Fahrzeugen bis 2020 aus. Woher nehmen Sie Ihre Zuversicht?

Diess: Weil wir von unserer Produktsubstanz die Möglichkeit haben, dieses Ziel zu erreichen. Wir werden in den kommenden Jahren viele Argumente, die gegen die Elektromobilität sprechen, entkräften. Ich verweise beispielsweise auf die Reichweite, die in den Folgejahren noch deutlich zunehmen wird. Es gibt eine Reihe von Argumenten, die für Elektroautos sprechen. Wir erleben hier einen Technologiewandel, der seine Zeit braucht.

Autogazette: Sie werden den BMW i3 Ende 2013 für einen Preis von unter 40.000 Euro anbieten. Sehen Sie wirklich schon ein einträgliches Geschäftsfeld?

Diess: Den Preis legen wir erst kurz vor der Markteinführung fest. Und natürlich sehen wir Chancen. Wir entwickeln das Auto ja nicht nur für den deutschen Markt, sondern für die Weltmärkte, wo es eine Vielzahl von ganz verschiedenen Kundenerwartungen, gesetzlichen Rahmenbedingungen und Anreizsystemen bereits gibt. Der i3 wird ein Fahrzeug sein, das für die Metropolen der Welt sein wird.

Autogazette: Welche Rolle spielt aus Ihrer Sicht die Elektromobilität für die Energiewende?

Diess: Eine Große. Die Elektromobilität ist ein wesentlicher Baustein der Energiewende. Die Elektromobilität bietet uns beispielsweise die Möglichkeit, die Batterie als Zwischenspeicher zu nutzen. Das ist insbesondere dann wichtig, wenn der Anteil von regenerativem Strom steigen wird. Elektroautos bieten die Option, den zu Spitzenzeiten zu viel produzierten Strom zu nutzen. Zugleich wird die Lebensqualität in den Innenstädten gesteigert, indem wir emissionsfrei unterwegs sind.

Das Interview mit Herbert Diess führte Frank Mertens

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